Vor 100 Jahren: Der Erste Weltkrieg hinterließ seine Spuren in Kronach
Autor: Marco Meißner
Kronach, Donnerstag, 15. November 2018
Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg. Kronachs Museologe Alexander Süß lässt die Zeit anhand historischer Gegenstände aufleben.
Am 11. November 1918 schwiegen die Waffen. Der Erste Weltkrieg endete. Er hinterließ nicht nur in der Ferne an der Front und im Staatswesen der Verlierer Spuren, sondern auch in der Heimat der Soldaten, beim "kleinen" Bürger.
Alexander Süß, der Museologe der Stadt Kronach, zeigt Stücke aus dem damaligen Leben, die Geschichten und Geschichte erzählen. Er berichtet von einer anfangs gewinnbringenden Rüstungsproduktion und einer glücklichen Begebenheit, ebenso von Toten und Verletzten und der späteren Notlage: "Es war schlimm auf dem Land. Die Menschen waren ohnehin nicht wohlhabend, die Männer fehlten und die Lebensmittel wurden knapp."
Auf Krieg umgeschaltet
;Die heimischen Betriebe mussten auf den Beginn des I. Weltkrieges reagieren. In so mancher Firma, die zuvor zivile Güter hergestellt hatte, legten die Verantwortlichen den Hebel auf Kriegsproduktion um.
Ein Beispiel hierfür ist die frühere Maschinenfabrik Endres, die plötzlich Hülsen für Granaten fertigte. Alexander Süß liest in seinen Quellen von "200 Granaten und Schrapnells", die das Werk täglich verließen. Das Gebäude am Zusammenfluss der Haßlach und der Kronach wurde aus dem gleichen Grund auch als "Granatenvilla" bezeichnet. Die ganze Region, die unter anderem für ihre Korbwaren bekannt war, lieferte plötzlich Geschosskörbe (im Bild), Uniformen und Bretter für Schützengräben an die Front. Zu Beginn des Krieges wurde damit auch ordentlich Geld verdient.
Menschen improvisieren
;So schnell ab 1914 für den Krieg produziert wurde, so schnell fanden die Menschen 1918 wieder zum Alltag in Friedenszeiten zurück - wenn auch im Zeichen der Niederlage unter erschwerten Umständen.
"Noch vor Kriegsende wurde die Produktion wieder auf Frieden umgestellt", berichtet Alexander Süß. Wo in den Jahren zuvor oft die Frauen und Kinder die Plätze der als Soldaten dienenden oder gefallenen Männer einnehmen mussten, um Geld und Brot für das tägliche Leben zu erwirtschaften, kehrten nun die Überlebenden des Krieges zurück. Der Arbeitsmarkt in der Region konnte sie gut aufnehmen, weshalb die Lage verhältnismäßig ruhig blieb. Dabei hatte es im Vorfeld bereits Gespräche für die Bezirke Kronach und Teuschnitz gegeben, wie die Leute im Feld wieder in das zivile Leben eingegliedert werden können, um Unruhen zu verhindern. Die Demobilisierung gelang jedoch friedlich, die Stahlhelme wurden gegen Arbeitskleidung getauscht.
Dennoch war es eine sehr schwere Zeit. Weil viele Güter und Rohstoffe während des Krieges an die Front gebracht worden waren, "musste man hier improvisieren", so Süß. Hinzu kam, dass der Kronacher Raum im Jahr 1918 neben dem verlorenen Krieg auch unter Ernte-Ausfällen Brennstoffmangel, einer schweren Grippe-Epidemie und der Hundetollwut litt. In dieser Zeit der "Verknappung an allem, was eine moderne Gesellschaft ausmacht," waren Schmuggel, Schwarzmarkt und Schwarzschlachtungen in der Region gang und gäbe. Es ging darum, über die Runden zu kommen.