Väter schuften in Neuengrün für ihre Kinder
Autor: Susanne Deuerling
Neuengrün, Montag, 02. Sept. 2013
In Neuengrün pflanzten Eltern Obstbäume für ihren Nachwuchs. Damit ließen sie eine alte und schweißtreibende Tradition wieder aufleben.
Mit viel Applaus bedacht wurden in Neuengrün die drei Väter, die im Schweiße ihres Angesichts die Pflanzlöcher für die Obstbäume ihrer Kinder gegraben haben. Schweißtreibend war die Aktion wirklich, waren doch etliche große und kleine Steine zu beseitigen, als mit Spaten und Spitzhacke angefangen wurde, die Löcher auszuheben.
"Da muss doch ein Steinbruch drunter sein", waren noch die harmlosesten Kommentare der jungen Väter. Doch diese Hürde wurde genommen, und die Bäume für die Kinder Amelie Kremer, Jona Walter und Julian Hentschel standen schließlich in Reih' und Glied auf der Wiese des Spielplatzes mitten im Dorf. Von den Müttern wurden die Obstbäume noch gründlich gewässert und die Schilder angebracht, auf denen Name, Pflanzdatum und Obstsorte vermerkt waren.
Familien sind gefordert
Rita Gareis, Zweite Vorsitzende des Gartenbauvereins, erläuterte, wie die Arbeitseinteilung zu Stande kam. "Die Tradition besagt, dass das Pflanzloch für den Lebensbaum vom Vater ausgehoben wird und er ihn auch einpflanzt.
Der Mutter bleibt es dann überlassen, den Baum anschließend gut anzugießen." Den Baum dann zu hegen und zu pflegen bleibt den jungen Familien als Verpflichtung erhalten.
Der alte Brauch, zur Geburt eines Kindes einen Obstbaum zu pflanzen, ist schon fast in Vergessenheit geraten. Der Gartenbauverein Neuengrün hat schon vor einiger Zeit überlegt, diese schöne Tradition wieder aufleben zu lassen. In dem kleinen Rundangerdorf kommen allerdings nicht gerade sehr viele Kinder zur Welt.
Deshalb war es eigentlich ganz gut, dass die Planungen sich etwas hingezogen haben und nun sogar für drei neue Erdenbürger die Obstbäume gepflanzt werden konnten.
Diese sind Symbole dafür, dass die Kinder in einer gesunden und grünen Welt aufwachsen sollen. Gemeinsam mit dem jeweiligen Kind wächst der Baum heran, er bildet feste Wurzeln, trägt Früchte und hält manchem Sturm und Unwetter stand - und genau das wünschen sich alle Eltern für ihre Kinder.
Ein Symbol
Ein Symbol
"Der Obstbaum auf dem Dorfanger soll ein Zeichen dafür sein, dass sie hier in Neuengrün immer ein Stück Heimat haben werden und dazugehören, wie der Baum in der Mitte des Dorfes", sagte Rita Gareis. Auch wenn die Kinder eines Tages vielleicht ihr Dorf verlassen und ihren Lebensmittelpunkt woanders finden sollten, so sollten sie doch nie vergessen, wo ihre Wurzeln liegen. Als "schriftlichen Nachweis" erhalten die Kinder eine Besitzurkunde mit der genauen Bezeichnung der Obstsorte.
Einen Dank sagte Rita Gareis dem "Kirchweihkomitee", das diese Aktion finanziell unterstützt hat. Natürlich wird es in Zukunft für jedes Neugeborene einen solchen Baum geben. Und wer weiß, vielleicht wird es ein großer Obstgarten mit vielen, vielen Bäumen werden. Und mit Kindern, die nach Jahren sagen können, dass "ihr" Baum dabei ist.
Mag sein, dass dieser Brauch ein Ansporn für junge Familien sein kann, aber sicher ist es ein Anreiz, der Heimat, dem Dorf Neuengrün treu zu bleiben und dort für lange Zeit Wurzeln zu schlagen - so wie die Obstbäume, die als bleibendes Symbol auf dem Dorfanger stehen.