Druckartikel: Wie lange rollt das Handwerk im Kreis Kronach noch?

Wie lange rollt das Handwerk im Kreis Kronach noch?


Autor: Franziska Rieger

Kronach, Mittwoch, 23. August 2017

Das Lebensmittelhandwerk in Bayern kämpft mit Nachwuchsmangel und konkurriert mit den Billigangeboten der Discounter.
Bernd Böhm, Bäcker aus Steinberg, weiß nicht, ob er einen Nachfolger für seine Bäckerei findet.  Foto: Marian Hamacher


Das Handwerk in Deutschland durchlebt schwere Zeiten. Vor allem das Lebensmittelhandwerk ist stark davon betroffen. In ganz Bayern gibt es immer weniger Bäcker und Metzger. Das belegen Zahlen des Wirtschaftsministeriums auf die Anfrage des Hofer SPD-Landtagsabgeordneten Klaus Adelt.

Von 2011 bis 2016 ist in Oberfranken die Zahl der Bäckerbetriebe um 15 Prozent und die Zahl der Metzgereien um fast 18 Prozent zurückgegangen. 61 Bäckereien und 107 Metzgereien mussten schließen. Das bringt auch die Bäcker und Metzger im Landkreis Kronach zum Nachdenken. Viele davon finden keinen Nachfolger. 22 Betriebe sind der Bäcker-Innung Kronach angeschlossen.

Rund acht Jahre muss Bernd Böhm noch arbeiten, bevor er in Rente geht. Wie es danach mit seiner Bäckerei in Steinberg weitergeht, ist noch ungewiss. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. "Wahrscheinlich wird es hier dann keinen Bäcker mehr geben", sagt Böhm. Dabei gibt es in seiner Backstube viel zu tun, über mangelnde Kundschaft kann er sich nicht beschweren. Als Inhaber sind 15-Stunden-Tage keine Seltenheit für ihn."Wir dürfen nicht die großen Konzerne nachmachen, sondern müssen die eigenen Stärken finden", erklärt Böhm. Die eigenen Stärken, das sind für den 58-Jährigen vor allem Qualität. Die Produkte vom Discounter zählen da seiner Meinung nach eindeutig nicht dazu.


Kaufverhalten muss sich ändern

Und trotzdem nehmen die Kunden die Backautomaten in den Discountern gut an. Dieses Kaufverhalten der Kunden sieht Gerhard Löffler, Obermeister der Bäcker-Innung Kronach, kritisch. "Unser Handwerk kann nur überleben, wenn der Verbraucher die Geschäfte vor Ort annimmt und nicht bei Discountern oder Großbäckereien einkauft", sagt Löffler. Dazu müsse der Verbraucher umdenken und mehr die Produkte aus der Region schätzen. Kurze Transportwege und geringere Umweltbelastung sind nur einige Vorteile, die Löffler aufzählt.

Bis 2020 will er seinen Rentenbeginn noch hinauszögern. Ob es dann einen Nachfolger gibt, ist noch fraglich. Deshalb mach sich Löffler Sorgen um geeigneten Bäcker-Nachwuchs. "Ich will die Jugend nicht verteufeln, aber viele wollen sich die Hände nicht dreckig machen", sagt der Bäcker aus Tettau. Das gelte zwar nicht für alle, dennoch habe sich die Bereitschaft der jungen Leute verändert.

Vor allem die Arbeitszeiten scheinen auf viele Jugendliche abschreckend zu wirken. "Solange der Kunde früh Brötchen will, muss der Bäcker früh aufstehen", sagt Löffler. Er weist darauf hin, dass nicht nur das Bäcker-Handwerk von nächtlichen Arbeitszeiten betroffen ist. So müssen auch Polizisten, Schichtarbeiter oder Krankenhauspersonal in der Nacht arbeiten. "Es wird immer nur bei den Bäckern auf den Arbeitszeiten rumgehackt", sagt Löffler.

Dabei lockt die Bäcker-Branche mit einer guten Bezahlung. Laut Löffler wurden die Lehrlingsvergütungen in der vergangenen Zeit ständig erhöht. Dass die Bezahlung nicht der Grund für den fehlenden Nachwuchs ist, kann auch Bernd Böhm bestätigen. Die Tariflöhne seien gut angepasst worden. "In Sachen Geld hat sich gut was getan", sagt Böhm.

Dass es in Oberfranken immer weniger Bäcker und Metzger gibt, ist eine Entwicklung, die auch der Kreishandwerkerschaft Kronach sorgen bereitet. "Wenn der Trend so weiter geht, muss man damit rechnen, dass es viele Betriebe nicht mehr gibt", sagt Danny Dobmeier, Geschäftsstellenleiter der Kreishandwerkerschaften Coburg, Kronach und Lichtenfels.


Handelsketten drücken die Preise

Dobmeier erklärt, dass das Lebensmittelhandwerk, oder - wie er es nennt - das Genusshandwerk, grundsätzlich einen schweren Stand hat. Hinzu kommt laut Dobmeier, dass immer mehr Einzelhandelsketten die Preise für Lebensmittel drücken und so viele Geschäftsmodelle von Genusshandwerkern in Frage stellen. Um dem zu entgegnen, müsse vor allem die Akzeptanz fürs Handwerk wieder steigen.


Das würde auch den Fleischerbetrieben helfen. Die Zahlen der Metzgereien in Oberfranken sind in den vergangenen Jahren ebenfalls stetig gesunken, seit 2011 von 606 auf 499 im Jahr 2016. Im Landkreis Kronach gibt es noch 23 Betriebe, die der Fleischer-Innung angeschlossen sind, wie Eberhard Kraus, Obermeister der Fleischer-Innung Kronach, berichtet. "Es wird immer schwieriger", sagt Kraus. Mit fehlenden Azubis im Handwerk haben aber alle Spaten zu kämpfen, weiß der Metzger. In Stoßzeiten arbeiten bis zu 15 Angestellte in seinem Betrieb in Kronach. Einen Auszubildenden hat Kraus im Moment nicht, es hat sich schlicht niemand beworben.

Um die Fleischer-Branche wieder anzukurbeln, muss man seiner Meinung nach den Beruf wieder attraktiver machen. Das Fleischer-Handwerk müsse wieder mit mehr Bewusstsein betrieben werden. "Solange die Mentalität Geiz-ist-Geil vorherrscht, wird sich nichts ändern", betont Kraus.