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U-Boot-Besatzung ist wie betäubt


Autor: Mariell Dörrschmidt

Kronach, Sonntag, 08. Mai 2016

Mit der sechsten Veranstaltung der Programmreihe des Kronacher Kulturrings gingen die Gäste am Wochenende zum Abschluss auf Tauchfahrt.
Tiefe Einblicke in einen "eisernen Sarg" zeigte das Theaterstück "Das Boot". Foto: Mariell Dörrschmidt


Es wird dunkel im Theatersaal. Blaues Licht entweicht am Boden dem geschlossenen und schweren Theatervorhang. Musik ertönt, langsam baut sich Spannung auf. Vielmehr aber liegt Erwartung in der Luft. Wie wird "Das Boot" unter der Regie von Johannes Pfeifer inszeniert sein? Und wie gelingt dem Ensemble, dass die Zuschauer in ihrer Gefühls- und Gedankenwelt tatsächlich in Beklemmnis unter Wasser geraten und somit vollkommen in das Geschehen eintauchen?
Der Vorhang zieht sich auf und weicht dem Bühnenbild, welches den Innenraum eines U-Bootes zeigt. Ein Querschnitt samt Schlafraum, Küche und allen notwenigen Instrumenten. An Deck die Besatzung der U96, die sich im Oktober 1941 bereit zur Jagd auf englische Versorgungsschiffe macht. Mitten im Zweiten Weltkrieg haben deutsche U-Boote den Befehl, Handelsschiffe im Atlantik zu versenken. Doch nach etlichen Verlusten sind erfahrene Matrosen nur noch selten.

Ein Problem, mit dem auch der Kapitän (Hardy Krüger Junior) von U96 zu kämpfen hat. Zusammen mit seinem kriegserprobten Leitenden Ingenieur (Benedikt Zimmermann), seinem 2. Wachoffizier (Michael Gaschler) und dem Maschinisten Johann (Oskar-Wolf Meier) hat der Kommandant die Aufgabe die Mannschaft von "verdammten Rotznasen" an Bord in Schach zu halten und die unerbetene Mitfahrt des Marinekorrespondenten Leutnant Werner (Marco Michel) zu akzeptieren.


"Rohr eins los, Rohr zwei los"

Zwischen Gestank, Hitze und Angst. Maschinen, die ihre Bewegung bis in die kleinste Niete übertragen. Der Geruch von Diesel, Körper und Angst liegen in der dicken Luft des U-Boots. Mit jeder Seemeile wird die Umklammerung der Angst größer. Eine Bombe erschüttert das U-Boot, der Zerstörer kommt direkt auf sie zu. Die Besatzung ist wie betäubt vom Bombengewitter, hält aber Widerstand. "Rohr eins los, Rohr zwei los", befiehlt Hardy Krüger Junior in der Rolle des Alten.


Reine Männergesellschaft

Es scheppert, die Mannschaft wird durch das gesamte U-Boot gerüttelt. Ein Treffer. Die Nerven liegen blank. Sie gehen immer tiefer, bis sie nach sechs Stunden dem Zerstörer entkommen konnten. Da die gegnerischen Schiffe aber davon ausgingen, dass das U-Boot gesunken ist, gelingt der Mannschaft die Flucht. Während des Einlaufens in den Hafen von La Rochelle aber wendet sich das Blatt. Ein Luftangriff, kenntlich gemacht durch hörbare Bombardierung, beendet das Theaterstück abrupt. "Von 40 000 U-Bootfahrern kehrten 30 000 nicht zurück" heißt es noch bevor der Luftangriff startet. So auch das Schicksal der Neunköpfigen Besatzung der U96.
Das Theaterstück zeigte tiefe Einblicke eines "eisernen Sargs". Eine Zerreißprobe für die gesamte Besatzung, die überzeugend von der Enge befangen, die ausweglose und beklemmende Situation verdeutlichten. Psychische Tiefpunkte vereint mit dem Willen, nicht unterzugehen. Der Kapitän immer in der Hoffnung, wieder über den Meeresspiegel zu blicken. "Das Boot" voller Männer, ein Stück in dem Frauen nur in Erzählungen und Schwärmereien vorkommen: Als Ehefrau, Verlobte oder Prostituierte. Sie werden immer wieder zum Gesprächsthema ihrer Männer, die im U-Boot gefangen sind und sich mit derartigen Erinnerungen über Wasser halten.
Die Geschichte wird im Theaterstück von Johannes Pfeifer von Kriegsberichterstatter Marco Michel in der Rolle des Erzählers beleuchtet. Immer wieder tritt er aus dem Geschehen hervor und schildert die Ereignisse aus seiner eigenen Sicht. Indem er Emotionen, Ängste und Geschehnisse beschreibt, gelingt es ihm seine direkten Eindrücke dem Publikum näher zu bringen. Mit seiner Kamera bewaffnet macht er sich folglich nicht nur symbolisch ein Bild von Krieg und Leben im U-Boot sondern gibt dieses im gleichen Atemzug an das Kronacher Publikum weiter.
Die Besucher waren von allen Akteuren gleichermaßen begeistert und schenkten dem Theaterstück und der gelungenen Inszenierung kräftigen Beifall.