Druckartikel: Alkoholentzug statt Gefängnis

Alkoholentzug statt Gefängnis


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Mittwoch, 27. Juni 2018

Das Landgericht Bayreuth schickt einen 24-Jährigen aus dem Landkreis in die Erziehungsanstalt zum Alkoholentzug.
Das Berufungsurteil am Landgericht fiel deutlich aus. Archiv/Stephan Tiroch


Die Einweisung eines 24-jährigen Arbeitslosen aus dem Landkreis Kulmbach in eine Erziehungsanstalt wurde am Mittwoch vom Vorsitzenden Richter der 2. Jugendkammer am Landgericht, Werner Kahler, angeordnet. Der Angeklagte selbst hatte zusammen mit seinem Rechtsanwalt Tobias Liebau diese Einweisung in seiner Berufung für notwendig gehalten. Und auch Gutachter Klaus-Peter Klante bekräftigte bei der gestrigen Hauptverhandlung: "Wenn einer die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt braucht, dann er!" Ausschlaggebend dafür waren die Suchtprobleme des Angeklagten - Alkohol und Drogen.
Bereits im November 2016 war der 24-Jährige vom Amtsgericht Kulmbach zu zwei Jahren und elf Monaten verurteilt worden - und zwar wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr.


Tritte und Faustschläge

So soll der Angeklagte mit zwei weiteren Beschuldigten am Abend des 9. Oktober 2015 in der Bürgerreuther Straße in Bayreuth einen Fußgänger angegriffen haben. Nach einem Wortwechsel zwischen den alkoholisierten Angeschuldigten, darunter war auch der ein Jahr jüngere Bruder des Angeklagten, und dem älteren Mann schubste der Angeschuldigte zunächst den Geschädigten und sagte zu ihm: "Renn um Dein Leben!" Anschließend schlugen die drei Angeschuldigten gemeinsam mindestens 20 Mal mit Fäusten auf den Geschädigten ein. Darüber hinaus traten die Drei den Geschädigten auch mit den Füßen. Hierdurch erlitt der ältere Mann ein etwa drei bis vier Zentimeter großes Hämatom mit einer Abschürfung unter dem linken Auge. Eine kurz nach der Tat beim Angeklagten entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,17 Promille.
Damit aber noch nicht genug. Einen Monat später baute der Angeklagte mit einem Lkw einen Unfall mitten in Neuenmarkt - er war betrunken und besaß keine Fahrerlaubnis. In einer scharfen Linkskurve geriet er zunächst nach rechts gegen den Bordstein, zog dann nach links und fuhr über den Gehweg durch die Gartenmauer in ein Privatgrundstück. Ein Verkehrszeichen und ein Stück der Gartenmauer mit Zaun wurden dabei beschädigt. Gesamtschaden: 5100 Euro.
Gegen das Urteil des Kulmbacher Amtsgerichts hatte der Angeklagte Berufung, mit dem Ziel, die gerichtliche Anordnung zur Einweisung in eine Erziehungsanstalt zu erwirken. Das fiel der 2. Jugendkammer dann mit Hilfe von Gutachter Klaus-Peter Klante auch nicht schwer. Der Rechtsmediziner sagte: "Seine Straftaten stehen immer in einem Zusammenhang mit Alkohol, die Bekämpfung seiner Suchtkrankheit ist dringend angezeigt." Klante sprach von einem Zeitraum von 18 bis 24 Monaten.
Vorsitzender Richter Werner Kahler verlas noch das Vorstrafenregister, das für einen jungen Mann mit derzeit sechs Einträgen von Sachbeschädigung, Beleidigung bis hin zur gefährlichen Körperverletzung nicht unerheblich ist. Richter Kahler: "Für einen jungen Mann haben Sie Einiges auf dem Kerbholz. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Es ist Ihre Zukunft, nicht unsere. Wir geben Ihnen nur eine Hilfestellung. Sie haben noch Einiges im Leben vor sich, schauen Sie zu, dass Sie das in die Reihe bekommen."


Künftig nicht mehr Jugendrecht

Klar war auch, dass nach den Worten der Vertreterin der Staatsanwaltschaft künftig nicht mehr das Jugendstrafrecht sondern das Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen werde. Der Angeklagte bekräftige am Schluss seinen Willen, sein Leben mit dem Aufenthalt in der Erziehungsanstalt in den Griff zu bekommen.