Von Lotuseffekt und Gecko-Füßen
Autor: Heike Schülein
Kronach, Mittwoch, 15. Oktober 2014
Am Mittwoch war das Nano-Shuttle der "Initiative Junge Forscherinnen und Forscher" zu Gast an der Maximilian-von-Welsch-Realschule. Ziel des Bionik-Projekts war es, Sechstklässler für naturwissenschaftliche Fächer zu begeistern.
"Auf die Plätze, fertig, los!" Das Wettschwimmen beginnt. Thomas greift zur Stoppuhr. Der Sechstklässler und seine Klassenkameraden Elias, Marcel und Jan steigen dafür nicht selbst ins Wasser. Vielmehr schicken sie verschiedene Holzformen - einen Würfel, eine Kugel, einen Stab und eine nach hinten hin spitzer werdende Spindel - in einen länglichen, mit Wasser gefüllten Behälter ins Rennen.
Dafür befestigten sie vorher jeweils einen Faden und ein Gewicht an der Form und setzten die Körper auf die Startlinie. Dann führen sie den Faden mit dem Gewicht über einen Glasstab und lassen ihre Wettschwimmer nacheinander los.
"Nicht einmal vier Sekunden!", staunt Thomas, als er die Schwimmzeit der Spindel vom Start bis zur Ziellinie misst. Damit ist sie eindeutiger Wettschwimm-Sieger! Doch warum? Die Sechstklässler überrascht das Ergebnis nicht. Sie haben das Prinzip im Nu verstanden.
Die Natur als Vorbild
Alle Köper, die sich im Wasser bewegen, müssen einen Strömungswiderstand überwinden. Wasser besteht aus sehr kleinen Teilchen, die von den Körpern beiseitegeschoben werden und an ihm vorbeifließen müssen. "Wichtig für das Gleiten ist vor allen die Körperform - am besten die Stromlinienform", wisen die Schüler. Stromlinienförmige Körper sehen aus wie eine Spindel, die nach hinten spitzer wird. So wie ein Fisch.
Wenn die Technik von der Natur lernt, dann handelt es sich um Bionik - eine Wortschöpfung aus den Begriffen "Biologie" und "Technik". Die Bionik ist eine Forschungseinrichtung, in der sich Naturwissenschaftler und Ingenieure Erkenntnisse aus der Natur zunutze machen, um neue technologische Erfindungen für die Zukunft zu entwickeln.
Die "Initiative Junge Forscherinnen und Forscher" (IJF), ein gemeinnütziger Verein für Kinder- und Jugendlichen-Bildung im Bereich der Zukunftstechnologien, reist mit dem Nano-Shuttle durch ganz Bayern. Sie trägt damit die Naturwissenschaft in die Schulen - am Mittwochvormittag in die sechsten Klassen der Maximilian-von-Welsch-Realschule. Die Schüler konnten ausprobieren, experimentieren und eigene Ideen für bionische Erfindungen der Zukunft entwickeln.
Vor Ort waren die beiden Referenten Georg Kuebl und Roberto Molteni. In einem rund halbstündigen - sehr lebendig und kurzweilig gestalteten - Vortrag zeigte Kuebl auf, wie die Menschen die Eigenschaften von Tieren und Pflanzen teilweise bereits kopiert haben.
Flüssigkeiten perlen ab
Mit einem Ball und einer Schaumstoffoberfläche erklärte er beispielsweise den Lotuseffekt, der der wasserabweisenden Lotuspflanze nachempfunden wurde. Wassertropfen und sogar Klebstoff und Honig perlen einfach ab. Die Industrie ahmt dieses Selbstreinigungs-Prinzip unter anderem bei Außenwand-Anstrichen nach.
Ein weiteres Beispiel waren die Geckos, die sich mit ihren - mit Millionen von Härchen ausgestatteten - Füßen selbst auf Glas festsaugen können.
Dazu bauten die Wissenschaftler fünf Experimentier-Stationen auf, die die Sechstklässler - in Gruppen aufgeteilt - durchliefen. Dabei verglichen sie unter anderem mit einer Lupe Klettenfrüchte, Haken- und Flauschband. Andere Schüler ließen derweilen zum Thema Aerodynamik im Gang Papierflieger mit unterschiedlichen Tragflächen um die Wette sausen.
Um das Rückstoßprinzip kennenzulernen, befestigten wiederum andere Jungen und Mädchen Luftballons an einer Schnur, die wie eine Rakete abgingen. Für den Lotuseffekt verrußten die Kinder Glasplättchen über Teelichtern, um darauf Wassertropfen abperlen zu lassen. Und schließlich war da noch der Schwimmwettbewerb der Holzfiguren.
"Biologie macht einfach Spaß"
Dass es so eine Veranstaltung an ihrer Schule gibt, fanden die Schüler klasse. Elias, Marcel, Jan und Thomas bezeichnen sich als echte Biologie-Fans. Elias und Thomas erwägen sogar, später einmal Biologie zu studieren.
Man lernt viel über unsere Umwelt, die Tiere und Pflanzen. Vor allem das das Experimentieren gefällt mir", sagt Elias. Und auch Thomas, der besonders gerne mit Mikroskopen arbeitet, pflichtet ihm bei. "Ich finde, das ist ein schönes abwechslungsreiches Fach".
Lilli, Alexa, Paul, Michelle und Nele bilden die Gruppe gegenüber. Bis auf Nele, der Biologe gut gefällt, hatten die Mädchen bislang mit naturwissenschaftlichen Fächern nicht so viel am Hut. Durch die Aktion sind sie aber - wie sie bekunden - schon ein wenig auf den Geschmack gekommen. Auf jeden Fall hatten sie viel Spaß und viel dabei gelernt.
Technologie greifbar machen
Mit dem Nano-Shuttle möchte man die Sechstklässler, insbesondere auch die Mädchen, für naturwissenschaftliche Fächer begeistern, sagt Realschulkonrektor Matthias Klinke, der Mathematik, Physik und IT unterrichtet. Technologien sollen greifbar gemacht werden.
Gleichzeitig möchte man den Schülern, die sich ab der 7. Jahrgangsstufe für eine Wahlpflichtfächer-Gruppe - wie beispielsweise den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig - entscheiden müssen, eine Entscheidungshilfe bieten. "Das Profil unserer Schule geht schon in die naturwissenschaftliche Richtung. Das sind einfach Fächer, die in unsere Region passen", zeigte sich Klinke - gerade auch im Hinblick auf die bei uns angebotenen Ausbildungsstellen - sicher.
Gar nicht so schwer
Einen Tag vorher hatte die Schule Besuch von einem "France mobil" erhalten. Das "kleine französische Kulturinstitut auf Rädern" möchte bei Sechstklässlern das Interesse an der französischen Sprache und Kultur wecken, was in Kronach sehr gut gelang.
Die sechsten Jahrgangsstufen hatten viel Freude an der kurzweiligen und humorvollen Schnupperstunde mit einem "echten Franzosen", Pierre Brandstätter. Mit Spielen und Mitmachaktionen weckte er das Interesse der Schüler. Diese erfuhren, dass Französisch gar nicht so schwierig ist, wie von vielen angenommen wird.