Druckartikel: Achtung, Deko von rechts!

Achtung, Deko von rechts!


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Mittwoch, 04. April 2018

Politik und Sport - lässt sich das trennen? Offenbar nicht.
Sergei Grits


Das belegen unter anderem die Olympia-Boykotts 1980 (die USA fuhren nicht nach Moskau wegen des Einmarsches der UdSSR in Afghanistan) und 1984 (die Russen revanchierten sich und blieben Los Angeles fern, obwohl die Amis damals das Land am Hindukusch noch gar nicht bombardiert hatten). Nun schwelt die Diskussion um ein mögliches Fernbleiben des Westens von der Fußball-WM in Russland; wobei sich das, wenn überhaupt, nicht auf Mannschaften, sondern höchstens Funktionäre beschränkte.

Wegen der russischen Dopingvorfälle bei Olympia in Pyeongchang stand ein anderes Sportgroßereignis Ende März auf der Kippe, und zwar der
Biathlon-Weltcup in Chanty-Mansijsk. Der fand aber trotzdem statt, auch wenn es wegen des ungeklärten Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Skripal und seine Tochter in London einen weiteren (guten?) Grund gegeben hätte, den Wettbewerb abzusagen.

Wobei: Politischer Skandal und Biathlon in West-Sibirien - war da nicht was? Stimmt. 2011 hatte eine politisch motivierte Tischdekorationen Irritationen ausgelöst. Das Organisationsteam der Biathlon-WM in Chanty-Mansijsk war buchstäblich in eine Nazi-Affäre "verwickelt". Gekommen ist es dazu, weil ein Designer - des Deutschen nicht mächtig - ausgerechnet für den Empfang der Medienvertreter zusammengerollte Zeitungskopien als Hingucker drapierte. Dumm nur: Beim Auswickeln kamen Ausdrucke zum Vorschein, die aus dem NSDAP-Propagandablatt "Der Angriff" sowie der rechten "Deutschen Allgemeinen Zeitung" stammten. Die Schlagzeilen lauteten "Reichskanzler Hitler" und "Die Invasion hat begonnen".

Liebe Russen, seid unbesorgt: Nur weil deutsche Frauen und Männer mit einem Gewehr auf dem Rücken bei Euch rumrennen, müsst Ihr nicht annehmen, wir würden wieder einmarschieren! Heutzutage bewirkt ein Handelsboykott ohnehin mehr, als es jeder sportliche könnte.