Druckartikel: Wildkatzen sind im Frankenwald auf dem Vormarsch

Wildkatzen sind im Frankenwald auf dem Vormarsch


Autor: Friedwald Schedel

Kronach, Mittwoch, 12. November 2014

Die einst fast ausgerottete Art wurde rund um die Ködeltalsperre gesichtet und auch fotografiert. Die Förster verraten, wie sie das schafften. Den endgültigen Beweis brachte die Untersuchung von Haarproben.
Eine schleichende Wildkatze auf einem toten Ast. Foto: Thomas Stephan/Bund Naturschutz


Fritz Maier war sich schon vor Monaten sicher, dass es wieder Wildkatzen im Frankenwald gibt. Den endgültigen Beweis brachte jetzt der Laborbericht: Die Haarproben, die er untersuchen ließ, stammen eindeutig von Wildkatzen. Noch besser: Drei Viertel aller Proben, die er zur Untersuchung einsandte, sind von Wildkatzen. Das lässt auf eine größere Population schließen.

Fritz Maier ist sehr froh, dass sich seine Vermutungen bewahrheitet haben, denn die Wildkatze ist ein wertvoller Baustein zum Erhalt des ökologischen Gleichgewichts in der Natur. "Wahrscheinlich haben wir die Wildkatze flächendeckend in unseren naturnahen Wäldern des Staatswaldes", sagt Maier, Leiter des Forstbetriebs Nordhalben.

Die naturnahe Waldwirtschaft, die Fritz Maier zusammen mit seinen Mitarbeitern zwischen Bayreuth und der Thüringer Grenze seit vielen Jahren betreibt, trägt damit wertvolle Früchte. "Die Wildkatze hat besondere Anforderungen, besonders was das Totholz betrifft. Mit unserer naturnahen Waldwirtschaft haben wir der Wildkatze wieder eine Heimat gegeben", ist der Forstmann überzeugt.


Der Baldrian-Trick

Aber wie kommt Fritz Maier an die Haare des seltenen und überaus scheuen Kleinraubtiers? Ganz einfach: Wildkatzen mögen Baldrian. Der zieht sie magisch an. Sie nehmen den Duft mit dem Fell auf, um andere Wildkatzen damit zu beeindrucken beziehungsweise zu betören. Also greifen die Forstleute zu einem Trick: Sie nehmen ganz grob gesägte Holzstäbe, besprühen diese mit Baldrian und schlagen sie in den Waldboden. "Lockstock" nennt man das. Reibt sich die Wildkatze dran, um den Baldrianduft aufzunehmen, dann bleiben einige Katzenhaare an der Holzoberfläche hängen. Die Spur ist gelegt! Fritz Maier muss noch die druckfrischen Laborberichte auswerten. Dann kann er sogar sagen, wie viele männliche und weibliche Wildkatzen es im Frankenwald gibt und wie alt sie sind.

Peter Hagemann, Leiter des Forstbetriebs Rothenkirchen der Bayerischen Staatsforsten, hat die Laborberichte noch nicht, weil die vermeintlichen Wildkatzenhaare aus seinem Forstbetrieb in einem anderen Labor untersucht wurden. Aber er erwartet täglich die Ergebnisse. Dass die ebenfalls positiv sind, dessen ist er sich sicher, denn Hagemann hat eine so genannte "Wildkamera" in der Nähe der "Lockstöcke" aufgestellt. Die hat doch prompt einige Katzen geknipst, die nach Peter Hagemanns Meinung sicherlich Wildkatzen sind. An drei Stellen müsste es im von ihm betreuten Bereich Wildkatzen geben: rund um Hubertushöhe, an der Ködeltalsperre und bei Birnbaum. Ganz sicher ist sich der Forstmann jedoch hinsichtlich der Örtlichkeiten nicht, weil die Wildkatzen große Streifgebiete haben. Hagemann weiß auch, dass Wildkatzen von Jägern in der Nähe von Tschirn und Brennersgrün beobachtet wurden. Die Samtpfoten dürften über das "Grüne Band" aus Thüringen eingewandert sein.


Opfer des Straßenverkehrs

Einzelne Jäger haben dem Kreisvorsitzenden des Jagdschutz- und Jägerverbandes, Bernhard Schmitt, berichtet, dass sie Wildkatzen gesehen hätten. "Es ist aber sehr schwer, nachts eine Wildkatze von einer streunenden Hauskatze zu unterscheiden", schränkt Schmitt ein. Auf die Wildkatze hätten sich die Jäger jedoch nicht focussiert, weil bei der noch geringen Population keine negativen Auswirkungen auf Bodenbrüter oder die jungen Hasen zu befürchten seien.

Michael Schneider vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sieht die Wildkatze als "einen der Neuansiedler, die wir seit einigen Jahren haben". Gesehen hat er noch keine. Auch Marderhund und Waschbär seien seit etlichen Jahren im Frankenwald wieder heimisch geworden. Das wisse man, weil solche Tiere leider Opfer des Straßenverkehrs geworden seien.

Zum Auffinden der Wildkatzenpopulation hat auch der Bund Naturschutz beigetragen. Rund 200 ehrenamtliche Helfer sind der Wildkatze in Bayern auf der Spur. Einige unterstützten Fritz Maier beispielsweise beim Ausbringen der "Lockstöcke". Regelmäßig waren sie auf "Lockstock"-Kontrollgängen durch die Wälder unterwegs und sammelten Haarproben für die genetische Analyse. Damit trugen sie zum Nachweis bei, dass die Wildkatze in die großen Waldgebiete Nordbayerns zurückgekehrt ist. Die Naturschützer gehen von einer geringen Dichte aus und vermuten, dass nur 200 bis 250 Wildkatzen in Bayern leben. Eine Reihe davon muss im Frankenwald eine neue Heimat gefunden haben, wie die Analyse der Haarproben zeigt.