Trauer um Kronachs Altbürgermeister Baptist Hempfling
Autor: Friedwald Schedel, Alexander Müller, Marian Hamacher
Kronach, Freitag, 16. Juni 2017
Am Donnerstag starb der Kronacher Ehrenbürger im stolzen Alter von 99 Jahren.
Sein letzter Wunsch blieb unerfüllt: Oft hat Baptist Hempfling betont, wie gerne er noch seinen 100. Geburtstag erleben würde. Am Donnerstag ist der Kronacher Altbürgermeister und Ehrenbürger gestorben - nur knapp ein halbes Jahr vor dem angestrebten Tag. Das ändert freilich nichts daran, dass Hempfling neben einem langen, auch ein erfülltes Leben genoss. Er hat so viel erlebt, dass mit seinen Anekdoten mindestens eine ganze Zeitungsausgabe gefüllt werden könnte.
Im Gespräch mit ihm anlässlich seines 95. Geburtstags vor vier Jahren kristallisierten sich drei Episoden heraus - stellvertretend für seine drei Berufe Zeitungsmacher, Landtagsabgeordneter und Bürgermeister.
Unverwechselbares Profil
Als gelernter Schriftsetzer baute er nach dem Zweiten Weltkrieg das Kronacher Volksblatt mit auf, das später mit dem Fränkischen Tag fusionierte. "Das war damals eine turbulente Zeit", sagte Hempfling 2013. Er musste von Haus zu Haus, um Abonnenten für die Zeitung zu werben, schließlich brauchte es einen soliden Abonnentenstamm, um die Druckmaschine auszulasten. Mit dem Motorrad - einer Triumph 250 - ist er kreuz und quer durch den Kreis Kronach sowie den Raum Stadtsteinach und Presseck gefahren, um Leser zu werben. "Das war im Winter oft keine Freude", erinnerte er sich damals an Fahrten nach Tschirn im tiefen Schnee - die erfolgreich waren. Denn Hempfling gelang es, einen Leserkreis von Tausenden von Abonnenten für das "Volksblatt" zu gewinnen, das in der Buchdruckerei Julius Heim in der Kronacher Amtsgerichtsstraße gedruckt wurde.
Zwischen den 1950er und 60er Jahren war Hempfling als Redakteur für den Inhalt, als Geschäftsführer für die wirtschaftliche Entwicklung des Kronacher Volksblattes verantwortlich. "Er war Geburtshelfer für diesen im Frankenwald erscheinenden Zeitungstitel, hat das publizistische Kind erzogen und hat es als jungen Erwachsenen in eine erfolgreiche Ehe mit dem Fränkischen Tag geführt", sagt Frank Förtsch, der Chefredakteur der Mediengruppe Oberfranken (MGO), zu der auch der FT gehört. "Baptist Hempfling war ein Zeitungsmacher von altem Schrot und Korn." Hempfling habe es hervorragend verstanden, dem Volksblatt mit seiner Handschrift ein unverwechselbares Profil zu verleihen.
Viele Auszeichnungen
Ähnliches gelang ihm auch als Kronacher Bürgermeister. Im Amt freute sich Hempfling nicht nur über viele Eheschließungen, er tat auch sein Möglichstes, dass die Ehen nicht geschieden wurden. Wenn es trotzdem kriselte, gab es eine Versöhnungsstelle beim Bürgermeister. In diese Sühnestelle bestellte er beide Kontrahenten nacheinander ein, dann zusammen. Oft gelang es ihm, eine Scheidung abzuwenden. Sein großes Engagement brachte Baptist Hempfling auch zahlreiche Auszeichnungen ein - wenngleich ihm die Wertschätzung der Bürger stets wichtiger war. 1964 zeichnete ihn der damalige Ministerpräsident Alfons Goppel mit dem bayerischen Verdienstorden aus, er erhielt die Verdienstmedaille des Bezirks Oberfranken (1974), das goldene Zivilabzeichen des bayerischen Feuerwehrverbands (1977), das Bundesverdienstkreuz erster Klasse (1978), die Deutsche Feuerwehrmedaille (1978), die Medaille für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung in Bronze (1981), die große Verdienstmedaille des Landkreises in Gold (1986), die kommunale Verdienstmedaille in Silber (1988) und die bayerische Verfassungsmedaille in Silber (1991). 1984 wurde Hempfling zum Kronacher Altbürgermeister ernannt. 1991 verlieh ihm die Stadt schließlich die Ehrenbürgerwürde.
Eine lange Liste - die nicht überrascht. Denn in fast 100 Jahren hat Baptist Hempfling eine Menge bewegt.
Mehr als Abgeordneter und Bürgermeister: Stationen eines langen Lebens
Baptist Hempfling wurde am 14. Januar 1918 als fünftes Kind des katholischen Schuhmachermeisters Georg Hempfling und dessen Ehefrau Marie, geborene Schmidt, geboren. Sein Vater hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg in der Bayerischen Volkspartei engagiert und war als Stadtrat sowie als Arbeitersekretär als besonnener Mann des Ausgleichs geschätzt.
Ein Ruf, den sich auch sein Sohn Baptist bald erwarb. Nach seiner Flucht aus der französischen Kriegsgefangenschaft begann der gelernte Schriftsetzer Baptist Hempfling, die CSU in Stadt und Landkreis mit aufzubauen.
Der damalige Stadtpfarrer Georg Werthmann und der Bamberger Prälat Georg Meixner gehörten zu den Förderern Hempflings, dessen "Eloquenz und analytischer Verstand ihn rasch für höhere Ämter prädestinierten", wie der Münchner Historiker Peter Zeitler schrieb, der Baptist Hempfling in einem Beitrag zum 80. Geburtstag in der Zeitschrift des Vereins "1000 Jahre Kronach" als "Glücksfall für Kronach" bezeichnete.
1950 trat Hempfling zum ersten Mal im Wettstreit um das Direktmandat für den Landtag an. Der damals 32-Jährige machte sich durch Wahlkampfauftritte im gesamten Landkreis bekannt - verlor aber erwartungsgemäß gegen den Tettauer Bürgermeister Christian Müller. Vier Jahre später allerdings setzte er sich gegen den Sozialdemokraten mit 125 Stimmen Vorsprung durch.
Auslandsreisen
Von 1954 bis 1970 gehörte Baptist Hempfling dem Maximilianeum an. Er war Mitglied des Grenzland- und sozialpolitischen Ausschusses sowie Sprecher der CSU-Landtagsfraktion in Fragen des sozialen Wohnungsbaus und des Städtebaus, was seiner Heimatstadt Kronach besonders zugute kam. Gerne erinnerte er sich daran, dass er seinerzeit auch Auslandsreisen unternommen hat - so sprach er zum Beispiel mit dem österreichischen Außenminister Leopold Vigl und dem Präfekten von Paris über den Wiederaufbau Deutschlands.1964 wurde Baptist Hempfling zum Vorsitzenden des Landesarbeitskreises Wohnungs- und Städtebau der CSU gewählt. Im heimischen Kronach engagierte er sich in der Kronacher Wohnungsbaugesellschaft und bei der St. Josephs-Stiftung. Dass in den 50er und 60er Jahren Hunderte von Menschen im Landkreis Wohneigentum erwerben konnten, hatten sie dem Einsatz von Baptist Hempfling zu verdanken.
Für die Bürger hatte er stets ein offenes Ohr. Sogar nach seinem Ruhestand richtete er ein Bürgerbüro ein. Ab und zu kamen noch Ratsuchende zu ihm. "Wenn Schüler Unterlagen für eine Arbeit suchten, wurden sie immer zu mir geschickt", stellte er einmal fest und verwies nicht nur stolz auf sein umfangreiches Archiv, sondern betonte auch, dass er auch gerne sein umfangreiches Wissen zur Verfügung stellte.
Etwas ganz Besonderes
Ein Bürgermeister, der bei seiner ersten Wahl - trotz eines Gegenkandidaten - fast drei Viertel der Wähler hinter sich brachte und der später bei sehr hohen Wahlbeteiligungen jeweils über 98 Prozent der Stimmen auf sich vereinigte, muss schon etwas ganz Besonderes gewesen sein. Baptist Hempfling gelang dieses Kunststück, obgleich gerade in einer Amtszeit Entscheidungen anstanden, an denen andere gescheitert sind: Man denke nur an die Gemeindegebietsreform 1972, bei der es gelang, zwölf Gemeinden nach Kronach zu führen.Neun spannende Jahre brauchte es, ehe die Kreisstadt in ihrer heutigen Form entstanden war. "Das war schon eine richtige Ochsentour", erinnerte sich Baptist Hempfling später an die große Überzeugungsarbeit, die er hatte leisten, und die vielen Gespräche, die er hatte führen müssen, um das Ziel zu erreichen.
Viele Großprojekte
Weitere Großprojekte in seiner Amtszeit waren die Errichtung eines kombinierten Hallen- und Freibads am Kreuzberg, der Rathausneubau Mitte der 70er Jahre, die Restaurierung des Historischen Rathauses, der Bau einer zeitgemäßen Kanalisation oder die Ausweisung neuer Industrie- und Baugebiete. Besonders am Herzen lag ihm die Sanierung der Altstadt und der Festung Rosenberg. Baptist Hempfling wollte während seiner gesamten politischen Laufbahn niemals nur verwalten, sondern ihm lag stets sehr viel daran, zu gestalten - zu Gunsten seiner Heimat und der Menschen, die dort leben: "Es gibt doch im Leben eines Kommunalpolitikers nichts Schöneres, als Akzente zu setzen", sagte er. "Akzente, die in die Zukunft weisen."