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1000 Liter Apfelsaft für die Kulmbacher "Tafel"


Autor: Sonja Adam

Mainleus, Sonntag, 07. Oktober 2018

Tim Pistor erlebt eine Apfelschwemme. So entschloss er sich, das Obst gemeinsam mit Freunden für den guten Zweck zu ernten und pressen zu lassen.
Tim Reich (31) klettert auf die Leiter, Kathrin Hain (32) und Tim Pistor (32) ernten die unteren Äste des Apfelbaumes ab. Innerhalb weniger Minuten sind die Taschen gefüllt. Die Äpfel sollen gepresst und zu Apfelsaft verarbeitet werden - und den bekommt die Kulmbacher "Tafel".S. Adam


In leuchtendem Rot hängen die Äpfel an den Bäumen auf Tim Pistors Grundstück. Ein Bild wie aus dem Paradies. Einige Bäume hat der 32-Jährige mit vielen freiwilligen Helfern schon abgeerntet, viele Bäume sind noch übervoll. Vor allem die späteren Sorten lässt Pistor so lange wie möglich am Baum. Denn dort bleiben sie am ehesten frisch und knackig.

"Ich erlebe in diesem Jahr eine echte Apfelschwemme. Die Trockenheit konnte daran nichts ändern. Offenbar passt mein Boden", sagt Tim Pistor und seufzt ein bisschen theatralisch. Denn während andere klagen, dass die Ernte in diesem Jahr alles andere als üppig ausgefallen ist, weiß Pistor nicht mehr wohin mit all den Äpfeln. Er selbst kann sie unmöglich verbrauchen. "Ich esse gerne Äpfel. Aber ich trinke eigentlich selber keinen frischen Apfelsaft. Es ist einfach zu viel, was dieses Jahr gewachsen ist."

Welt ein bisschen besser machen

Kurzerhand hat sich Pistor der Bewegung "Transition Kulmbacher Land" angeschlossen. Dabei handelt es sich um eine Bewegung, die die Welt ein bissen besser machen möchte. "Unser Motto ist: Jetzt. Einfach. Machen", erklärt Tim Pistor die Ziele der Gruppe. Gemeinsam mit Freunden wie Tim Reich und Kathrin Hain, mit Nachbarn, mit Familienmitgliedern und mit Angehörigen der V 3 -Partei erntete Pistor die Bäume ab. "Es war nicht schwer, Erntehelfer zu finden. Insgesamt haben 15 Leute mitgeholfen."

Die Idee, die hinter der Aktion steckte, ist einfach: Die Gruppierung wollte so viele Äpfel ernten bis 1000 Liter Apfelsaft daraus gepresst werden können. Und dieser Apfelsaft soll dann der Kulmbacher "Tafel" zur Verfügung gestellt werden.

"Es war nicht schlimm zu helfen. Im Gegenteil. Ich fand die Idee, der Kulmbacher Tafel, Apfelsaft zur Verfügung zu stellen einfach gut. Ich habe gerne geholfen - und außerdem ging es wirklich schnell, die Bäume abzuernten", sagt Kathrin Hain. Auch Tim Reich ließ sich nicht lange bitten. "Ich fand die Idee gut. Da kann man helfen."

Mit der Hand verlesen

Bis dato haben die jungen Leute 1150 Kilo Äpfel geerntet. Die Äpfel wurden dann per Hand verlesen. In Anhängern wurden die Äpfel daraufhin nach Schwarzach in die Kelterei gefahren. Dank der Hilfe der Sparkasse Kulmbach-Kronach konnten die Äpfel zu Saft verarbeitet werden. "Die Sparkasse hat die Kosten für die Beutel übernommen", so Pistor. 700 Liter frischer fränkischer Apfelsaft sind bereits fertig. Sie sollen an die Kulmbacher "Tafel" verteilt werden. "Aber wir haben es uns zum Ziel gesetzt, dass wir 1000 Liter spenden wollen. Wir müssen also noch ein paar Äpfel ableeren, bis wir den Apfelsaft in diesem Jahr zusammenhaben. Aber das schaffen wir locker."

Weitere Ernteeinsätze

Aus diesem Grund wird es weitere Ernteeinsätze geben - und einen weiteren Presstermin. "Insgesamt werden wir wohl rund 1,5 Tonnen Äpfel verarbeiten", sagt der Besitzer der Streuobstwiese bei Buchau.

Die "Tafel", die den Apfelsaft zur Verfügung gestellt bekommt, indes ist vor Freude aus dem Häuschen. "Wir hatten noch nie eine Apfelsaftspende in diesem Ausmaß. Es ist eine ganz tolle Idee, dass diese Gruppierung an uns gedacht hat", sagt Elfriede Höhn, die Vorsitzende der "Tafel".

Tatsächlich ist deren Bedarf immens. Elfriede Höhn und ihr Team sind ständig auf der Suche nach frischem Obst und Gemüse. "Aber auch haltbare Lebensmittel können wir immer sehr gut gebrauchen." Außerdem bräuchte die "Tafel" dringend weitere Helfer. "Zur Zeit haben wir eigentlich genügend Fahrer, aber wir bräuchten noch ein paar Hände, die beim Sortieren und beim Einräumen helfen."

Beispiel soll Schule machen

Tim Pistor indes ist ein bisschen stolz, dass es ihm gelungen ist, 1000 Liter Apfelsaft für einen guten Zweck zu spenden. "Ich würde mir wünschen, dass unser Beispiel Schule macht", sagt Pistor. Möglicherweise finden sich auch anderen Besitzer von Streuobstwiesen, die ihr "Übermaß" an heimischen Äpfeln oder Birnen zur Verfügung stellen würden. "Ich denke für die Menschen, die die Lebensmittel bei der Tafel holen, ist es auch einmal etwas Besonderes, wenn sie frischen, heimischen Apfelsaft bekommen."

Der Apfelsaft ist allerdings nur eine Idee von vielen. Auch Obstwiesen, die von Spaziergängern abgeerntet werden können, sind im Sinn der weltweiten, global vernetzten Transition-Town-Bewegung. Übrigens sind solche Wiesen eindeutig mit Hinweisschildern, die das Pflücken der Äpfel ausdrücklich erlauben, versehen.