Als die Amerikaner in Franken noch Angst vor der "roten Flut" hatten
Autor: Klaus Klaschka
Presseck, Dienstag, 15. Oktober 2019
Im Januar 1989 kam Robert Thern als Offizier der US-Armee nach Oberfranken - ans Ende der Welt. Wenig später erlebte er den Fall des Eisernen Vorhangs.
Im Januar 1989 ist Robert Thern "rübergemacht". Nicht über die damalige innerdeutsche Grenze, sondern über den "großen Teich". Vom Standort der US-Army nahe New York City wurde er als Fachoffizier im Nachrichtendienst ans Ende der Welt versetzt, wie er das damals empfand. An den Rand des Ostblocks - vor den Eisernen Vorhang mit Todesstreifen und Grenzzaun.
Zwei Wochen vor seiner Ankunft in Hof waren Schüsse an der Grenze bei Blankenstein gefallen. Vier Personen hatten versucht, durch die eiskalte Saale in den Westen zu gelangen. Nur einer schaffte es.
Gewehre waren scharf geladen
Die Grenze. Thern erinnert sich noch den ersten Anblick: Mödlareuth - "Little Berlin". Er schaute mit dem Fernglas auf den Wachturm hinter der Grenze, und er sah dort jemanden, der ihn mit dem Fernglas ebenfalls beobachtete.
"Das war damals aber kein Spiel. Die Gewehre waren auf beiden Seiten scharf geladen. Nein, man darf keine Sehnsucht haben nach guten alten Zeiten vor der Wende", sagt der heute 65-Jährige.
Nach der Grenzöffnung ist er "am Ende der Welt" geblieben, hat auf seine Abfindung von der US-Army verzichtet, einen zivilen Beruf ergriffen, 1990 ein kleines Häuschen in Elbersreuth bei Presseck gekauft und sich dort mit seiner Frau, einer gebürtigen Deutschen, und den drei Kindern niedergelassen.
Seit 2012 hat die ganze Familie die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Zeiten hätten sich in den vergangenen 30 Jahren gewaltig geändert, sagt er. Als er 1989 mit den Kindern Störche auf der Burg in Hohenberg an der Eger besichtigten, habe eine US-Kavalleriestreife - "junge Burschen mit Maschinengewehren in ihrem breiten Jeep" - versucht, ihn zu verhaften. US-Militärangehörige durften damals nicht näher als einen Kilometer an die Grenze heran.
Robert Thern war damals Grenzverbindungsoffizier der amerikanischen Streitkräfte. Er sollte alle deutschen Grenzbehörden zwischen Nordhalben und Seehof südlich des Grenzübergangs Schirnding regelmäßig besuchen und gute Beziehungen pflegen. Denn im Falle einer Invasion sollten diese der US-Army helfen, die "rote Flut vom Osten" einzudämmen.