85 Jahre Sport Leithner: Händler mit Herzblut
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Montag, 03. November 2014
Robert Leithner, dessen Kulmbacher Firma Intersport Leithner seit 85 Jahren besteht, kennt die Probleme, mit denen alle Einzelhändler zu kämpfen haben. Er ist ein Beispiel dafür, wie man sich gegen die Konkurrenz aus dem Internet behauptet.
Ein bisschen Wehmut klingt mit, wenn Robert Leithner von früher erzählt. Von den Zeiten, als er mit seinem Vater Eduard mitgefahren ist, der in den sechziger und siebziger Jahren noch persönlich die Ware bei Adidas in Herzogenaurach abgeholt hat. "Da war das ganze Auto vollgepackt", erinnert sich der 50-Jährige.
Die Zeiten sind lange vorbei. Heute nutzt der Geschäftsführer von Intersport Leithner die modernen Kommunikationsmittel: Per Mausklick wird bei Fußballschuhen, Skiern, Sportbekleidung oder Tennisschlägern via Internet der Nachschub für das 1200 Quadratmeter große Fachgeschäft in der Albert-Ruckdeschel-Straße geordert.
Dasselbe Internet, das ihm und den andern Einzelhändlern in Kulmbach oder anderswo viele Probleme bereitet.
Das Internet ist auch für den Kulmbacher Buchhändler Christoph Hofmann vom Vermarktungtungsverein "Unser Kulmbach" ein Reizthema: "Ich glaube keiner der Einzelhändler tut sich mit dieser Konkurrenz leicht." Einen Vorteil für das Sportgeschäft Leithner gegenüber anderen Einzelhändlern sieht Hofmann kaum.
Denn ein Phänomen sei überall gleich: "Viele Kunden lassen sich im Laden beraten und probieren die Sachen aus", sagt Hofmann und fügt an: Dann komme oft der Satz: Ich überleg's mir. Anschließend werde dann günstiger im Internet gekauft. Daran seien schon andere Geschäft zugrunde gegangen, betont Hofmann. Aber irgendwann seien dann diese Läden nicht mehr da, gibt Hofmann zu bedenken.
Anfang mit Lederwaren
Von solchen Entwicklungen im Handel ahnt man vor 85 Jahren nichts, als die Geschichte von Sport Leithner beginnt. "Mein Großvater Hans Leithner hat 1929 in der Oberen Stadt 6 ein Geschäft für Lederwaren, Schuhmacherbedarf und Treibriemen für die Industrie eröffnet", sagt er. Die Entwicklung zum Sportfachhandel leiten seine Eltern Eduard und Christa Leithner - die Mutter hilft heute noch in der Buchhaltung mit - in den sechziger Jahren ein. Sie kaufen auch das Gebäude am Marktplatz 10, das lange der Firmensitz bleibt.
Durch den frühen Tod des Vaters wird Robert Leithner 1986 - erst 22-jährig - ins kalte Wasser geworfen und übernimmt Verantwortung. Er expandiert am Marktplatz und erweitert auf 400 Quadratmeter Verkaufs fläche - mehr geht nicht.
Anschluss an Intersport
"Der Sportartikelverkauf wurde immer platzintensiver und die Frage der Anfahrt für die Kunden immer wichtiger", betont Leithner. Überlegungen, das benachbarte Krebs-Gebäude zu übernehmen, zerschlagen sich. Als 1997 durch Bauarbeiten im Rahmen der Innenstadtsanierung die Zufahrt - auch für die Werkstatt im Ober hacken - problematisch wird, kehrt er dem Marktplatz den Rücken.
Nach einer Zwischenlösung mit einem zweiten Standort in der Bayreuther Straße 4 ("Diese Zweiteilung hat der Kunde nicht akzeptiert") erfolgt im Jahr 2000 der Umzug in die Albert-Ruckdeschel-Straße 12a. Ein Schritt, den Leithner und sein Teilhaber Rainer Röhlich genauso nicht bereuen wie 1997 den Anschluss an Intersport, die größte mittelständische Verbundgruppe im Sportfachhandel.
Den Erfolg - die Kunden kommen längst aus ganz Oberfranken - verbucht er aber nicht für sich allein. "Das ist keine Robert-Leithner-One-Man-Show, sondern da müssen viele Zahnräder ineinandergreifen", betont er. "Wir sind zehn Fest angestellte, drei Aushilfen und eine Putzfrau."
Allerdings sind die Herausforderungen für das älteste Sportgeschäft am Ort nicht kleiner geworden. Die Konkurrenz heißt heute vor allem: Internet. Dort tummeln sich Leithner zufolge hauptsächlich die Schnäppchenjäger, "aber man kann sich dem Thema nicht ganz verschließen, um den Kontakt zur Jugend nicht zu verlieren". Derzeit nutzt er den Online-Store von Intersport, hat aber Pläne für einen eigenen Internetverkauf.
"Verzwickte Situation"
Womit der 50-Jährige bei einem Thema ist, das alle Einzelhändler in Kulmbach beschäftigt. "Für uns ist es eine verzwickte Situation. Das Internet und das veränderter Einkaufsverhalten der Kunden, das zehrt", weiß Leithner. Dabei seien alle Einzelhändler mit Herzblut und vollem Einsatz am Werk.
Beratung und Preis
Nach seiner Ansicht wird der stationäre Handel immer ein Problemlöser sein: "Die Kunden haben bei uns einen Ansprechpartner. Das ist beratungsintensiv und aufwendig, das kann das Internet nicht leisten. Aber es muss auch der Preis passen."
Damit es für Kulmbach nicht bergab geht, rät Leithner, sich auf einen von Georg Schaffranek geprägten, über 30 Jahre alten Slogan der Werbegemeinschaft zu besinnen: "Kulmbacher kauft in Kulmbach. Das gilt heute immer noch." Er warnt vor einem "Verlust an Lebensqualität, wenn ein Kulmbacher Einzelhändler nach dem anderen zumacht". Vielleicht könne man auch gemeinschaftlich im Internet etwas bewegen: ein Kulmbach-Store oder was Ähnliches.
Die Einschätzungen von seinem Einzelhandelskollegen teilt Buchhändler Christoph Hofmann nicht ganz. Im wesentlichen habe Herr Leithner recht, aber eigene Online-Stores aufzubauen sei nicht das Allheilmittel. Man müsse die Leute vor Ort informieren, was es überhaupt noch gibt und mit Beratung punkten. "Ich wünsche Herrn Leithner, das es sein Geschäft nochmal 85 Jahre gibt", sagt Hofmann.
Für die Stadt ist es Leithner zufolge wichtig, dass sich junge Leute im Einzelhandel engagieren. Bei Intersport Leithner hat die junge Generation schon reingeschnuppert. Tochter Eva (11) hilft in den großen Ferien eine Woche mit. "Sie hat es gut gemacht, und es hat ihr gefallen." Bei seiner Nachfolgeplanung kann er aber nicht sicher sein, ob die vierte Leithner-Generation genug Herzblut aufbringt. Um Sport Leithner fortzuführen, ist für den 50-Jährige auch ein alternatives Konzept vorstellbar: "Dass andere fähige junge Leute eine Chance bekommen."