Wenn die Steine immer mehr bröckeln
Autor: Marian Hamacher
Kronach, Dienstag, 14. Februar 2017
Immer wieder lassen Privatleute ihre Ortsbild prägenden Immobilien verkommen. Doch um darin zu wohnen, sind oftmals teure Investitionen nötig.
Auf den ersten Blick fällt es gar nicht richtig auf. Mit seinen roten Ziegeln auf dem Dach wirkt das in die Jahre gekommene weiße Haus in der Andreas-Limmer-Straße 23 fast idyllisch. Wenige Schritte näher findet die vermeintliche Idylle aber ein jähes Ende: zersplitterte Fensterscheiben, abgenutzte Fensterrahmen und eine abgenutzte Holztür, die Energieberatern wohl Tränen in die Augen treiben dürfte.
Bewohnbar ist das Gebäude in diesem Zustand definitiv nicht. Nicht mehr. "Das steht schon länger leer, bestimmt schon zehn Jahre ", sagt Georg Köstner vom Leerstandsmanagement der Stadt Kronach.
Früher seien in dem denkmalgeschützten Haus ärmere Familien untergebracht gewesen. Die Kreideschrift über dem Türbalken lässt allerdings vermuten, dass den Sternsingern 2014 noch jemand die Tür geöffnet haben muss.
Wasserverbrauch gibt Hinweis
Vor ein oder zwei Jahren habe ein neuer Eigentümer das Gebäude gekauft. Was dieser damit vorhabe, könne er aber nicht sagen, so Köstner. Denn Eigentümer sind nicht dazu verpflichtet, der Stadt einen Leerstand mitzuteilen. Beim Wasserverbrauch sieht das aber schon wieder anders auch. "Dadurch bekommen wir es dann manchmal mit."Die Stadt verschickte auf dieser Grundlage Anschreiben an die ermittelten Hausbesitzer und fragte an, ob sie bei der Wiedervermietung behilflich sein könnte. An Objekten, die immer weiter vor sich hinbröckeln haben Kommunen schließlich eher geringes Interesse.
In einer Stadt wie Kronach, in der es an historischen Gebäuden nur so wimmelt, erst recht. "Wenn wir zwei Parteien zusammenbringen können, funktioniert das normalerweise recht gut", sagt Köstner, der so immer wieder dazu beiträgt, dass neue Mieter in leerstehende Wohnungen oder Geschäftsräume einziehen. "Der Rücklauf auf unser Anschreiben war aber verhalten, und einige wollten wissen, was uns das denn überhaupt angeht."
Rund 15 bis 20 Häuser im Kronacher Stadtgebiet sind derzeit ohne Bewohner, schätzt Köstner. Zwei weitere Beispiele finden sich in der Oberen Stadt und stehen sich im Grunde fast gegenüber. Dem Haus in der Amtsgerichtsstraße 20 - manchem Kronacher seit dem Stadtspektakel auch als "Schö-Du-Haus" ein Begriff - ist von Außen nicht anzusehen, dass der Marktwert für dieses der Bodenrichtwert ist. "Wegen den Fassaden im Inneren steht es unter Denkmalschutz. Da müsste man viel Geld in die Hand nehmen, um es zu sanieren", so Köstner. "Das wäre was für einen Investor wie Bernd Holzmann."
Von weitem erkennbar
Der Hotelbetreiber hat in der Oberen Stadt unter anderem das Kronacher Stadthotel "Pfarrhof" mit seinen Dependancen "Floßherrenhaus" und "Am Pförtchen" sowie das Brauhaus "s'Antla" wieder auf Vordermann gebracht. Dafür sei allerdings jedes Mal ein großer Spagat zu bewältigen, erklärte Holzmann, als Ende 2014 mit dem Altbau in der Amtsgerichtsstraße 10 die bislang letzte Erweiterung des Stadthotels in Angriff genommen wurde. Ein Spagat zwischen Denkmalschutz, Erneuerung, Modernisierung und wirtschaftlicher Nutzung.Doch nicht nur wirtschaftliche Gründe hätten bei der Entscheidung, zu investieren, eine Rolle gespielt. Denn abgesehen davon, neue Kapazitäten für die Stadthotels zu schaffen, sei er schließlich auch Kronacher, so Holzmann. Es gehe daher letztlich auch darum, denkmalgeschützte Gebäude zu erhalten, denn die Häuser in der oberen Stadt seien Teil der Kronacher Geschichte und gehörten somit zur Tradition seiner Heimatstadt. Auf einen neuen Investor wartet auch das sogenannte "Rubel-Haus" - nur einen Steinwurf vom "Schö-Du-Haus" entfernt. Schon seit Jahren ist es besonders auffällig.
Allerdings nicht wegen einer auffälligen Architektur, sondern wegen des an der Fassade angebrachten Gerüsts. "Horst Rubel wollte es herrichten. Es war auch alles mit dem Denkmalschutz abgesprochen und voll im Gange", erinnert sich Köstner.
Nachfrage bei neueren Häusern
Doch dann starb Rubel - und mit ihm das Projekt. "Ich denke, dass das oft familiäre Gründe sind, weshalb an einem Haus nichts mehr gemacht wird", sagt Köstner. Mal gehe es wegen des Alters nicht mehr, mal wegen einer geringen Rente oder des Einkommens. "Vielleicht war es auch einmal das Elternhaus, das man dann nicht einfach für 1000 Euro hergeben will." Zwar hat der Gesetzgeber eine Zumutbarkeitsschwelle definiert, die je nach Objekt individuell festgesetzt wird, teuer wird es für die Besitzer aber auch trotz finanzieller Unterstützung von staatlicher Seite. Neuere Gebäude sind daher deutlich mehr gefragt. "Die sind meist nicht lange auf dem Markt", sagt Köstner. "Da ist in Kronach die Nachfrage noch da. Denn wegen des hundertjährigen Hochwassers tun wir uns schwer, neues Bauland auszuweisen."
Der Grund: Seit 2013 gibt es eine Verordnung des Landratsamts, die das im Bereich der drei Flüsse Kronach, Haßlach und Rodach untersagt. Ewig dürfen die wenig begehrten historischen Häuser aber nicht ihrem Schicksal überlassen werden. Sobald Gefahr droht, hat die Stadt die Möglichkeit, sogenannte Notsicherungsmaßnahmen anzuordnen. "Zum Beispiel, wenn am Dach nichts gemacht wird", sagt Köstner. Ansonsten bleibe der Kommune aber nicht viel mehr übrig, als zu beobachten. Im Zweifelsfall müsste die Stadt Objekte erwerben, um Zugriff zu haben. "Aber da hat man in der heutigen Zeit kaum noch Mittel für."