Wenn Traktoren-Träume in Birnbaum wahr werden
Autor: Veronika Schadeck
Kronach, Mittwoch, 09. März 2016
André Beez sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl. Als Lohnunternehmer hilft er auf Höfen aus. Jetzt wagt er den Schritt in die Selbstständigkeit.
André Beez ist kein durchschnittlicher Landwirt. Denn abgesehen davon, dass er auf einen Rollstuhl angewiesen ist, ist er als Lohnunternehmer unterwegs. Das bedeutet, dass er manchen Kollegen einzelne Arbeiten auf dem Hof abnimmt, anderen hilft er bei der Ernte.
Seit einigen Wochen hat Beez zusammen mit seinem Freund Rainer Schmidt eine eigene Firma gegründet. Beide wollen als Lohnunternehmer für Landwirte und vor allem für Kommunen tätig sein. Eigens für dieses Vorhaben wurde ein Traktor angeschafft: Ein 205 PS starker John Deere mit einem GPS-gesteuerten Lenksystem. Ein eigener Traktor und ein Ladewagen - bei diesen Worten blickt André Beez zufrieden drein.
Der Traum vom eigenen Traktor
Das Wort "Ladewagen" zieht sich wie ein roter Faden durch Beez' Leben. Im Jahr 2003 hatte er einen Unfall mit einem Ladewagen - seitdem sitzt er im Rollstuhl. Damals absolvierte er gerade eine Ausbildung zum Landwirt.Es folgten Wochen in der Uniklinik in Jena und ein Reha-Aufenthalt in Bayreuth. Als die Diagnose für ihn damals feststand, habe er sich möglichst schnell mit der Behinderung abgefunden, erinnert er sich. "Seit dieser Zeit hatte ich den Traum vom eigenen Traktor."
Von da an stand er mehrmals bei Eugen Kotschenreuther, der einen Betrieb für Landmaschinen in Neufang hat, auf der Matte. Immer wieder hat er damals angefragt, erinnert sich der Unternehmer. "Ich habe ihn immer wieder vertröstet." Eugen Kotschenreuther hätte damals Hemmungen gehabt, dem jungen Mann zu erklären, dass ein Traktor für ihn nichts sei. Da war zum einen seine Krankheit, zum anderen sei er zu jung gewesen, um so eine Investition amortisieren zu können.
Doch André Beez gab nicht auf und nahm Kontakt zu Rudi Neubauer in Reichenbach auf. Neubauer betreibt einen Bauernhof. Hier konnte Beez trotz seiner Behinderung das Traktorfahren lernen. Für dieses Vertrauen ist Beez noch heute dankbar. Schon nach kurzer Zeit konnte er auf dem Hof als Lohnarbeiter mithelfen. Im Zuge dessen lernte er seinen jetzigen Partner, den Pensionspferdehofbesitzer Rainer Schmidt aus Großvichtach, kennen.
Lift zum Führerhaus
Die Traktor-Sehnsucht wurde wieder größer. Diesmal besuchten die beiden Kotschenreuther als Team. "Die Zeit war jetzt reif", erinnert sich Kotschenreuther. Der Landmaschinen-Unternehmer habe erlebt, wie André Beez in all den Jahren gereift sei. Also gab es "keine Warteschleife" mehr. Doch bevor der Traktor angeschafft werden konnte, musste der junge Mann aufgrund seiner Behinderung nochmals den Führerschein machen. Kritisch erzählt Beez, dass Behinderte größere Anforderungen bewältigen müssten. Als er schließlich das begehrte Dokument in den Händen hielt, sei für ihn und seinen Partner klar gewesen, dass es "kein Traktor von der Stange sein soll". Beide haben sich wochenlang Gedanken über das Traktor-"Outfit" gemacht. Statt der üblichen gelben Felgen hat ihr Traktor Schwarze. An der Stelle, an der sonst das Markenlogo prangt, wurden gemalte Bilder von den beiden Jungunternehmern angebracht. Fasziniert ist Beetz, dass sein Bulldog über den Acker fahren kann, ohne dass dabei gelenkt werden muss.
Jungfernfahrt erfolgreich
"Die Elektronik", erklärt Beez, "führt den Traktor auf die richtige Spur und vermeidet Überlappungen oder das Auslassen von Ackerflächen." Die Jungfernfahrt hat der Traktor bereits hinter sich. Jetzt muss nur noch außen der Lift angebracht werden, damit Beez ohne Hilfe ins Führerhaus einsteigen kann. Eugen Kotschenreuther ist schon ein bisschen stolz, dass er dem Birnbaumer letztendlich doch noch zu seinem Traum verhelfen konnte. Er ist davon überzeugt, dass das Geschäftsmodell von Beez und Schmidt aufgehen wird, zumal beide schon ihre ersten Anfragen hätten.Durch die Partnerschaft können die beiden schnell und flexibel auf Hilfsanfragen reagieren und den Einsatz des Traktors optimieren.
Für André Beez geht es letztendlich nicht nur um seinen erfüllten Traktoren-Traum, der seit dem Unfall sein Leben beherrscht hat, sondern er ist davon überzeugt: "Es hat alles im Leben einen Sinn. Auch mit einer Behinderung kann man seinen Mann stehen und Träume verwirklichen."
Am übernächsten Wochenende wird Beez sein stolzes 205 PS starkes Gefährt der Öffentlichkeit vorstellen. Am Samstag, 19., und Sonntag, 20. März, feiert Kotschenreuther sein Frühlingsfest.