Druckartikel: Wallenfels war einst eine Bergbau-Stadt

Wallenfels war einst eine Bergbau-Stadt


Autor: Marco Meißner

Wallenfels, Donnerstag, 06. August 2015

Die Flößerstadt Wallenfels war einst auch eine Stadt des Bergbaus. Dieser Teil der Vergangenheit wird auf einem Geopfad am Silberberg sichtbar. Die Stollen sind heute allerdings nicht mehr begehbar und teilweise gar nicht auffindbar.
Harald Tragelehn und Birgit Gmelch haben bei ihren Rundgängen auf dem Geopfad Silberberg auch ein Auge für Tiere und Pflanzen, wie hier für eine Traubeneiche. Foto: Marco Meißner


Steine können die interessantesten Geschichten erzählen: die Geschichten unserer Welt und des Lebens auf der Erde. Doch müssen diese Informationen erst einmal entziffert werden. Für Harald Tragelehn kein Problem. Wenn er mit seiner Lebensgefährtin Birgit Gmelch den Geopfad am Silberberg entlang wandert, liest er aus der Landschaft wie aus einem geologischen Fachbuch.

"Ich hab's ja gelernt", scherzt der Geologe, der in der Flößerstadt zu Hause ist. Die "Flößerstadt" - bei diesem Begriff kommt er gleich auf den Punkt. Die Flößerei sei - zu Recht - in aller Munde, wenn es um Wallenfels gehe. Dass die Region auch geologisch faszinierend sei und der Bergbau dort eine große Rolle gespielt habe, sei hingegen sogar vielen Einheimischen nicht bewusst. "Wir haben hier über 150 verschiedene Gesteinsabfolgen", sagt Tragelehn.

"Wenn man Nordamerika durchquert, findet man weniger Gesteinsabfolgen als hier auf 30 Kilometern."


Erinnerung wieder geweckt

Ein Stück weit in den Wald versetzt, liegt das so genannte Schmiedsgrund-Konglomerat mit seinen steil gestellten Gesteinsschichten. Früher wurde dort das harte Material als Baustoff abgetragen. "Die Geologen kennen es, die Wallenfelser kannten es nicht mehr", weist Tragelehn darauf hin, wie schnell das Bewusstsein der Menschen für die eigene Vergangenheit schwindet. Dank des Geopfads sind Geologie und Bergbau rund um Wallenfels nun wieder mehr im Gespräch.

Beim Anblick der Felswand räumt der begeisterte Aktive des Frankenwaldvereins gleich noch mit einem Irrglauben auf: "In der Geologie steckt die Zeit nicht in den Schichten, sondern dazwischen." Das Material einer Schicht könne sich ganz schnell ablagern, dann könne es aber durchaus Tausende Jahre dauern, bis sich eine weitere Schicht darüber bilde. Deshalb seien die Fugen viel aussagekräftiger für das, was sich in der Erdgeschichte getan habe.


Blick geht Millionen Jahre in die Vergangenheit

Dass am Silberberg einiges los war, zeigt sich an vielen Stellen. Am Fuß des Berges, nahe dem Rastplatz an der Bundesstraße 173, zeigt Tragelehn eine Stelle in der Felswand, an der sich rotbraunes Gestein mit schwarzem abwechselt. Dort hat es ein "Kellwasser-Ereignis" gegeben. "An der schwarzen Stelle starben viele Tiere aus", blickt Tragelehn in eine Zeit vor rund 370 Millionen Jahren zurück, die sein wissenschaftliches Steckenpferd ist. Warum es in der Periode des Oberdevon zu diesem Aussterben gekommen ist, kann laut Tragelehn noch nicht mit Gewissheit gesagt werden. "Es hat aber auf jeden Fall mit dem Klima und dem Meeresspiegel zu tun."

Weiter oben auf dem Berg spricht der Geologe von der "jüngeren" Vergangenheit: "So wie der Frankenwald heute aussieht, gibt es ihn erst seit zwei Millionen Jahren." An einem Aussichtspunkt lässt Birgit Gmelch ihren Blick über die im Talkessel eingekeilte Stadt streifen. Sie erinnert an eine Redewendung, dass wir im Frankenwald keine Berge hätten, sondern nur Täler. "Und dass es Täler gibt, liegt nur an den Flüssen." Die hätten sich einfach ihren Weg freigespült, bemerkt die Landschaftsführerin.


Viele Stellen weisen auf Bergbau hin

Nach dem Wasser gruben sich die Menschen durch die Felsen des Frankenwaldes. So auch am Silberberg, der im 13./14. Jahrhundert erstmalig als "Stiftsberg" genannt wurde, wie Tragelehn feststellt. Der Name zeigt, dass dem Berg schon vor langer Zeit eine große Bedeutung beigemessen wurde. Bereits auf den ersten Bergbau-Urkunden um 1400 wurden die Stollen am Silberberg als "alt Gebeue" bezeichnet. Inzwischen sind bereits an 14 verschiedenen Stellen auf dem Berg Spuren des Bergbaus gefunden worden. "Um Wallenfels herum weiß man von circa 70 Stellen", ergänzt Tragelehn.

Auf dem Silberberg wurde der Bergbau auf drei so genannten Störungen (strukturelle Veränderungen des Gesteinsverbandes) betrieben, die sich über den Berg ziehen. "Silber, Blei und Antimon für den Buchdruck" wurden dort gefördert, wie Birgit Gmelch weiß. Und Harald Tragelehn ergänzt, dass sich dieses Silber wohl in bischöflichen Münzen wiedergefunden habe. Aber auch die beiden anderen Rohstoffe hätten in der Region eine große Rolle gespielt. "Hier ist eigentlich die einzige Stelle, an der Blei und Antimon gemeinsam auftauchen. Die ersten Drucker in Bamberg und Nürnberg haben daher wohl mit Material von hier gedruckt", erklärt der Mann, der selbst keine Bücher, sondern nur Steine zum Lesen in der Erdgeschichte braucht.


Infos zum Geopfad Silberberg

Der Einstieg in den Geo pfad Silberberg, der zum Geopark Schieferland gehört, erfolgt am Ortseingang von Wallenfels aus Richtung Kronach kommend. Dort ist ein Wanderparkplatz als Startpunkt zu finden.

Die Kronacher Servicestelle des Geoparks ist am Landratsamt angesiedelt (Telefon 09261/678442). Geführte Wanderungen auf dem Geopfad Silberberg vermittelt der Tourismusverband Oberes Rodachtal (Telefon 09262/1538).

Die erste Förderung von Rohstoffen am Silberberg - von der man weiß - lässt sich ungefähr auf das Jahr 1350 festlegen. Die Bergbau-Hochphase bildeten das 15. und 16. Jahrhundert. 1917 gab es einen letzten Versuch, den Bergbau wieder anzukurbeln, doch dieser schlug fehl.

Der Eingang zur Carlszeche ist heute noch zu erkennen. Laut den Akten war die Carlszeche drei Stockwerke tief und reichte fast bis Steinwiesen.