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Allergie-Alarm am Rehberg


Autor: Sonny Adam

Kulmbach, Dienstag, 28. Juni 2016

Ausgerechnet auf den großen Eichen am Naturlehrpfad am Rehberg haben sich Raupen des Eichenprozessionsspinners niedergelassen.
Försterin Carmen Hombach hat das Gebiet weiträumig abgesperrt. In den nächsten Tagen werden die Nester entfernt. Fotos: Sonny Adam


Von der Ferne sieht man das netzartige Gebilde am Stamm der uralten Eiche am Rehberg fast gar nicht. Und doch ist es da: ein Nest des Eichenprozessionsspinners, es sieht aus wie ein Gewirr aus Spinnenfäden. Erst auf den zweiten Blick lassen sich die behaarten Raupen erkennen. Sie haben weiße Haare. "Das sind aber nicht die Brennhaare, die weißen Haare sind harmlos. Aber zwischen den weißen Haaren sitzen die braunen Brennhaare", erklärt Försterin Carmen Hombach.
Die Försterin hat bei einem ganz normalen Rundgang durch die Kulmbacher Wälder das feine weiße Gespinst entdeckt. "Die Raupen befinden sich ungefähr im fünften Larvenstadium. Sie sind schon gefährlich", erklärt die Förstern. Wenn man die Eichenprozessionsspinnerlarven vor dem dritten Larvenstadium erwischt, dann können sie mit dem "Bacillus thuringiensis" behandelt werden.

Dabei handelt es sich um natürliche Präparate, die die Larven absterben lassen. Doch die Eichenprozessionsspinner in Kulmbach sind bereits weiter entwickelt. Ab dem dritten Larvenstadium haben die Raupen bereits die Brennhaare, die so unangenehm sind.
"Wenn man mit den Brennhaaren in Kontakt kommt, kann es Haut-, Schleimhaut und Atemwegsreaktionen geben. Das kann bis zur Atemnot gehen", warnt die Försterin. Und sogar das Berühren von verlassenen Gespinsten hat noch Auswirkungen.
Am Rehberg sind aktuell mindestens 18 stolze Bäume befallen. Auch die Eichen direkt neben dem beliebten Pavillon. Die Eichen haben meist mehrere Nester. Einige Nester sind in Bodennähe, einige in schwindelnder Höhe. "Ich habe sofort das gesamte Areal rund um die Eichen absperren lassen. Das ist nicht übertrieben, sondern eine nötige Vorsichtsmaßnahme. Man kann nicht erst warten, bis jemand mit den Raupen in Berührung kommt", sagt Försterin Carmen Hombach und betont, dass auch Hunde Probleme bekommen können.
"Vorsicht - Allergiegefahr durch Eichenprozessionsspinner" steht auf den Schildern, die die Försterin angebracht hat. Und immer wieder erklärt sie Spaziergängern, dass die Eichenprozessionsspinner nicht nur "normale" behaarte Raupen sind, dass die Sperrmaßnahme keine Hysterie ist.
Die Eichenprozessionsspinnernester werden jetzt fachgerecht von Baumkletterer Stefan Nicklas entfernt. "Ich bin seit 2003 Baumpfleger. In den ersten Jahren gab es die Eichenprozessionsspinner noch nicht, aber in den letzten Jahren nehmen sie überhand. Letztes Jahr war ganz schlimm", sagt Nicklas. Hunderte Nester hat er schon entfernt. Dafür trägt er Schutzkleidung: Handschuhe, lange Hosen, Atemschutzmaske und Schutzbrille. Und trotzdem hat er schon manches Mal bei einem Einsatz Brennhaare abbekommen. "Das juckt, man bekommt einen furchtbaren Ausschlag. Das dauert Wochen", sagt Nicklas. Um die Brennhaare zu binden, verwendet er richtig stark klebendes Haarspray. "Man könnte auch Sprühkleber verwenden. Aber mit dem Haarspray funktioniert das richtig gut", sagt Nicklas.
Eine Raupe hat bis zu 700 000 Brennhaare. Die Brennhaare haben kleine Widerhaken, sie setzen sich in der Haut fest. Außerdem enthalten sie den Wirkstoff Thaumetopoein. Und dieser Wirkstoff kann allergischen Reaktionen auslösen. Übrigens sind auch verlassene Nester noch gefährlich. Die Raupenhaare behalten ihre unangenehme Wirkung zehn Jahre lang, erklärt Försterin Carmen Hombach.
Hombach warnt auch Waldarbeiter. "Ich habe ein Mal erlebt, wie Waldarbeiter beim Aufarbeiten eines Stammes in so ein Nest hineingesägt haben", sagt sie. Die Haare schwirren überall herum - die Situation ist verheerend.
Die Eichenprozessionsspinner mögen am liebsten Eichen, die in der Sonne stehen. Und sie bevorzugen Eichen, die alleine oder frei stehen, sagt die Försterin. Genau so ist es auch am Rehberg. Weitere Eichen auf der anderen Seite des Weges sind zum Glück nicht befallen. "In großen Eichen können auch schon mal zehn bis 30 Nester sein", sagt Försterin Carmen Hombach. Aus diesem Grund erstreckt sich die spektakuläre Pflück- und Sammelaktion auch über mehrere Tage. Ungefähr im Juli oder August schlüpfen die Eichenprozessionsspinner-Falter. Und jeder Falter legt wiederum 50 bis 200 Eier. "Der Eichenprozessionsspinner hat auch so gut wie keine Feinde. Nicht einmal Vögel holen die Raupen", sagt die Försterin. Die Fraßschäden durch die Raupen beeinträchtigen die Eichen nicht groß. Das Problem der Eichenprozessionsspinner sind ihre gefährlichen Brennhaare, und immerhin ist der Rehberg ist ein beliebter Ort für Spaziergänger und Sportler.


Das gilt es zu beachten

Sofortmaßnahmen nach Kontakt mit Brennhaaren
- Duschen, Haare waschen
- Kleidung wechseln
- Kontaminierte Kleidung luftdicht verpacken und bei mindestens sechzig Grad getrennt von anderer Kleidung waschen
- Nicht kratzen - die Brennhaare gelangen so noch tiefer in die Haut
- Betroffene Hautpartien mit Tesafilm reinigen oder absaugen
- Haut mit Antihistaminikum-Gel behandeln
- Arzt aufsuchen

Auf keinen Fall
- Abspritzen mit hohem Wasserdruck
- Abflammen mit dem Gasbrenner
- Für Waldarbeiter: Auf keinen Fall in die Gespinste hineinsägen