Wie geht es der Wirtschaft im Landkreis Kronach?
Autor: Alexander Löffler
Kronach, Montag, 18. Februar 2013
Wenn sich einer mit der wirtschaftlichen Situation des Landkreises Kronach auskennt, dann ist es Hans Rebhan. Der Vizepräsident der IHK Kronach sieht, was den demografischen Wandel betrifft, die Region einen Schritt voraus.
Hans Rebhan ist Vorsitzender des IHK-Handelsgremiums und Vizepräsident der IHK Oberfranken. Er setzt sich intensiv mit der heimischen Wirtschaft auseinander und bezieht Stellung zur aktuellen Situation.
Die Industriedichte im Landkreis Kronach ist vergleichsweise hoch. Welche Bedeutung hat das für die Region?
Hans Rebhan: Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da wurde die hohe Industriedichte als Schwäche bei uns angesehen. Das war eine Fehleinschätzung. Heute wissen wir, die hohe Anzahl an mittelständischen Industrieunternehmen ist eine Stärke und ein stabilisierender Faktor unserer Region. Dazu kommt, dass im Landkreis Kronach noch echtes Unternehmertum gelebt wird.
Woran machen Sie das fest?
Die große Mehrheit der Unternehmer sind sich ihrer Verantwortung für die Mitarbeiter und für die Region bewusst.
Die demografischen Prognosen sind nicht gerade rosig. Ist zu befürchten, dass Unternehmen eines Tages auf der Strecke bleiben, weil sie keine geeigneten Fachkräfte mehr finden?
Natürlich, der demografische Wandel ist für die Unternehmen die Herausforderung. Die Unternehmen im Landkreis bereiten sich intensiv darauf vor und steuern mit individuellen Maßnahmen entgegen. Ich habe den Eindruck, dass wir in unserem Landkreis hier anderen Regionen bereits einen Schritt voraus sind.
Warum glauben Sie das?
Das Engagement der Unternehmen im Landkreis ist überragend. Denken Sie beispielsweise an den großartigen Einsatz der Firmen am Rennsteig für die Errichtung einer privaten Fachoberschule. Das ist einmalig weit und breit. Oder an die Einrichtung eines berufsbegleitenden Bachelor- und Masterstudiengangs für das Fach BWL, die nur durch das Engagement Einzelner und die finanzielle Unterstützung mehrerer Unternehmen gemeinsam mit der Hochschule Coburg ermöglicht wird. Besonders freue ich mich aber, dass wir ein Innovationszentrum Kronach auf den Weg gebracht haben. Diese Einrichtung soll langfristig dazu beitragen, die Attraktivität des Standorts Kronach zu erhöhen, indem sie die Unternehmen unterstützt, sich vital und zukunftsfähig zu entwickeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Am Beispiel Fachoberschule in Ludwigsstadt lässt sich erkennen, dass sich der nördliche Landkreis bereits geballt gegen die demografische Entwicklung und den Fachkräftemangel stemmt. Im Süden scheint man nicht immer mit einer Stimme zu sprechen. Haben noch nicht alle die Zeichen der Zeit erkannt?
Das Innovationszentrum ist ein leuchtendes Beispiel, dass die Region beim Thema Demografie gemeinschaftlich denkt und handelt. Die Unternehmer in der Region haben erkannt, dass uns Kirchturm- und Konkurrenzdenken nicht weiterbringen. Aus meiner Tätigkeit in der IHK weiß ich, dass meine Kollegen nicht in Nord-Süd-Kategorien denken. Die Herausforderung des demografischen Wandels schweißt die Firmen im Landkreis zusammen. Deshalb gibt es auch viele überbetriebliche Kooperationen. Dieses Engagement der Unternehmen, aber auch zum Beispiel des Rennsteigvereins, von Kronach Creativ oder die Aktivitäten des BRK und der Gemeinde Steinbach zum Thema "Lebensqualität für Generationen" zeigen, dass mit Kreativität und Tatkraft Zukunft positiv gestaltet wird. Die Region lebt von solchen "Machern". Das macht auch anderen Mut und steckt positiv an.
Seit Jahrzehnten gibt es schon die Diskussion um den vierspurigen Ausbau der B 173 in Richtung Lichtenfels. Sehr weit ist man bislang noch nicht gekommen. Wie wichtig ist dieser Ausbau, und was muss sich tun, damit noch mehr Bewegung in die Sache kommt?
Für die Wirtschaft im Landkreis Kronach ist eine optimale Anbindung an das überregionale Verkehrsnetz von zentraler Bedeutung. Für viele Unternehmen, gerade im nördlichen Landkreis, ist die Verkehrsanbindung überlebenswichtig. Die vielen Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe werden durch unzureichende Verkehrsanbindungen gefährdet.
Was macht hier die IHK ?
Die IHK Oberfranken setzt sich bereits seit vielen Jahren vehement für den Ausbau der zentralen Straßenverbindungen B 173 und B 85 im Landkreis Kronach ein. An vorderster Front kämpft Michael Weber, Kronacher Unternehmer und Vorsitzender des Verkehrsausschusses der IHK Oberfranken Bayreuth. Den Planfeststellungsbeschluss für den Bereich Lichtenfels bis Zettlitz erwarten wir noch in diesem Jahr. Erfreulich ist, dass nun offensichtlich auch in Küps Einigkeit über eine mögliche Trasse besteht. Im November habe ich den Besuch von Ministerpräsident Seehofer genutzt, ihn zu bitten, dass der Freistaat Bayern diese Trasse auch beim Bund anmelden möge. Seehofer hat unseren Vorschlag sehr positiv aufgenommen, das macht mich sehr zuversichtlich.
Die nächste Herausforderung, die es zu bewältigen gilt, ist, dass der Abschnitt zwischen Redwitz und Johannisthal in den vordringlichen Bedarf im Rahmen der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes 2015 kommt.
Bei manchen Unternehmen könnte man den Eindruck gewinnen, dass sie gerade in der Bereitstellung von Teilzeitangeboten nicht immer flexibel genug agieren. Wird es nicht auch immer wichtiger, auf junge Mütter ebenso zu setzen wie auf ältere Arbeitnehmer?
Grundsätzlich gilt, dass alle Fachkräfte-Potenziale bestmöglich genutzt werden müssen, unabhängig vom Alter. Wir müssen dem 50-jährigen Arbeitnehmer, der zu Hause seine Mutter pflegt, ebenso wie der 30-jährigen Mutter, die sich um ihr Kind kümmert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Angesichts der zunehmenden Alterung der Bevölkerung wird dies künftig eine noch größere Herausforderung werden. Die Unternehmen müssen hier größtmögliche Flexibilität beweisen, vor allem weil die Anforderungen der Arbeitnehmer auf diesem Gebiet individuell sehr unterschiedlich sind.
Was zeichnet die Region aus wirtschaftlicher Sicht aus? Und warum glauben Sie, dass der Standort Kronach auch in Zukunft für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen attraktiv sein wird?
Die Wirtschaft im Raum Kronach ist mittelständisch geprägt, mit industriellem Schwerpunkt und vielen traditionellen Familienunternehmen. Die Fähigkeit, sich Veränderungen anzupassen, flexibel zu reagieren und Innovationen umzusetzen, haben sich die Kronacher Unternehmen bewahrt und den Standort dadurch gestärkt.
Es ist diese Innovationsfähigkeit - gepaart mit dem Willen, Herausforderungen anzupacken -, die Kronach zukunftsfähig machen. Die Kronacher ergeben sich nicht ihrem Schicksal, sie nehmen es selbst in die Hand. Dieses Engagement bringt den Landkreis voran.