Von der Ziegenzucht zum Gartenbau
Autor: Sonny Adam
Tüschnitz, Montag, 07. Juli 2014
Der Obst- und Gartenbauverein Tüschnitz ist 60 Jahre alt. Es ist kaum zu glauben, was der rührige Verein, der einst aus dem Ziegen-Zuchtverein entstanden ist, in den letzten Jahrzehnten bewirkt hat.
Mit einem großen Fest feierte der Obst- und Gartenbauverein am Wochenende sein 60-jähriges Bestehen. Ein Höhepunkt waren die zahlreich aufgebauten Marktstände: Es gab Kräuterliköre, Gewürze, eine Arten- und Biotopschutzausstellung, Wissenswertes über Heil- und Aromapflanzen oder auch Naturseifen. Heinrich Geßlein zeigte zudem, wie man Körbe flechtet und Wernfried Popp, wie wichtig die Imkerei ist. Außerdem gab es Führungen durch die Tüschnitzer Gewölbekeller. Die Kleinen kamen beim Kinderschminken, bei einer Ausstellung von Rüdiger Ruppert zum Thema "Geheimnisse der heimischen Tierwelt" und bei einem Luftballonwettbewerb auf ihre Kosten. Und ein Gottesdienst in der Friedenskapelle "St. Johannes der Täufer" rundete das Geschehen ab.
Doch im Mittelpunkt stand natürlich der Festakt.
Alfred Rebhan fuhr bis Ende der Fünfziger mit dem Traktor die Äpfel zu der Kelterei nach Kronach. Seinerzeit gab es nur ein Auto in Tüschnitz - das des Bauunternehmers Otto Mühlherr. Im Ziegelwinkel, wo die Äpfel dann verwertet wurden, war Willi Assion tätig. Assion engagierte sich als Kreisfachberater im Obst- und Gartenbauverein. Am Anfang standen Baumschnittkurse im Programm des Obst- und Gartenbauvereines, Informationen über Obstbau und Spritzung.
Je besser es den Menschen ging, desto wichtiger wurde auch die Optik. Plötzlich ging es um Blumenschmuck und Gestaltung. Ende der sechziger Jahre wurde der Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" ins Leben gerufen. Und 2013 hat Tüschnitz sogar Gold auf Kreisebene gewonnen.
Inzwischen grünt und blüht Tüschnitz. Der Obst- und Gartenbauverein hat überall sichtbare Zeichen gesetzt und Spuren hinterlassen. Vorsitzender Hans Siegmeth, der seit 2009 den Verein übernommen hat, hat allen Grund, stolz auf das Geleistete zu sein. Es sind die kleinen und die großen Dinge, die auffallen.
Ein Lieblingsprojekt hat Hans Siegmeth eigentlich nicht, denn es gibt so viele Dinge. Doch stolz ist der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins auf das Kräutergärtlein im alten Wasserschloss. Von Rosen über Gladiolen bis hin zu Astern, Pfingstrosen, Dahlien, Hauswurz - das Gärtlein ist eine Augenweide. Und dazwischen gedeihen Kräuter, die zu einem Schnuppererlebnis der besonderen Art einladen.
Jeder bringt sich ein. So hat Walter Knell, der aus Rheinhessen kommt, eine Weinzeile beim Dorfplatz angelegt. Und Knell beweist es jedes Jahr aufs Neue: Wein wächst auch in Oberfranken. Er hat die Reben einfach auf die Südseite gepflanzt. "Die weiße Hauswand strahlt Wärme ab", verrät Knell seinen Trick. In diesem Jahr tragen die Reben kräftig und üppig. Aber eine Blattmilbe war auch schon da. "Aber die hab ich im Griff. Ich habe die mit Backpulver bekämpft", erzählt Knell und lässt sich von solchen "Kleinigkeiten" nicht aus der Ruhe bringen.
Für das neue Tüschnitzer Backhaus hat Siegmeth schon eine Idee. Denn in Zukunft möchte er eine Ausbildungsoffensive für alle Tüschnitzer anbieten, damit auch wirklich jeder das Backhaus zum Brot- und Pizzabacken nutzen kann. Und bei der Gelegenheit will er auch zeigen, wie man die Coburger Bratwürste, gesundheitsfreundlich braten kann. Siegmeth hat's schon ausprobiert, aber die Technik ist noch ein Geheimnis.
Doch das ist noch lange nicht alles: Der Obst- und Gartenbauverein hat die komplette Friedhofsumrandung neu gestaltet, möchte in den nächsten Jahren auch noch den Vorplatz der Leichenhalle überdachen. "Aber nicht mehr in diesem Jahr. Vielleicht kann man nächstes Jahr die Planung beginnen und die Umsetzung könnte dann so 2018 bis 2020 passieren", findet Siegmeth.
"Vieles ist in Tüschnitz nur möglich, weil hier alle Vereine zusammenarbeiten und alle an einem Strang ziehen. Wir machen auch immer richtige Klausurtagungen", sagt Siegmeth. Und deshalb lasen sich die Projekte manchmal auch gar nicht so genau trennen. Denn eigentlich sind immer alle dabei. "Wir müssen die Vereine verknüpfen", sagt Siegmeth und möchte deshalb den Obst- und Gartenbauverein gar nicht so in den Vordergrund stellen. Denn natürlich wurde der Geburtstag auch mit allen gemeinsam gefeiert.
Die Chronik - kurz und knapp:
- Der Tüschnitzer Ziegen-Zuchtverein war der Grundstein für den Obst- und Gartenbauverein. Nach dem Krieg standen 55 "Gaaßen" in den Tüschnitzer Ställen, doch langsam ging es wirtschaftlich aufwärts.
- 1954 Gründung des Obst- und Gartenbauverein mit 27 Mitgliedern
- 1967 Neugründung des Vereins mit neuem Vorstand
- Gründung eines Ortsverschönerungs-Ausschusses
- 1969 erster Baumschnittkurs mit Fachberater Willi Assion
- 1972 Errichtung eines Kinderspielplatzes hinter dem Mehrzweckhaus
- ab 1977 steigende Vereinsaktivitäten - Ausflüge, Diavorträge, Feiern, Pflanzung von Laubbäumen um den Dorfplatz
- 1986 Maibaumtradition lebt neu auf
- 1987 Durchführung von Bodenuntersuchungen
- 1988 und 1990 Anschaffung eines Gartenhäckslers und Vertikutierers
- 1992 Erstellung der Ortsbegrüßungsschilder
- 1997 Pflanzung der Eichenallee zwischen Tüschnitz und Schmölz
- 1998 Gründung der Jugendgruppe "Bio-Kids" (Auflösung 2002)
- 2010 Anlage des Kräutergartens in der Ruine des Wasserschlosses
- 2013 Tüschnitz gewinnt Gold beim Kreisentscheid "Unser Dorf soll schöner werden - unser Dorf hat Zukunft"
- Patenschaftsprojekt für Bauminseln in der Herrnberg-Siedlung