Wie finden die Kronacher die Ehe für alle?
Autor: Franziska Rieger
Kronach, Freitag, 30. Juni 2017
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen künftig heiraten. Der FT hat sich in der Kronacher Innenstadt umgehört, was die Passanten über die Entscheidung denken.
Es ist eine historische Entscheidung: Am Freitag hat der Bundestag die Ehe für alle beschlossen. SPD, Linke und Grüne brachten das Thema, das seit vielen Jahren im Bundestag polarisierte, noch einmal auf die Tagesordnung.
Kanzlerin Merkel hatte mit einer Äußerung Anfang der Woche das Thema als "Gewissensentscheidung" unvorhergesehen ins Rollen gebracht, der Fraktionszwang wurde daraufhin aufgehoben. Am Freitag stimmte Merkel gegen den Beschluss. Von 623 abgegebenen Stimmen entschieden sich insgesamt 393 Abgeordnete für die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare. Damit stimmten auch 75 Unionsabgeordnete für die Ehe für alle.
Gleichgeschlechtliche Paare dürfen künftig heiraten und Kinder adoptieren, genauso wie heterosexuelle Paare. Im Jahr 2001 führte die Bundesregierung die eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ein. Diese erlaubt aber beispielsweise keine gemeinsame Adoption.
Michelbach stimmt dafür
Hans Michelbach, der CSU-Bundestagsabgeordnete für Coburg und Kronach hat sich für den Gesetzesentwurf entschieden. Nach der Abstimmung gab er eine Stellungnahme ab, in der er seine Entscheidung begründete. "Ich habe mich vor allem deshalb nach Gewissensprüfung klar dafür ausgesprochen, weil ich nicht dagegen sein kann, dass Kinder dort adoptiert werden können, wo sie eine Familie finden", sagt Michelbach in einer Presseerklärung. Durch das Gesetz werde niemandem etwas genommen. Weiter sagt Michelbach: "Bei der Gleichstellung geht es um Toleranz und Respekt."Geäußert hat sich auch Rene Hähnlein, der Bundestagskandidat der Linken im Wahlkreis Coburg/Kronach. Er spricht in einer Presseerklärung von einem "historischen Tag". Denn: "Der jahrelange Kampf vieler gleichgeschlechtlicher Paare um Anerkennung ihrer Partnerschaft als vollwertige Ehe ist erfolgreich zu Ende gegangen."
Der Fränkische Tag hat sich am Freitag in der Kronacher Innenstadt umgehört, wie die Menschen zu der Entscheidung des Bundestages stehen. "Bei der Kindererziehung kommt es auf die Persönlichkeit an", sagt ein Mann, der auf einer Bank am Marienplatz sitzt. Der Mann neben ihm nickt zustimmend: "Wir leben immerhin im 21. Jahrhundert." Die beiden sind sich einig, dass auch gleichgeschlechtliche Paare gute Eltern sein können. "Wir sind nicht im Mittelalter", sagt ein weiterer Passant.
Eine Frau, die in einem Bekleidungsgeschäft am Marienplatz stöbert, übt vor allem Kritik an der Einstellung der Kirche: "Die römisch-katholische Kirche glaubt, sich dauernd ins Sexualleben der Leute einmischen zu müssen." Sie verstehe nicht, warum Merkel sich ausgerechnet jetzt für die Rechte von homosexuellen interessiert. "Mein Verdacht ist, dass das ein Ablenkungsmanöver ist. Es gibt viel wichtigere Themen."
Raphaela Kotschenreuther:
"Ich finde die Entscheidung grundsätzlich sehr positiv. Andere Länder sind uns da einiges voraus. Wir leben immerhin im Jahr 2017. Liebe ist so was schönes. Da sollte jeder die Person heiraten dürfen, die er liebt, egal, ob Mann oder Frau. Ich selbst bin sehr im Glauben verankert. Und in dem Fall denke ich, dass das auch von Gott gewollt ist."
Thilo Moosmann:
"Unsere Gesellschaft hat sich verändert und dem muss man Rechnung tragen. Dass gleichgeschlechtliche Paare schlechtere Eltern sind, glaube ich nicht. Es liegt am Mensch selbst, wie er mit Kindern umgeht. Es gibt auch bei heterosexuellen Paaren schlechte Eltern. Ob das ganze Wahlkampfkalkül war, kann ich mir nicht vorstellen. Auffällig ist, dass auch Abgeordnete der CDU/CSU dafür gestimmt haben."
Sabrina Zöcklein:
"Ich bin dafür, dass es keine Grenzen geben sollte. Es sollte keine Rolle spielen, welches Geschlecht eine Person hat. Oft sind Homosexuelle sogar die besseren Paare, weil die Kommunikation besser funktioniert. Zwischen Männern und Frauen klappt das oft ja nicht so gut." Auch ihre Arbeitskollegin Klara Schafmeister freut sich über die Entscheidung des Bundestages: "Ich finde es nur schade, dass es so lange gedauert hat."
Hans Möckel:
"Ich bin genauso dafür, wie die Mehrheit im Bundestag. Wenn wir schon in einer Demokratie leben, dann gehört das dazu. Gleichgeschlechtliche Paare können genau so gute Eltern sein. Es kommt immer auf das Elternhaus an, in dem eine Person aufgewachsen ist. Wenn man in einer guten Familie mit guter Erziehung aufgewachsen ist, dann sind es auch gute Eltern. Die Einwände der Kirche kann ich nicht teilen."
Petra Halender:
"Ich finde die Entscheidung gut. Ich bin sehr tolerant und offen für alles. Wenn ich die katholische Kirche mit ihren Priester-Skandalen anschaue, ist das viel schlimmer. Gleichgeschlechtliche Paare können genauso gute Eltern sein. Das hat mit der sexuellen Einstellung nichts zu tun. Ich weiß nicht, ob es mit der Wahl zu tun hat, dass das Thema jetzt behandelt wurde. Ich finde, wir haben wichtigere Dinge zu entscheiden."