Alles - nur nicht normal
Autor: Christine Fischer
Kulmbach, Dienstag, 14. Februar 2017
Ich kann es nicht mehr hören, habe ich mir in diesen Tagen des öfteren gedacht. Grund dafür waren vor allem drei Dinge.
Erstens: Valentinstag! Muss ich mich jetzt als ungeliebter Loser fühlen, weil ich gestern weder eine selbst gebastelte Karte noch eine romantische Essenseinladung auf dem Frühstückstisch hatte? Zum Glück lege ich keinen gesteigerten Wert auf eine von der schlauen Marketingindustrie hochstilisierte Gefühlsduselei - und meine beiden Männer (groß und klein) scheinen das zu wissen. Schließlich gibt es 364 andere Tage im Jahr, um seinen Lieben seine Wertschätzung zu zeigen, ohne dass man vorher zwei Wochen lang mit der Holzhammer-Methode dazu genötigt wurde.
Zweitens: Supermamas, die viereinhalb Monate nach der Geburt eine Silber-Medaille bei der Biathlon-Weltmeisterschaft holen, drei Wochen nach der Entbindung als Dessous-Engel über den Laufsteg schweben oder zwei Tage nach der Niederkunft ihren Six-Pack im Internet posten (sorry, den hatte ich schon VOR der Schwangerschaft nicht). Bei allem Respekt für derartige Leistungen sollte man nicht vergessen: das sind absolute Ausnahmen, die nicht zuletzt nur dank des Einsatzes zahlreicher Nannys, Personal Trainer, Ernährungsberater, Stylisten etc. möglich sind.
Drittens: Ernährungsreligionen. Muss ich mich jetzt schämen, weil ich einfach das esse, was mir schmeckt? Sogar Kohlenhydrate und - Achtung, jetzt kommt's - Zucker. Aber mal ehrlich: vegan ist mir zu ungesund (haben Sie schon mal einen Blick auf die Zutatenliste all der schönen Ersatzprodukte geworfen?) und zu viel Eiweiß à la Paleo und Low Carb würden mir meine Nieren übel nehmen.
Vielleicht bin ich ja ein Miesepeter, der alles madig macht, was bewundernswert ist. Ich befürchte aber, es ist viel schlimmer. Denn ich bin einfach nur normal, stinknormal sozusagen, absolut durchschnittlich. Aber gerade das scheint heutzutage ein Verbrechen zu sein ...