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"ABBA Fever" bringen die Siebziger nach Kulmbach


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Freitag, 05. Juli 2013

Seit 30 Jahren ist ABBA Geschichte. Doch es gibt Formationen, die den Sound der vier Schweden am Leben halten. Eine davon, "ABBA Fever" aus Hamburg, spielen am 20. Juli auf der Plassenburg. Schlagzeuger Rainer Brockmann (44) spricht über die ungebrochene Faszination.
Anja Bublitz (links) und Barbara Vorbeck übernehmen als Anni-Frid Lyngstad und Agnetha Fältskog den weiblichen Gesangspart bei "ABBA Fever". Zu erleben ist die Hamburger Band beim Plassenburg-Open-Air am 20. Juli. Fotos: Jochen Nützel


"Sweden is back" heißt es als Zusatz im Band namen. Dabei waren diese Schweden nie wirklich weg, auch wenn sie seit fast 30 Jahren keinen gemeinsamen Auftritt mehr hatten, keine neue Schallplatte herausbrachten. Der Original-Vierer von ABBA mag aus dem Rampenlicht verschwunden sein - die Musik lebt weiter. Auch dank Tribute-Bands wie "ABBA Fever". Die Hamburger Formation gibt es mit dem speziellen Programm seit 2001. Schlagzeuger Rainer Brockmann verrät, warum er der Einzige ohne Plateauschuhe ist und die Musik nie langweilig wird.

ABBA waren: zwei Sängerinnen, ein Gitarrist, ein Mann an den Tasten. Ein Schlagzeuger kam höchstens im Hintergrund und als Begleit erscheinung vor.

Fühlt man sich da als Drummer nicht unter Wert verkauft?
Rainer Brockmann: Schlagzeug ist auch wichtig bei ABBA (lacht). Aber natürlich sind die Damen im Vordergrund besonders von Bedeutung. Dem hat sich die Band unterzuordnen, Schlagzeuger inklusive.

Muss der Mann hinter der Schlagbude auch Plateauschuhe tragen?
Ich bin zum Glück die Ausnahme, ich darf weiße Turnschuhe anziehen. Ganz ehrlich: Ich habe das anfangs sogar probiert, saß mit den klobigen Hochhacken hinter der Fußtrommel. Und habe es gleich wieder sein lassen.

Die Harmonien von ABBA sind gefürchtet als komplex und schwer zu spielen. Sind die Beats für Sie auch so schwierig?
Von den Grooves her ist die Musik einfacher gestrickt, es ist eben Pop. Timing ist wichtig, die Rhythmen sollen klar und deutlich rüberkommen. Ansonsten: Tempo gut halten, einen sauberen Groove hinlegen. Es kommt da nicht auf wilde Soli meinerseits an oder supertolle Breaks. Da ich ein Kind der Siebziger bin und ABBA quasi mit der Muttermilch eingesogen habe, musste ich die Lieder später in der Band auch nicht großartig üben, ich kannte sie auswendig. Bei einigen Titeln habe ich nochmals reingehört ins Original, aber es war die das Alphabet lernen: Das vergisst man auch nicht mehr.

Haben Sie mal mit dem Originalschlagzeuger zu tun gehabt?
Leider nicht. Ich habe aber die Hoffnung nie aufgegeben, einmal eines der Mitglieder der Original-Begleitband zu treffen. Und natürlich die Vier von ABBA selber. Das ist überhaupt ein Traum von uns allen.

Es gibt bestimmt mehr als 100 registrierte Coverbands, die sich aus dem Musikfundus der vier Schweden bedienen. "ABBA Fever" genießen einen besonderen Ruf und haben von der Plattenfirma Polar die Erlaubnis erhalten, die Original-Logos und Namenszüge zu verwenden. Wie kam es denn zur Gründung der Gruppe?
Uns gibt es - in etwas veränderter Besetzung - seit 20 Jahren. Gitarrist Axel Roesler, der immer noch dabei ist, und ich haben sie aus der Taufe gehoben. Angefangen haben wir als Top-40-Band. Damals hatten wir die aktuellen Charts im Programm.
Die Spezialisierung auf ABBA ist eher durch Zufall entstanden. Wir hatten früher schon mal das eine oder andere Lied im Repertoire. Da kam dann bei einem Konzert die Anfrage, ob wir nicht mehr ABBA-Stücke spielen könnten. Eine ganze Stunde Programm. Das hat so wahnsinnig gut eingeschlagen, dass wir gesagt haben: Wir basteln ein abendfüllendes Programm draus mit einer richtigen Show. Zusätzlich bieten wir als "Night Fever" ein 70er-Jahre-Discoprogramm an. Damit traten wir schon mehrfach mit "Disco"-Moderator Ilja Richter auf.

Das ABBA-Repertoire umfasst wahre Hymnen. Gemeinhin kennt man etwa zehn bis zwanzig Songs, "ABBA Gold" quasi. Aber es gibt ja wesentlich mehr. Was machen Sie mit den vermeintlich unbekannteren Werken?
In der Tat, die beiden Herren Björn Ulvaeus und Benny Anderson waren fleißige Komponisten. Wir haben probiert, über die Jahre immer mal wieder Titel ins Programm zu nehmen, die nicht so super-bekannt sind. Unsere Erfahrung: Das kann man mit zwei oder drei Songs am Abend machen. Zu viele lassen die Stimmung aber schnell kippen. Das Publikum will die Hits hören. Ein Auftritt ohne "Dancing Queen" oder "Mamma Mia" - undenkbar. Wir trauen uns aber, auch mal Stücke wie "Bumerang" oder "On and on and on" zu spielen, was nicht gleich jeder im Ohr hat. Diese Titel wechseln wir von Jahr zu Jahr. Es gibt freilich eingefleischte Fans, die können auch die auswendig mitsingen.

Wie kritisch sind denn die eingefleischten Fans?
Die sind sehr kritisch, das sind absolut Kundige. Aber da wir auch schon ein paar Jährchen dabei und bei unseren Arrangements konsequent sind, gibt es Viele, die nach dem Konzert sagen: Ihr habt das zwar nicht ganz im Original gespielt, aber eure Interpretation hat uns gefallen.

Bei Stücken wie "Honey honey" haben Sie die Umlaufgeschwindigkeit arg reduziert, faktisch einen Unplugged-Song draus gemacht. Kommt das an?
Sehr gut sogar. Wir haben seit etwa fünf Jahren ein eigenes Unplugged-Set auf Lager. Selbst die Hardcore-Kenner geben ihr Einverständnis dazu.
Können sie sie Lieder noch hören?
Hach, naja... Also privat höre ich ABBA nicht mehr, das habe ich früher getan. Wenn aber mal ein neuer Live-Mitschnitt im Internet auftaucht, schau' ich da gerne rein, denn bei solchen Auftritten haben ABBA selber bisweilen variiert. Das ist eine nette Inspiration. Privat läuft bei mir ganz andere Musik: System of a Down und Rage against the Machine. Musik, die einfach mehr kritische Aussagen hat.

Sind die Schlagzeuger dieser Bands auch eine Inspiration für Ihr Spiel?
In gewisser Weise ja. Ich lasse mich schon von Kollegen inspirieren und beeinflussen, soweit das möglich ist. Bei einer Formation wie Greenday begleitet Drummer Tré Cool die Stücke sehr viel auf der Standtom. Das habe ich auch für einige ABBA-Lieder übernommen, um nicht alles auf der Hi-Hat durchzuspielen. Im ABBA-Original war das natürlich gar nicht angesagt. Wir nehmen uns gewissen Freiheiten heraus. Unsere Bassisten etwa slappen sehr gerne, also schlagen die Saiten an. Die wurden mit den Basslinien von Level 42 groß und bringen das mit ein.

Eine Tribute-Band für ABBA steht und fällt natürlich mit den Sängerinnen. Wie schwierig war es, zwei Damen zu finden, die die doch sehr anspruchsvollen Gesangsparts übernehmen?
Die Sängerinnen sind in jedem Fall das A und O. Da gehört zuerst der Gesang dazu, aber auch die Bewegung, die Choreografie und nicht zuletzt das Aussehen. Wir haben großes Glück gehabt, Sängerinnen bereits in der Band zu haben, die erstens ABBA gut fanden und sich zweitens in die Stimmlagen einarbeiteten.
Was die äußere Ähnlichkeit mit den Originalen angeht, stecken wir uns aber Grenzen. Wir lehnen es ab, mit Perücken zu arbeiten oder Vollbärte anzukleben, um etwa wie Benny auszusehen. Wir sind so, wie wir sind. Auch was die Kostüme angeht, versuchen wir unser eigenes Ding. Zum Glück ist Hamburg eine Musical-Stadt, da gibt es fantastische Kostümbildner. Wir wollten ein eigenes Design haben, aber natürlich diesen 70er-Jahre-Look transportieren.

Das Gespräch führte Jochen Nützel.