Seit einer Tarif- und Technikumstellung des Telefonanschlusses am 7. November ist das Nachhilfeinstitut von Heide Franz nicht mehr erreichbar. Die Telekom arbeitet an dem Problem - aber wie lange dauert das noch?
Es gibt Tage, da steht das Telefon von Heide Franz nicht still. Das sorgt bei ihr und ihrer Tochter Jutta Lieb bisweilen für emsige Betriebsamkeit. Seit 7. November klingelt das Telefon nicht mehr - und das nervt die beiden Damen ziemlich.
Die beiden betreiben nämlich ein Nachhilfeinstitut in der Kronacher Rosenau und sind auf telefonische Erreichbarkeit angewiesen. Wie sollen die Nachhilfeschüler oder deren Eltern sich sonst anmelden, Termine vereinbaren oder diese verlegen? Obwohl: Manche kommen persönlich vorbei, aber das sind nicht viele.
Eigentlich wollte Heide Franz nur den Telefontarif umstellen, um Telefongebühren zu sparen, aber nun geht gar nichts mehr. Seltsamerweise funktioniert das Internet, Fax und Telefon tun das jedoch nicht. Jutta Lieb erzählt, wie sich die ganze Geschichte zugetragen hat: Im September rief jemand von der Telekom bei ihnen an und schlug vor, den Tarif zu wechseln und einen zu nehmen, bei dem eine Flatrate vom Festnetz zu Handynummern inklusive sei. Das klang plausibel, denn die Monatsrechnung betrugen vorher zwischen 70 und 90 Euro, weil Heide Franz und Jutta Lieb oft bei Schülern auf deren Handy anrufen müssen. Mit der Flatrate wären pro Monat 43,95 Euro Pauschale fällig gewesen.
Termin mehrmals verschoben Der Umstellungstermin wurde mehrmals auf Wunsch der Telekom verschoben: vom 29. September auf den 7. November und wenige Tage vor diesem Tag auf den 10. November. Am 6. November kam das Speedport, das für den Anschluss nötig war. Am 7. November rief ein Techniker aus dem Knotenpunkt der Telekom in der Maximilian-von-Welsch-Straße in Kronach bei Heide Franz an und sagte, dass er jetzt umstelle. Die war überrascht und bat, das doch - wie vereinbart - am 10. zu machen, doch der Mann am anderen Ende der Leitung sagte, das mache er jetzt. Basta. Also fragte Heide Franz bei der Firma Kaim-Denzner an, ob diese das Speedport gleich anschließen könne. Ein Mitarbeiter kam sogar in seiner Mittagspause vorbei und konfigurierte das Speedport.
Umstellung auf IP-Technologie Dietrich Denzner bestätigte, dass es manchmal Probleme beim Technikwechsel gebe. Bei Privatleuten wirke sich das nicht so schlimm aus wie in einer Firma. Er habe den Fall auch an einen Außendienstmitarbeiter der Telekom, der zufällig im Geschäft vorbeigeschaut habe, als besonders dringlich geschildert. Denzner sagte auch, dass bei Heide Franz von ISDN auf IP umgestellt worden sei. Die Telekom wolle bis zum Jahr 2018 alle analogen und ISDN-Anschlüsse auf die IP-Technologie umstellen. Aber genau das wollten die beiden Damen gar nicht und waren baff, als sie durch unsere Zeitung davon erfuhren, dass nicht nur der Tarif, sondern auch die Technik umgestellt wurden.
Heide Franz und ihre Tochter wurden seit 7. November immer wieder von Mitarbeitern der Telekom vertröstet, doch es tat sich nichts. Die Telekom entschuldigte sich dafür, dass es ein Problem in einer Schnittstelle gebe, das baldmöglichst behoben werde. Man arbeite mit Hochdruck daran. Doch das Telefon blieb still. Schließlich beschwerte sich Heide Franz sogar beim Vorstand der Telekom in Bonn, schaltete MdB Hans Michelbach (CSU) und unsere Zeitung ein. Die Mitarbeiterin im Vorstand der Telekom, die mit dem Fall betraut ist, wollte keine Auskunft geben, auch nicht allgemeiner Art und verbat sich, dass ihr Name in der Zeitung genannt werde.
Heide Franz und Jutta Lieb betrieben derweil Krisenmanagement: Jetzt dient das Privathandy von Jutta Lieb als Notfallhandy, dessen Nummer (0171/3202139) und eine zweite Handynummer (0176/ 54333248) auf der Homepage des Nachhilfe instituts Franz (
www.nachhilfeinstitut-kronach.de) als Kontaktnummer angegeben ist. Und wirklich: Während wir mit Jutta Lieb über das Telefonproblem sprachen, klingelte dieses Handy und die Mutter einer Schülers war heilfroh, nach fünf Tagen erfolgloser Versuche, per Festnetz anzurufen, endlich im Internet die Handynummer entdeckt zu haben.
Auf das Telefon angewiesen "Wir sind auf das Telefon angewiesen. Das ist unser Geschäft", betonte Jutta Lieb. "Von sich aus hat sich die Telekom nur einmal bei uns gerührt. Wir haben mehrfach angerufen", beschreibt Heide Franz die unglücklich verlaufene Kommunikation. Was die beiden Frauen bemerkt haben, ist ein abrupter Rückgang der Neuanmeldungen: "Das ist wie abgeschnitten!" Jutta Lieb zeigt die Mappe mit den Anmeldungen zum Nachhilfeunterricht. Im September sind das zwei eng beschriebene Seiten, für November nur wenige Zeilen. "Wir haben pro Tag 40 bis 50 Schüler bei uns, pro Monat 20 bis 40 Neuanmeldungen. Zurzeit sind es insgesamt 180 Schüler, die von 27 Lehrkräften betreut werden. Im Sommer sind das sogar etwa 300 Schüler", berichtet Heide Franz. Es sei nicht zu beziffern, wie hoch der Schaden für das Nachhilfeinstitut sei. Den wolle die Telekom zwar tragen, aber wie solle man die, die anrufen, aber nicht durchkommen, zählen?
Die Antwort der Telekom Die Telekom-Presseabteilung bestätigte auf Anfrage, im Zuge eines Tarifwechsels sei der Anschluss von Heide Franz auf IP-Technik umgestellt worden. Durch einen Schnittstellenfehler im System sei der Anschluss seit dem Termin der Umstellung ohne Funktion. Eine Anrufweiterschaltung auf Handy sei in diesem speziellen Fall technisch nicht möglich.
Seit einiger Zeit vermarkte die Telekom, wie auch die anderen Anbieter, nur noch IP-basierte Anschlüsse. "Bis Ende 2018 werden wir unser Netz ganz auf IP (Internet Protokoll) umgestellt haben. Wir machen unsere Netzinfrastruktur damit fit für die Herausforderungen der Zukunft. Für den Kunden ergeben sich völlig neue Möglichkeiten: Die Daten werden noch schneller übertragen, Fernsehprogramme laufen in HD und der Anschluss verfügt über mehrere Rufnummern. Bereits heute nutzen mehr als drei Millionen Kunden in Deutschland die neuen IP-Anschlüsse der Telekom", schrieb die Pressesprecherin der Telekom.
Warum geht die Telekom diesen Schritt? "Wir brauchen den Umstieg auf IP. Die bisher eingesetzte Technik und die Vielzahl von Plattformen, die historisch gewachsen sind, werden den Ansprüchen einer digitalen Gesellschaft in zunehmendem Maße nicht mehr gerecht. Darüber hinaus werden wir in absehbarer Zeit keine Ersatzteile mehr für die herkömmliche Technik bekommen, weil auch die Systemhersteller ihre Produktpalette auf die zukunftssichere IP-Technik umstellen. Es wäre fahrlässig, davor die Augen zu verschließen", wurde uns mitgeteilt.
Der Kundenservice der Telekom halte Kontakt mit Kundin Heide Franz. Ihr Fall sei in bevorzugter Bearbeitung, man könne die Bearbeitungsdauer aber derzeit nicht absehen. "Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für unsere Kundin und bitten um Geduld", schrieb man uns.
Wer hat noch Probleme mit dem Telefon? Recherchen unserer Zeitung ergaben, dass es eine Reihe von Problemen bei Telefonumstellungen gibt. Im Internet klagen User darüber, dass auch bei ihnen der Anschluss auf IP-Technologie umgestellt wurde, obwohl sie das gar nicht wollten. Und dann war die Leitung tot.
Wenn auch Sie, liebe User, ähnliche Probleme mit dem Telefon haben, melden Sie sich bitte bei der FT-Redaktion Kronach unter der E-Mail-Adresse redaktion.kronach@infranken.de oder schreiben Sie einen Kommentar zur entsprechenden Meldung auf unserer Internetseite.