Druckartikel: Wie ein Kronacher Ingenieur zum erfolgreichen Blasmusikanten wurde

Wie ein Kronacher Ingenieur zum erfolgreichen Blasmusikanten wurde


Autor: Corinna Igler

Kronach, Sonntag, 30. August 2015

Zehn Jahre besteht das Orchester Holger Mück mittlerweile. Böhmischer und Egerländer Blasmusik haben sich die Musiker rund um Holger Mück verschrieben - und damit gerade mehr denn je Erfolg, wie er verrät.
Holger Mück Foto: Foto Thron


Holger Mück ist Diplom-Ingenieur. Aber er ist auch studierter Trompeter und Gründer des nach ihm benannten Orchesters. Holger Mück steht für die böhmische Musik und hat es innerhalb weniger Jahre geschafft, seinen Klangkörper in der böhmischen Musikszene zu etablieren.

Daneben ist er seit vielen Jahren ein gefragter Workshop-Dozent, Leiter der "Brassonic Bläserschule" sowie Instrumententester und Autor für das Fachmagazin "Sonic". Sein Leben ist also von der Blasmusik bestimmt. Für viele jüngere Menschen heute oft nicht nachvollziehbar. Deshalb haben wir mit Mück gesprochen, unter anderem darüber, was ihn an diesem Hobby so fasziniert.

Herr Mück, Sie haben sich der Blasmusik verschrieben.

Warum ausgerechnet der Blasmusik und nicht dem Fußball oder dem DJ-Pult?
Holger Mück: Als Kind macht man sicherlich alles einmal, das ist auch gut so. Doch ich erkannte bald, dass mein Talent definitiv nicht beim Fußballspiel lag.

Wissen Sie noch, wie es dazu kam, wann Sie Ihr erstes Blasinstrument in der Hand hielten?
Der Musikverein Buchbach suchte damals Nachwuchsmusiker und da wurde auch ich gefragt, ob ich was lernen möchte. Die ersten Gehversuche waren dabei gar nicht einmal so vielversprechend, da es einfach an qualifizierten Ausbildern fehlte.
Begeistert vom Instrument Trompete war ich schon immer. Zum einen durch die TV-Shows, in denen damals noch echte Orchester live spielten. Zum anderen gab es in Buchbach einen sensationellen Musiker, Karl-Heinz Neubauer. Von ihm und seinem Spiel war ich von Anfang an begeistert, er wurde mein Lehrer und unterrichtete mich bis ich wiederum bei seinem Lehrer Richard Carson Steuart in Würzburg zu studieren begann.

Was fasziniert Sie an dieser Musik, insbesondere an der böhmischen Blasmusik?
Die böhmische Blasmusik ist mir durch meinen Opa, der während der Kriegsjahre als Sudetendeutscher aus Böhmen fliehen musste, in die Wiege gelegt worden. Sicherlich bin auch anderen Musikstilen gegenüber sehr offen und habe als Musiker von Big Band über Swing und Tanzmusik bis hin zur Klassik schon alles gemacht und mache das auch immer wieder gerne.
Der Traum von einem eigenen böhmischen Orchester prägte sich mehr und mehr während meiner Dienstzeit als Trompeter und Flügelhornist beim Luftwaffenmusikkorps 1 in München aus. Mit vielen meiner damaligen Kollegen habe ich - neben dem Dienst im großen Musikkorps - als "Egerländer Besetzung" des LMK1 sämtliche Kurorte rund um München unsicher gemacht.

Wie reagieren die Menschen auf die Musik, die Sie machen?
Das Orchester Holger Mück konnte schon viele Fans für sich begeistern. Wir haben Konzertbesucher, die uns jährlich bei fünf bis sechs Konzerten besuchen. Uns freut das natürlich ungemein und es ist sicher ein schönes Gefühl, Menschen mit Musik glücklich zu machen!

Werden Sie mit Vorurteilen wie langweilig, alt, und so weiter bezüglich der Musik konfrontiert?
Nein, eher im Gegenteil! Dort, wo wir auftreten, wissen die Zuhörer was sie erwartet: Blasmusik aus und mit Leidenschaft. Dafür stehen meine Musiker und ich. Langweilig ist es in unseren Konzerten noch keinem geworden. Wir versuchen die Zuhörer nicht nur mit Musik zu beschallen, sondern mit einer charmanten und witzigen Moderation unserer Sängerin Sandra kurzweilig zu unterhalten. Darüber hinaus bin ich der festen Überzeugung, die Zuhörer merken, ob Musik ehrlich und mit Leidenschaft gespielt oder nur für das Eintrittsgeld abgeliefert wird. Und es ist ein ergreifendes Gefühl, wenn manch ein Zuhörer während einer Soloballade oder beim Mosch-Klassiker "Rauschende Birken" mit Tränen in den Augen auf die Bühne schaut.

Viele Musikvereine, Blaskapellen, etc. haben ja mit Nachwuchsmangel zu kämpfen. Wie kann man die Blasmusik für junge Leute attraktiv machen?
In den letzten Jahren erlebt die traditionelle Blasmusik glücklicherweise wieder einen Boom. Neue Formationen entstehen und bereichern die Blasmusikszene mit jungem Auftreten und frischen, neuen Blasmusikkompositionen. Polka, Walzer und Marsch sind heute wieder "in", weil böhmische und mährische Blasmusik überwiegend auch wieder von jungen Musikern mit Freude gespielt wird. Junge Musikanten, die sich vermehrt in kleineren Besetzungen zusammenfinden, wollen zeigen was sie können! Darüber hinaus sind Nachwuchsmusiker heute durch ein flächendeckendes und gut ausgebautes Musikschulsystem überwiegend sehr gut ausgebildet und spielen auf hohem Niveau. Musikvereine müssen nur lernen, dieses große Potenzial für sich zu nutzen.

Wie machen Sie das beispielsweise?
Ich für meinen Teil möchte ebenfalls versuchen junge Musikanten für diese Musik zu begeistern. So wird zum Beispiel im kommenden Herbst ein Buch mit dem Titel "Blasmusik mit Herz" erscheinen, zudem wird der Nordbayerische Musikbund - Kreisverband Kronach am 9.Januar einen Workshop speziell für böhmische und Egerländer Blasmusik abhalten. Dozenten werden dann Komponist Alexander Pfluger und ich sein.

Wie sieht die Zukunft der böhmischen Blasmusik aus?
Die böhmische Blasmusik war noch nie so angesagt wie heute. So hält sich zum Beispiel die Polka "Böhmischer Traum" unter den Gema-Top-Ten der Unterhaltungsmusik, neben "Summer of 69", "Highway to Hell", "Let me entertain You" oder "Westerland". Junge Kapellen spielen neue Komposition junger Komponisten, die sich ganz der böhmischen Blasmusik verschrieben haben. Große Festivals, wie beispielsweise das "Woodstock der Blasmusik", sind jährlich ausverkauft. Ich denke, mit einer jungen Generation an Blasmusikanten wird sich die Blasmusik, ähnlich wie die Rock- und Popmusik, zwar in ihrer Arrangier- und Interpretationsweise wandeln, aber ganz sicher weiterhin bestehen bleiben.
Während man früher vorwiegend in Erinnerung an die alte Heimat Texte und Lieder schrieb, rücken heute, wie in anderen Musikgattungen auch, Themen wie Freundschaft, Liebe und Sehnsucht in den Vordergrund.

Sie haben gerade wieder eine neue CD auf den Markt gebracht. Wie ist sie entstanden?
Im Januar 2015 haben meine Musiker und ich die Einspielungen zur aktuellen CD gemacht. Die Aufnahmen wurden dann von Alexander Pfluger vom Tonstudio Allgäu und mir aufbereitet und dann von Tonmeister Philipp Heck und mir im Tonstudio Bauer in Ludwigsburg gemischt.

Woher nehmen Sie immer wieder Ideen für neue Kompositionen?
Musik kann man nicht erfinden. Sie ist immer da und umgibt uns tagtäglich bei allem was wir machen. Besondere Situationen lösen besondere Emotionen aus, das kennt sicherlich jeder. Das kann ein Kinderlachen, eine Begebenheit, ein schöner Ausblick, eine Erinnerung ein kühles Bier oder ähnliches sein. Und dann hat man eben eine Melodie im Kopf, oft nur wenige Takte, die einen fesseln. Diese wenigen Takte Musik konservieren sozusagen den Augenblick. Man muss sich dann nur noch hinsetzen und alles aufschreiben.

Die Fragen stellte Corinna Igler