Druckartikel: Vergewaltigung und sexuelle Nötigung: Urteil im Prozess gegen Kronacher Ex-Polizisten

Vergewaltigung und sexuelle Nötigung: Urteil im Prozess gegen Kronacher Ex-Polizisten


Autor: Anna-Lena Deuerling

Kronach, Freitag, 09. Februar 2018

Urteil im Prozess um einen Kronacher Ex-Polizisten: Der 55-Jährige muss für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Ein Rückblick auf die Verhandlung.
Foto: pixabay/Counselling


Es war ein Prozess, wie ihn ein Romanautor nicht besser skizzieren könnte: Intrigen, Vorwürfe, Misstrauen und Beziehungsdramen. Was nur voyeuristisch klingen mag, hat am Ende doch schwere Vorwürfe mit sich gebracht. Dem 55-jährigen Angeklagten aus dem Landkreis Kronach wurden vor dem Coburger Landgericht Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und vorsätzliche Körperverletzung vorgeworfen.


Angeklagter schweigt bis zuletzt

Während der Angeklagte die gesamte Verhandlung über schwieg, kam in insgesamt acht Sitzungen eine lange Liste an Zeugen zu Wort, die am Ende doch kein eindeutiges Bild der Vorfälle und vor allem auch des Charakters des Ex-Polizeibeamten zeichnen konnten. Die umfangreiche Beweisaufnahme brachte intime Details, Dubioses und Verworrenes an den Tag.

Wichtigste Zeugin der Anklage war wohl die seit Herbst 2016 vom 55-Jährigen getrennt lebende Ehefrau. Im März 2017 erstattete sie Anzeige gegen den Polizisten. Sie warf ihrem Mann unter anderem vor, dass er nach der Trennung versucht haben soll, sie zum Sex zu zwingen. Zu einem anderen Zeitpunkt soll er die 47-Jährige zum Oralverkehr genötigt haben, so die Anklageschrift. Alle Aussagen zu den sexuellen Tatvorwürfen fanden zum Schutz des Opfers hinter verschlossenen Türen statt. In weiteren Fällen berichtete die Frau, ebenso ihr Sohn, von körperlicher Gewalt.
Arbeitskollegen und Ermittlungsbeamte sagten zur psychischen Verfassung der Frau aus: belastet, angespannt, verängstigt. Sie soll demnach große Angst vor ihrem Mann gehabt haben.

Neben der Ehefrau trat eine weitere Geschädigte, die ehemalige Lebensgefährtin, als Nebenklägerin und entscheidende Zeugin auf. Sie warf dem Mann ebenfalls vor, dass er sie in mehreren Fällen zum Sex habe nötigen wollen.

Um das Image des "Weiberhelden", wie es ein Sachverständiger zu einem späteren Zeitpunkt nannte, in Vollendung zu bestätigten, sagten im Prozess auch viele der Ex-Freundinnen des Angeklagten aus. Es wurde klar, dass der Mann (sexuelle) Beziehungen zu vielen Frauen pflegte - nicht selten auch parallel. Letzteres hatte sehr schwierige und zeitraubende Befragungen zur Folge, denn die Frauen hatten in der Vergangenheit nicht nur gegen den Angeklagten und die jeweiligen Nebenbuhlerinnen intrigiert, sondern auch persönlichen wie telefonischen Kontakt untereinander gehalten.


Viele Widersprüche

Der Vorwurf, dass sich die Zeuginnen gegenseitig beeinflusst haben oder sogar durch einen Freund des Angeklagten beeinflusst wurden, schwang immer wieder mit. Sogar von angeblichen Drohungen in Bezug auf Aussagen war die Rede. Am Ende standen dann viele Widersprüche: Hatten die Frauen Angst vor dem Mann oder nicht? War er voller Fürsorge für seine Freundinnen oder manisch eifersüchtig und unter Kontrollzwang? Die Diskrepanz zwischen den Aussagen vor Gericht und jenen vor der Polizei war immer wieder Thema.
Ein relativ deutliches Bild zeichnete die ehemalige Stieftochter des Angeklagten. Während ihre Mutter, die zweite Ehefrau des Mannes, sich in ihren Aussagen zurückhielt, sprach die Tochter von Psychoterror, Beschimpfungen, Drohungen und aggressivem Verhalten.

Bei der Vernehmung der Kollegen des ehemaligen Polizisten wurde dieser auf der einen Seite als verlässlich und erfahren, auf der anderen Seite als unausgeglichen, gereizt und aufbrausend beschrieben. Auch bei den Kollegen stand zwischenzeitlich die Vermutung einer Absprache im Raum - da es erneut Abweichungen zu den früheren Aussagen bei der Polizei gab. In Summe entstand ein widersprüchliches Bild des Charakters.


Drohungen und Vorwürfe

Um die Scharade perfekt zu machen, kamen später auch angebliche Geldforderungen der Noch-Ehefrau zur Sprache. Von Drohungen, ihn ins Gefängnis zu bringen, wurde berichtet - ein Taschenkalender mit angeblichen Beweis-Notizen der Mutter des Angeklagten am Ende sogar urkundentechnisch untersucht.

Da der Angeklagte auch am finale Verhandlungstag weiter schwieg, konnte seine Sicht der Dinge nur durch den bestellten Gutachter der forensischen Psychiatrie in München widergespiegelt werden. Die Vorfälle sollen sich demnach anders, als von der Anklage skizziert, zugetragen haben; seine Ehefrau sei oft alkoholisiert gewesen, habe ihn attackiert, er sich demnach nur gewehrt. Die Vergewaltigungsvorwürfe stritt der Angeklagte vor dem Gutachter ab.

Der sollte vor allem die Frage klären, ob beim Angeklagten Anzeichen einer ernsthaften psychischen Erkrankung vorliegen. Die konnte der Fachmann nicht attestieren, lediglich eine "therapiewürdige Persönlichkeitsakzentuierung". Demnach habe er schwerwiegende Problem im Umgang mit Frauen an den Tag gelegt, eine unreife Verhaltensweise und gewisse Labilität sei vorhanden.
Da der Angeklagte auch am achten und letzten Tag weiter schwieg, ließ der Vorsitzende Richter Gillot lediglich eine Aussage aus einer mündliche Haftprüfung im August 2017 verlesen, bevor Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen wurden.

"Ich habe weder jemanden vergewaltigt, noch habe ich es versucht."

Die Urteilsbegründung lesen Sie hierauf inFranken.de