Wallfahrt in Neuengrün: Frieden ist ein großes Geschenk
Autor: Michael Wunder
Neuengrün, Sonntag, 04. Sept. 2016
Urlaub in Frankreich - was heute problemlos möglich ist, war nch vor 100 Jahren undenkbar. Denn damals war man vom Frieden weit entfernt.
Vielfältige Erfahrungen hat Pfarrer Michael Dotzauer bei seiner einjährigen Fortbildung in Frankreich gemacht. Als Festprediger der 71. Friedenswallfahrt erinnerte der künftige Spiritual des Priesterseminars Bamberg an Geschehnisse in den beiden Weltkriegen und ging auch auf die derzeitige Lage in der Welt ein.
Geistliche unterlagen früher der Wehrpflicht
Vor genau 100 Jahren, als der Erste Weltkrieg Europa zerriss, wäre ein solches Studium wie das von Dotzauer am Institut Notre-Dame de Vie bei Avignon unmöglich gewesen. Damals waren viele katholische Priester als Seelsorger auf beiden Seiten an der Front bei den Truppen eingesetzt. Im benachbarten Frankreich galt aufgrund der zerrütteten Verhältnisse zwischen Kirche und Staat die allgemeine Wehrpflicht für Geistliche. Noch heute finden sich in Frankreich die Namen von etwa 5000 gefallenen Priestern auf Gedenktafeln wieder.
Heute, 100 Jahre später, hat sich die Lage zum Glück wesentlich geändert. "Meine beiden Großväter waren im Ersten und mein Vater im Zweiten Weltkrieg Kriegsgefangene in Frankreich. Dort konnte ich jetzt ohne Visum und Anmeldung ein Jahr verbringen, es gab keine Spur von Ablehnung gegen Deutsche", sagte Dotzauer.
Der Frieden kommt nicht von allein
Heute sei es selbstverständlich, dass viele ins Nachbarland zum Urlaub oder zum Pilgern reisen. Dank des Friedens sei es kein Problem, die Wallfahrtsorte Lourdes oder La Salette aufzusuchen. Die jetzige Generation könne es nicht mehr begreifen, dass sich die Länder über Jahrhunderte bekriegt haben. Der Friede sei aber nicht selbstverständlich und sei auch nicht von alleine gekommen.
Der Festprediger verglich den Frieden mit einem Haus. Dieses baue sich auch nicht von alleine, und wenn es niemand instandhalte, verwahrlose es und stürze irgendwann ein. Ähnlich sei es mit dem Frieden, er hänge auch von den Menschen ab, die sich dafür einsetzten und dafür arbeiten. Die Friedenswallfahrt am Friedenskreuz in Neuengrün, früher als Heimkehrerwallfahrt bekannt, sei deshalb auch ein kleines Zeichen für den Frieden, den Jesus bringe, wenn man sich auf ihn einlasse.
Ein Geschenk Gottes
In der Bibel, so Michael Dotzauer, werde der Friede wie eine Zusammenfassung von allem Guten beschrieben, das Gott schenkt. Als Summe des Heils, als vollkommener Zustand der Gottesherrschaft. Als etwas, das nur Gott selbst bewirken kann. Der wirkliche, echte, dauerhafte Friede sei ein Geschenk Gottes, so Dotzauer. "Wir dürfen dieses Geschenk empfangen und weitergeben und daran mitarbeiten, dass dieser Friede Gottes in der Welt umgesetzt wird."
Als ein Friedensstifter nach dem Bild Jesu habe sich auch der Karmeliterpater Henri Grialou mit dem Ordensmanen Marie-Eugene erwiesen. Er werde am 19. November selig gesprochen. Die Kirche erkenne damit offiziell an, dass er zu denen gehört, die voll und ganz verwirklicht haben, was Jesus für die Menschen gewollt hat. Dass er wahrhaft ein Friedensstifter war, jemand, der den Menschen geholfen hat, den Frieden Gottes in ihrem Leben anzunehmen und ihn weiterzugeben.
Friedensstandarte übergeben
Zur 71. Friedenswallfahrt konnten der Ortspfarrer Pater Jan Poja und der neue Dekanatsratsvorsitzende Christian Behner eine stattliche Anzahl von Besuchern im Gotteshaus begrüßen. Zuvor hatten sie die Teilnehmer am Ortsrand abgeholt. Die Friedensstandarte übergaben Vertreter des Seelsorgebereichs Oberes Rodachtal an den Pfarreien-Verbund Kronach-Süd.
Klaus Wunder aus Steinwiesen meinte nach einem geschichtlichen Rückblick, dass man das Versprechen eingehalten habe und monatlich eine Betstunde für den Frieden in der Welt in einer der neuen Pfarreien durchgeführt habe.
Gudrun Kalter bezeichnete es im Namen der sieben südlich von Kronach gelegen Pfarreien als Ehre die Friedensstandarte zu übernehmen. Man werde das kostbare Gut annehmen und die Geschichte fortführen. Den drei Betstunden schloss sich die Prozession zum Friedenskreuz an.
Zufrieden zeigte sich auch der langjährige Dekanatsratsvorsitzende und Organisator Heinz Hausmann. Mit der in seinem letzten "Dienstjahr" eingesetzten Änderung, die Friedensstandarte an Seelsorgebereiche zu geben, komme diese auch in kleine Kirchengemeinden.