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Alexander Hold in Neudrossenfeld - ein politischer Sonnyboy


Autor: Rudolf Görtler

Neudrossenfeld, Sonntag, 15. Januar 2017

Alexander Hold ist bekannt als smarter Fernsehrichter. In Neudrossenfeld absolvierte der Bundespräsidentenkandidat seinen einzigen Auftritt in Oberfranken.
Foto:Ronald Rinklef


Es ist still geworden um die Freien Wähler (FW). Die vornehmlich kommunal erfolgreiche Gruppierung, die einst der CSU die absolute Mehrheit im Freistaat stahl, droht im medialen Aufmerksamkeitsgetümmel unterzugehen, zumal der früher häufig polternde Landesvorsitzende Hubert Aiwanger deutlich moderatere Töne anschlägt. Da landeten die ideologisch in der bürgerlichen Mitte angesiedelten und zur Partei gemauserten Freien einen Coup: Sie nominierten für die Wahl des Bundespräsidenten am 12. Februar einen eigenen Kandidaten.

Was nun wieder nicht so spektakulär wäre. Wer kennt Albrecht Glaser und Christoph Butterwegge, die für AfD und Linke antreten? Bei Alexander Hold sieht es schon anders aus. Seit 15 Jahren ist der gelernte Jurist Star von primär nachmittäglich ausgestrahlten Privat-TV-"Formaten" wie "Richter Alexander Hold" oder "Im Namen der Gerechtigkeit - wir kämpfen für Sie". Auf weit über 1000 Episoden haben es die in der Branche so genannten Gerichtsshows gebracht; das ist fürs Privatfernsehen sehr viel.

Es muss an dem Mann also etwas dran sein, der immerhin zwölf Jahre als Staatsanwalt und Richter wirkte und sich beileibe nicht nur mit Bagatelldelikten abgab. Naturgemäß bildete also die Sicherheitspolitik einen Schwerpunkt seiner Rede beim Neujahrsempfang des Bezirksverbands und der Bezirksvereinigung der Freien Wähler Oberfranken am Samstagnachmittag im Neudrossenfelder "Bräuwerck", einem Gebäude so gediegen wie die FW-Mandatsträger in seinem Inneren, alles schon etwas angejahrt, betulich, fränkisch gut genährt, konziliant.
Dazu passte gut der Kandidat, der auf dem Weg von seiner Heimatstadt Kempten, wo er für die FW im Stadtrat sitzt, nach Magdeburg in Neudrossenfeld Station machte - sein einziger Auftritt in Oberfranken. Nun muss der von einer Bundesversammlung zu wählende Präsidentschaftskandidat keinen Wahlkampf veranstalten. Bei maximal elf sicheren Stimmen in der Versammlung von über 600 benötigten dürfte sich die Nervosität Alexander Holds, wenn er an die auf ihn zukommenden Aufgaben als Bundespräsident denkt, in sehr engen Grenzen halten.

Wobei die Kandidatur für ihn, versicherte er glaubhaft, auch kein Witz ist und kein PR-Gag, mit dem die Freien Wähler mal wieder im Medienzirkus zu pirouettieren trachten. In seiner Rede antizipierte er potentielle skeptische Fragen: Demokratie lebe von unterschiedlichen Personen und Wertvorstellungen, hintere, aussichtslose Plätze auf Wahllisten würden ebenfalls besetzt, und: "Eine Niederlage ist kein Scheitern." Wobei er, ganz dem politischen Portefeuille der FW gemäß, mehr direkte Demokratie forderte und ergo die direkte Wahl des Staatsoberhaupts, "das Aushandeln im Hinterzimmer schmälert das Amt".

Was ankam beim Publikum, das Hold schließlich mit stehendem Applaus belohnte. Der, verschiedentlich als "Darsteller" abqualifiziert, könnte durchaus als veritabler Schauspieler durchgehen. Mit seinen über eins achtzig, seiner Attraktivität, die nicht ins Showbubihafte lappt und dabei eine gewisse Verschmitztheit nicht leugnet, seiner bedächtigen Diktion mit leicht schwäbischem Einschlag könnte er als der idealtypische Chefarzt, Schulrektor, Bankberater durchgehen. Ein Typ, den man auch noch sympathisch findet, wenn er einen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Ein 54-jähriger Womanizer, der mehrere Autogramme an auch schon nicht mehr ganz blutjunge Damen spendete.

Doch als Politiker meint er es durchaus ernst. Freilich klingt es bei ihm auch noch freundlich, wenn er "Das ist Mist!" in Richtung CSU nicht schleuderte, sondern hinwarf. Ach, die CSU. An ihr arbeiten sich die Freien immer noch ab, die ja recht eigentlich Fleisch vom Fleische der Christsozialen sind, konservative Dissidenten. Dabei bemühen sich sowohl Hold wie auch sein Vorredner, der Bezirksvorsitzende Manfred Hümmer, geradezu ängstlich, nicht mit der AfD verwechselt zu werden. Fast entschuldigte sich Hold, wenn er einige durchaus vernünftige Forderungen aufstellt, die mit dem vergifteten Begriff populistisch bedacht werden könnten. Da fehlten die gendergerechten Toiletten ebenso wenig wie die Reinigungsfirmen in Flüchtlingsunterkünften. Als "einziges Angebot der bürgerlichen Mitte" will er die Bedürfnisse einer mittelständischen Klientel bedienen. Nicht zu vergessen: immer sachlich, vernünftig, unaufgeregt. "Wir regulieren uns zu Tode", meinte der Kandidat publikumswirksam mit Blick auf die kommunalpolitische Erfahrung der meisten seiner Zuhörer.

Als "Graswurzelbewegung" charakterisierte er im Gespräch dann seine Freien Wähler, als "gelassen, menschlich", wertkonservativ-liberaler als die CSU. Nationalismus und Populismus sind dem Politiker ein Gräuel, als Bundespräsident würde er, dies jedoch als Gedankenspiel, "Vertrauen und Ehrlichkeit ausstrahlen und für den Ausgleich werben". Alexander Hold bleibt vermutlich noch lange Fernsehrichter.