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Was dürfen Rettungskräfte im Kreis Kronach im Privatwagen?


Autor: Marco Meißner

Kronach, Dienstag, 29. August 2017

Die Rettungsorganisationen haben im Verkehr Sonderrechte - teilweise auch im Privatwagen. Doch was genau ist ihnen erlaubt? Wir fragten nach.
Auch im Privatwagen haben Rettungskräfte Sonderrechte. Allerdings dürfen sie diese nur mit gebührender Vorsicht nutzen. Foto: Klaus Schmitt


Ein Auto kommt recht flott gefahren. Es hält in der Schwedenstraße nahe der Kreuzung zur Klosterbrücke. Da geht es nun eng zu, weil schon zwei andere Wagen davor stehen. Einigen Passanten ist die Verwunderung anzusehen. "Dürfen die das einfach so?", scheinen sie sich zu fragen. Die Antwort ist ja. Denn die Parkenden wollen Leben retten. Sie sind Feuerwehrleute im Einsatz. Einen Persilschein für eine gefährliche Fahrweise haben sie deshalb aber nicht. Doch was ist Rettungskräften im privaten Wagen überhaupt erlaubt?

"Wir haben auch auf dem Weg zum Gerätehaus Sonderrechte", erklärt Kreisbrandrat Joachim Ranzenberger für die Feuerwehren. Er selbst schiebt allerdings sofort ein großes "Aber" nach. "Aber natürlich mit Maß und Ziel." Die anderen Verkehrsteilnehmer wüssten ja nicht, dass da ein Retter in zivil unterwegs ist. Deshalb müssten die Sonderrechte hinter den Faktor Sicherheit zurückgestellt werden. "Da heißt es, lieber eine halbe Minute später, dafür aber sicher ankommen." In vielen Fällen erfolge die Anfahrt ohnehin innerorts, wo sich meistens nicht viel Zeit herausholen lasse.

Wenn niemand gefährdet wird und es dem Einsatz dient, dann hält Ranzenberger das Nutzen der Sonderrechte natürlich für sinnvoll. Hierfür braucht es auch kein Blaulicht und kein Martinshorn. Das bestätigt Gerhard Anders, Pressesprecher der Kronacher Polizei: "Die Straßenverkehrsordnung sagt, dass die Einsatzkräfte von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit sind." Voraussetzung dafür ist laut Anders, dass hoheitliche Aufgaben wahrgenommen werden. Sprich: Es geht in diesem Moment um Leib und Leben oder die öffentliche Sicherheit ist in Gefahr.


Wer darf Sonderrechte nutzen?

Ab der Alarmierung werden den Einsatzkräften dann die Sonderrechte gewährt - auch im Privatwagen. Etwas Kurioses, was viele nicht wissen: "Die Sonderrechte gelten auch für Fußgänger und Radfahrer." Auf diese Rechte können sich Angehörige der Polizei, der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Feuerwehren, des Zolldienstes, des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes berufen, wie Anders ausführt.

Allerdings betont auch der Polizeibeamte: "Die Verkehrssicherheit muss berücksichtigt werden." Weiterhin werden einige gesetzliche Vorgaben durch die Sonderrechte nicht aufgehoben. "Es heißt zum Beispiel nicht, dass jemand betrunken ans Steuer darf. Es betrifft auch keine Vorschriften wie ein Fahrverbot bei einem Führerscheinentzug."

Dass die Sonderrechte im Ernstfall eine große Hilfe für die Rettungskräfte sein können, weiß der Kommandant der Kronacher Feuerwehr, Martin Panzer. Das Ziel seiner Wehr sei es letztlich, in Kronach den gleichen Schutz bieten zu können, wie es in einer Großstadt der Fall ist. Dazu gehört das schnelle Erreichen eines Einsatzortes mit ausreichend Einsatzkräften.


Nicht jeder zeigt Verständnis

Manche Mitbürger zeigen dafür offenbar wenig Verständnis. Die eine oder andere Beschwerde trudelt beim Kommandanten schon ein. "Dabei sind die Menschen ja auch froh, wenn's bei ihnen brennt und wir kommen", stellt Panzer fest. Wieder andere wüssten gar nichts von den Sonderrechten der Feuerwehrleute. Gerade wegen dieser verbreiteten Unkenntnis schärft Panzer seinen Kameraden für die Anfahrt zum Gerätehaus ausdrücklich ein: "Wir müssen vorsichtig sein, weil wir kein Blaulicht und kein Martinshorn haben." Jährlich gebe es bei der Feuerwehr deswegen Unterweisungen - die seien sogar vorgeschrieben - um den Einsatzkräften stets das richtige Verhalten am Steuer vor Augen zu führen.

Joachim Ranzenberger beschränkt diesen Aufruf zur Vorsicht nicht nur auf die Fahrten im Privatwagen, sondern auch auf die Einsatzfahrt unter Sondersignalen. "Martinshorn und Blaulicht sind kein Freibrief. Im Einsatz geht's um viele Leben. Auch da sollte man mit Bedacht fahren."

Wenn dann mal ein Hilfeleistender etwas schneller unterwegs ist oder ungünstig parkt, sollte die Bevölkerung jedoch ebenso mit Bedacht reagieren. Denn vielleicht ist er gerade dabei, das Leben von Mitbürgern zu retten. Und irgendwann könnte man selbst in einer Notlage diese Hilfe benötigen. Und das möglichst schnell.