Druckartikel: 1962 wurde eine Kulmbacher Mühle zum zweiten Mal ein Raub der Flammen

1962 wurde eine Kulmbacher Mühle zum zweiten Mal ein Raub der Flammen


Autor: Erich Olbrich

Steinenhausen, Freitag, 12. Juni 2020

1962 brannte die Hoffmann'sche Mühle im Kulmbacher Stadtteil Steinenhausen komplett ab. Zum Glück wurde nicht mehr produziert.
Am 20. Juli 1962 legte ein verheerendes Feuer die Hoffmann'sche Mühle in Steinenhausen in Schutt und Asche. Repro: Erich Olbrich


Am 20. Juli 1962, einem Freitag, wurde eine der modernsten Mühlen nördlich der Donau ein Raub der Flammen. Nach dem Wiederaufbau der Kunstmühle bei Steinenhausen nach dem großen Brand von 1923 (Entdecker- Tour 179) hatten die Eigentümer das Anwesen 1958 noch einmal komplett modernisiert.

Die damals noch reichlich vorhandene Wasserkraft trieb damals die beiden Teile, die Roggen- und die vollautomatische Weizenmühle, an. Die Mühle war allerdings nach dem Mühlengesetz bereits stillgelegt und sollte zu einem reinen Wasserkraftwerk umgebaut werden. Die Planung sah ferner vor, die Räume an Firmen als Lager zu vermieten. Die Maschinen sollten verkauft werden.

Nach dem Mühlengesetz erhielten Besitzer eine staatliche Prämie unter der Auflage, künftig 30 Jahre lang die stillgelegte Mühle nicht mehr zu betreiben. In Bayern sank die Zahl der Getreidemühlen von 4400 im Jahre 1946 auf etwa 400 Mühlen 1996.

Zwei mutige Polizisten

Um 8 Uhr an jenen Julitag waren zwei Polizeibeamte auf Streifenfahrt. Schon vor Melkendorf sahen sie über Steinenhausen große Rauchwolken aufsteigen. Sofort alarmierten sie die Leitstelle und eilten als erste zur Brandstelle, einem Großkomplex aus einer alten und einer neuen Mühle, Wohnungen, einem Lagerhaus und Nebengebäuden.

Dort schlugen die Polzisten beherzt das Küchenfenster ein, um festzustellen, ob Menschen in Gefahr waren.

Etwa acht Minuten nach dem Alarm traf als erste die Feuerwehr Melkendorf ein. Bald darauf waren zahlreiche weitere Wehren versammelt: drei Löschzüge aus Kulmbach mit dem Tanklöschfahrzeug und der großen Drehleiter, mehrere Löschzüge der Werksfeuerwehr der Spinnerei sowie Aktive aus Burghaig, Frankenberg, Katschenreuth, Oberzettlitz, Wernstein und Windischenhaig.

Feuer wütete überall

Alle Wehrleute wurden dringend benötigt, da das Feuer inzwischen in dem gesamten ausgedehnten Gebäudekomplex wütete. Die Brandbekämpfung leitete anfangs mit großer Umsicht der Kommandant der zuerst eingetroffenen Melkendorfer Wehr, Hans Zimmermann, den dann der Kulmbacher Kommandant Wolfgang Hetzer bestens unterstützte. Als bald darauf Kreisbrandinspektor Hans Kürschner aus Langenstadt eintraf, übernahm er die Leitung. Den Einsatzkräften gelang es, das Feuer nach zwei Stunden unter Kontrolle zu bringen.

Der Brand war zuerst im Hochbau im Süden der Anlage gesichtet worden, in der 15-Tonnen-Weizenmühle, wo die Flammen aus einem Dachfenster herausschlugen. Dort fanden sie reiche Nahrung in den alten Holzeinrichtungen.

Rätsel um Eisentüren

Als Brandherd könnte jedoch auch die 15-Tonnen-Roggenmühle in der Mitte der Anlage angenommen werden. Ungeklärt blieb, wie das Feuer von der einen zur anderen Mulde übergreifen konnte, da diese durch schwere Eisentüren voneinander getrennt waren. Als die Feuerwehrleute eindringen konnten, fanden sie diese Tore um etwa ein Viertel geöffnet vor.

Beim Eintreffen der Wehren brannte es jedenfalls an mehreren Stellen, auch das Dach des Wohngebäudes begann zu glimmen, konnte aber wie die östlichen Bauwerke gerettet werden.

Die Bekämpfung war sehr schwierig, weil höchste Einsturzgefahr bestand und niemand die brennenden Gebäude betreten konnte. Die Feuerwehrleute hörten im Inneren laute Schläge von herunterstürzenden schweren Maschinen. Außerdem zeigte die Westseite des Hochbaues bereits Risse, ein deutliches Zeichen für einen drohenden Einsturz. Der Löschangriff war daher nur von außen und von oben möglich.

Drehleiter erstmals im Einsatz

Erst als es einigen mutigen Wehrmännern gelang, mit Leitern - auch die neue große Drehleiter der Kulmbacher Wehr wurde erstmals bei einem Ernstfall eingesetzt - in die Gebäude einzudringen und das Dach aufzureißen, konnte das Feuer allmählich eingedämmt werden.

Noch in den Abendstunden stand eine Rauchwolke über Steinenhausen. Die Brandwache hielt die Melkendorfer Wehr. Nur rund 100 Meter von der Mühle entfernt lag das Altersheim Steinenhausen der Arbeiterwohlfahrt. Der Heimleiter Hans Wagner traf sofort Regelungen zum Schutz der über 100 betagten Bewohner.

Glücklicherweise brauchte eine Evakuierung nicht ins Auge gefasst zu werden, da infolge der Windstille kein Funkenflug zu befürchten war.

Aus Kulmbach waren sofort Awo-Vorsitzender MdB Karl Herold und Stadtrat Werner Müller herbeigeeilt. An der Brandstelle fanden sich auch Landrat Theodor Heublein, der Leiter der Landpolizei, Hermann Jakob, Oberbürgermeister Wilhelm Murrmann, der ehemalige Kreisbrandinspektor Konrad Sack aus Melkendorf, Mühlenbesitzer Leo Hoffmann und dessen Schwiegersohn Georg Karg aus Kulmbach ein.

Keine Verletzten

Als Brandursache nahm Leo Hoffmann einen ins Glimmen geratenen Elevator der Weizenmühle an, der tags zuvor aushilfsweise für einige Stunden zum Schroten in Betrieb genommen worden war. Der so im Hochgebäude entstandene Brand habe sich dann durch das Zwischengebäude auf das ältere Mühlengebäude übertragen.

Auf der ganzen Anlage war zur Zeit des Brandausbruches lediglich die Stiefschwester des Besitzers anwesend. Da die Mühle seit 31. März stillgelegt war, befanden sich dort keine Arbeitskräfte mehr.