Druckartikel: Was kommt nach dem Abitur für Jugendliche aus Kronach?

Was kommt nach dem Abitur für Jugendliche aus Kronach?


Autor: red

Kronach, Mittwoch, 15. Oktober 2014

Das Abizeugnis in der Tasche und die Welt steht einem offen - soweit die Theorie. Doch nicht jeder weiß sofort, wohin die Reise gehen soll. Wir haben uns unter den Abiturienten umgehört.
Was darf bei einem Trip durch Australien nicht fehlen? Natürlich - ein Känguru! Auch Linda hat bereits Bekanntschaft mit einem der flauschigen Beuteltiere machen können. Foto: privat


Es ist noch nicht allzu lange her, als viele junge Menschen aus dem Landkreis ihr Abitur gemacht haben. Viele arbeiten gezielt auf diesen Tag und das hin, was danach kommen wird. Andere wiederum haben selbst mit der Hochschulreife in der Tasche noch keine genaue Vorstellung, wohin die Bildungsreise danach weiter führen soll. Wir haben uns umgehört, was die Abiturienten mittlerweile machen.

"Ich war mir schon immer sicher, nicht gleich studieren zu wollen, da ich zunächst etwas praktische Erfahrung sammeln möchte, bevor ich mich für einen Studiengang entscheide", erklärt die 19-jährige Sophia Zoll aus Thonberg. Außerdem wollte sie unbedingt ins Ausland, weshalb sie sich auch bewusst für einen EFD (Europäischen Freiwilligen-Dienst) und nicht für das im Inland stattfindende FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) beworben hat. So leistet sie seit 1. September bis voraussichtlich Ende Juni 2015 ihren Dienst beim "Institut St. Joseph Betzdorf" in Luxemburg. "Ich arbeite momentan in einer Lebensgemeinschaft für junge Erwachsene mit geistiger Behinderung", erzählt Sophia. Ihre Aufgabe ist es, die acht Bewohner der Einrichtung bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen sowie deren Freizeit sinnvoll mitzugestalten. "Mir gefällt hier besonders, dass man Einblicke in die verschiedensten Bereiche der Arbeit mit geistig Behinderten bekommt. Von Lernbehinderungen bis hin zu schweren geistigen und körperlichen Behinderungen lernt man hier alles kennen." Trotz Arbeitsschichten am Wochenende ist sich Sophia sicher, auch später im sozialen Bereich tätig sein zu wollen, wenngleich nicht als Betreuerin. "Es ist aber sehr interessant, ein Jahr Einblicke in dieses Gebiet zu bekommen." Vielmehr stellt sie sich ein Studium vor und denkt dabei an Psychologie.

Sechs Monate auf Achse

Sechs Monate lang war die 20-jährige Linda Weisse aus Tüschnitz mit ihrer Freundin Jessika Förner "down under" unterwegs - fünf Monate in Australien, drei Wochen in Neuseeland und eine Woche in Kuala Lumpur in Malaysia. "Um dieses Abenteuer zu finanzieren, geht man meist vor Ort auf Jobsuche und lernt so auch während der Arbeit viel über Land und Leute", erklärt Linda. "Work and Travel" (übersetzt "arbeiten und reisen") nennt sich diese Form eines Auslandsaufenthalts. Anders als zum Beispiel bei AuPair-Programmen in einer Gastfamilie sei man viel ungebundener und könne seine eigene Reiseroute selbst bestimmen. "Ich fand es spannend, komplett auf sich selbst gestellt und dabei weit weg von zu Hause zu sein", betont Linda. Sie erzählt von Landschaften, die es so kein zweites Mal auf der Welt gibt, von der Erfahrung, einen echten Koala auf dem Arm zu halten, mit Meeresschildkröten zu tauchen oder mit dem Helikopter über das Outback Australiens zu fliegen. "Wenn ich so zurückdenke, könnte ich noch hunderte Dinge aufzählen, die es absolut wert waren, diese Reise anzutreten." Gelernt habe sie vor allem, das Leben zu genießen und auch mal ohne Plan und Ziel weiterzugehen. "Ich kann sagen, ich würde es jederzeit wieder machen."

"Für mich war schnell klar, dass ich mal in den Bereich Informatik will. Schon als Kind wollte ich unbedingt Computerspiele-Erfinderin werden", berichtet die 18-jährige Lena Witterauf aus Kronach. Im dreimonatigen Wechsel studiert sie seit September angewandte Informatik an der dualen Hochschule Baden-Württemberg und verbringt die sogenannten Praxisphasen bei der Softwarefirma SAP in Karlsruhe. Das duale System in Baden-Württemberg gefiel ihr von Anfang an sehr gut. Der Unterschied zu dem bayerischen System sei, dass man auch während der Uniphasen voll bezahlt wird, während man in Bayern nur ein kleines Stipendium erhalte. Dies habe allerdings auch Nachteile. "Ich kann nicht einfach wie andere Studenten sagen, heute geh' ich mal nicht in die Uni." Schlechte Noten an der Uni seien sogar ein Kündigungsgrund. Studium und Ausbildung gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen, sei schon stressig, sagt Lena. Aber die positiven Aspekte überwiegen ihrer Ansicht nach dennoch. "Durch das duale System habe ich die Chance, an realen Projekten mitzuarbeiten, wie zum Beispiel an einem Programm für Preisprognosen, an dem ich demnächst arbeiten werde. Dieses Programm wird dann von hunderten Menschen genutzt werden. Dieser Gedanke gefällt mir sehr", erklärt sie stolz. Unter ihren 19 Kollegen ist sie eine von zwei jungen Frauen, jedoch hätte sie nie ein Problem darin gesehen. "In der Schule war ich ja auch schon immer alleine im Informatik-Kurs gesessen", erinnert sie sich. Manchmal vermisse sie das "kleine, süße Städtchen Kronach mit dem schönen Dialekt und den Bratwürsten" aber schon, wie sie es liebevoll beschreibt.

Lebensmitteltechnologie

Der große Bruder eines dualen Studiums ist das klassische Bachelorstudium an einer Universität. Die 19-jährige Annika Schwämmlein aus Beikheim hat sich für ein Studium der "Lebensmitteltechnologie" in Freising entschieden. "Ich interessiere mich schon länger für Lebensmittel und wie diese hergestellt werden. Ich mochte schon immer Chemie und fand Physik und Mathematik auch nicht schlecht", sagt sie. Da Lebensmittel heute anders konsumiert werden als noch vor ein paar Jahren, sei es wichtig, die Herstellungsprozesse stetig zu optimieren und zu erneuern, um eine gute Qualität zu garantieren. Damit beschäftigt sie sich in ihrem Studiengang in Freising.

Freising erinnert an Kronach

Die Stadt selbst sei "schön im Grünen gelegen", wie Annika beschreibt. "Mich erinnert Freising ein bisschen an Kronach, auch wenn es größer ist. Aber dadurch, dass es so grün gelegen ist, fühlt man sich doch etwas heimisch". Ihre Pläne für die Zukunft sind noch eher ungewiss. Zunächst möchte sie Spaß am Studium haben und bis zum Bachelor kommen. "Am liebsten würde ich später in einer Fabrik arbeiten, die Süßwaren oder Kuchen herstellt. Wenn ich in Kronach oder Umgebung die Chance auf einen guten Job habe, würde ich gerne wieder dorthin ziehen. Wenn ich aber woanders meinen Traumberuf finde, ist es auch okay."