Werbung ohne Ende für Christine Porzel
Autor: Jan Koch
Steinwiesen, Freitag, 23. August 2013
Christine Porzel aus Steinwiesen hat ein Mittel gegen Arthrose ausprobiert. Doch nun kann sich die 71-Jährige nicht mehr vor den Briefen des Herstellers retten.
Die Wahlunterlagen für Christine Porzel aus Steinwiesen kamen am 14. August mit der Post. "Wahlbenachrichtigung für Ihre Gesundheit", stand in fetten Lettern darauf. Darin Werbung von Bestrelax, einem Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Zur Wahl standen Produkte wie "Curcuma Gold", "VenaWell" oder "Ginger Vital".
Mit jenen Ingwer-Pillen hat im Mai alles angefangen. "Sehr geehrte Frau Porzel, Sie leiden unter Arthrose-Schmerzen? Ich wette mit Ihnen, dass es maximal vier Wochen dauert, bis dieser Schmerz verschwunden ist", stand im ersten Brief von Bestrelax. Verheißungsvoll, sie bestellte zweimal: Ende Mai und am 19. Juli. "Man möchte ja Hilfe haben, wenn man Beschwerden hat", sagt die 71-Jährige.
Seitdem hat sie keine Ruhe mehr. Sowohl Bestrelax als auch Branchen-Konkurrent Dr. Hittich schicken Christine Porzel und ihrem Ehemann Werbebriefe - wöchentlich, teilweise sogar täglich. Gerade bei den Unterlagen von Dr.
Die Jagd auf Adressen
Grundsätzlich gebe es ganz verschiedene Möglichkeiten, wie Unternehmen an Adressen herankommen, erklärt Eva Maria Schönmetzler von der Verbraucherzentrale Bayern. Zum einen gebe es Anbieter, die ganze Datensätze verkaufen. Außerdem gelangen Firmen über das Telefonbuch an Adressen. Aber auch über Gewinnspiele: "Wenn beispielsweise ein Gewinnspiel abo am Telefon vorgestellt wird. Dabei wird der Verbraucher in ein Gespräch verwickelt, ob er das Abo testen will, und wird nach der Adresse gefragt."
Die Adresse der Porzels steht im Telefonbuch und auch beim Gewinnspiel eines Kreuzworträtsels haben sie mitgemacht. Wie die Firmen aber letztlich an die Daten, inklusive Geburtstag, gelangt sind, bleibt das Geheimnis von Dr. Hittich und Bestrelax.
Liste hilft gegen Werbung
Gegen die vielen Briefe können die Porzels jedenfalls etwas unternehmen, sagt Eva Maria Schönmetzler. "Am besten schicken Betroffene ein Einschreiben, in dem sie untersagen, weitere Post von dem Unternehmen zu bekommen. Und dass sie der Nutzung der Daten zu Werbezwecken und zu Markt- und Meinungsforschung widersprechen. Das soll die Gegenseite schriftlich bestätigen - einfach eine kurze Frist setzen und sich weitere Schritte vorbehalten." Wenn nichts passiert, bleibt laut Schönmetzler der Weg einer Klage auf Unterlassung. Das sei aber "mit einem großen Kostenrisiko verbunden", warnt sie.
Risikofrei kann sich jeder in die so genannte Robinson-Liste des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV) eintragen. Die Mitglieder des DDV haben sich verpflichtet, keine Briefwerbung an Verbraucher zu schicken, die auf der Liste stehen. Zumindest Dr. Hittich firmiert nach Angaben von Nanah Schulze, Sprecherin des DDV, unter der Bezeichnung "GP Health Products" als Mitglied im DDV. Immerhin könnten die Porzels also die Post von Dr. Hittich unterbinden. Bestrelax sei ihrem Wissen nach hingegen kein Mitglied. In diesem Fall bleibt nur, einen Brief zu schreiben. Oder Christine Porzels Variante: "Ich studiere die Briefe schon gar nicht mehr und schmeiße sie sofort weg."
DDV-Robinsonliste:
Hintergrund Die DDV-Robinson-Liste soll Verbraucher, die sich eingetragen haben, vor unerwünschter, direkt adressierter Werbepost schützen. Sie schützt allerdings nicht gegen unerwünschte Telefon-, E-Mail- und auch Fax-Werbung, da diese ohnehin gesetzlich verboten ist. Der Name "Robinson-Liste" geht auf den gleichnamigen Titelhelden von Daniel Defoes Roman "Robinson Crusoe" zurück, der nach einem Schiffbruch jahrelang auf einer einsamen Insel ohne Verbindung zur Außenwelt lebte.
Geschichte Die Robinson-Liste existiert seit 1971 und hat heute rund 760 000 Einträge. Bei rund 90 Prozent aller adressierten Werbesendungen an potenzielle Neukunden kommt die Robinsonliste des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV)zum Einsatz.
Eintragen Der Eintrag in die DDV-Robinsonliste ist kostenlos: Online-Antrag über www.ichhabediewahl.de, telefonisch unter der Nummer 07156/951010 (Band zeichnet Adresse auf, Antrag wird zugeschickt) oder per schriftlichem Antrag an folgende Adresse: DDV-Robinsonliste, Postfach 140 / 7143 Ditzingen