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Tag des Fahrrads: In Kronach gibt es Potenzial und Lücken


Autor: Hendrik Steffens

Kronach, Dienstag, 02. Juni 2015

Heute ist der Europäische Tag des Fahrrads. Ein Anlass, den Stellenwert des Drahtesels bei der Fortbewegung im Kreis Kronach zu betrachten: Von tollen Ansätzen, Lücken im Wegenetz und Elektromobilität.
Fahrradmonteur Sebastian Pelk repariert in der Werkstatt einen Drahtesel. Kronacher Kopfsteinpflaster strapaziert die Räder.  Foto: Hendrik Steffens


Wer vom Auto auf das Fahrrad umsteigt, kann hunderte Euro pro Monat sparen, verbessert seine Venengesundheit und setzt nicht so schnell Hüftspeck an. Wenn es nach dem Kronacher ADFC-Kreisvorsitzenden Michael Kestel geht, würden weit mehr Räder täglich das Straßenbild des Landkreises schmücken. Leider gibt es Bewegungsmuffel, übervorsichtige Eltern und Lücken im Wegenetz.

Die wohl gravierendste Lücke für den Fahrradverkehr der Kreisstadt ist die Sperrung des Schwarzen Stegs (wir berichteten am 26. Mai), der Teil des außerordentlich beliebten Rennsteig-Main-Lions-Radwegs ist. Zudem sei es so, dass man "mit dem Rad zwar von außen in die Stadt, aber innen nicht durchkommt. Es gibt überall Stopps und man muss sich durchwurschteln", meint Kestel. Auch die Festung und die Siedlung am Kreuzberg - für die der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) ein Radwegenetz anregt - seien noch nicht gut erschlossen. "Da ist noch Luft nach oben."

Bundesweite Statistik

Der 3. Juni als Europäischer Tag des Fahrrades wird seit 1998 genutzt für Lobbyarbeit am Radl. Und soll daran erinnern: Das Fahrrad ist das umweltfreundlichste und gesündeste Verkehrsmittel. "Außerdem das günstigste", fügt Kestel hinzu. Man könne hunderte Euro im Monat sparen, wenn man vom Auto auf das Rad umsteige.

Wie viele Deutsche das tun, erhebt das Statistische Bundesamt jährlich. Der letzte Bericht wurde vor genau einem Jahr veröffentlicht. Laut diesem ersetzt das Fahrrad bevorzugt in Metropolen das Auto: 30 Prozent der Haushalte in großen Städten (ab 500 000 Einwohnern), aber nur vier Prozent der Haushalte in kleinen Gemeinden (bis 5000 Einwohner) besaßen am Jahresanfang 2013 ausschließlich Fahrräder, also keine Autos oder Motorräder.

15 Prozent fahren immer Rad

Damit setzten die Haushalte in den großen Städten doppelt so häufig aufs Rad wie der bundesweite Durchschnitt (15 Prozent).

Ein Zehnjahresvergleich zeigt, dass der Anteil der Haushalte, die nur über Räder verfügen, in den deutschen Städten ab 500 000 Einwohnern steigt: Im Jahr 2003 hatte deren Anteil noch bei 22 Prozent gelegen. In den kleinen Gemeinden (bis 5000 Einwohner) lag er damals bei fünf Prozent und im bundesweiten Durchschnitt bei 13 Prozent.

Wo steht Kronach im Vergleich? Laut Kraftfahrt-Bundesamt waren unter dem Kennzeichen "KC" im Januar 2015 genau 55 165 Kraftfahrzeuge (Pkw, Lkw, Motorräder) zugelassen. Umgerechnet auf 68 000 Einwohner macht die Zahl deutlich: In unserem Landkreis dürften deutlich weniger Menschen als im Bundesschnitt allein aufs Fahrrad setzen. Woran liegt das?

330 Kilometer beschilderter Weg

Es ist nicht so, dass der Landkreis keine attraktiven Routen bietet. Der Kreis verfügt laut Landratsamt über etwa 330 Kilometer ausgeschilderte Radwege. Teils auf "selbstständigen Radwegen", teils auf Straßen mit wenig Verkehrsbelastung. Es wurden an 203 Knotenpunkten 350 großformatige Wegweiser und zusätzlich 550 Zwischenwegweiser angebracht.

Auf der Webseite des Landratsamts können 13 Routen-Empfehlungen heruntergeladen werden. Zusätzlich wird auf Fahrrad-Verleiher sowie regionale Experten des ADFC oder Frankenwald Aktiv verlinkt. Tatenlosigkeit kann man den Behörden also nicht vorwerfen. Aber reicht das?

Michael Kestel lobt die Initiativen von Landkreis und Gemeinden für Radfahrer. "Ich bin dankbar für alles, was da getan wird und schon getan wurde." Aber es gibt noch Lücken im Wegenetz. Etwa an der B 85 zwischen Förtschendorf und Steinbach am Wald oder im Bereich der alten Rodachtalbahn, auf der Eisenbahnlinie neben der B 173 beziehungsweise B 303. Kestel hofft, dass sie geschlossen werden.

Radwege sind Begegnungsstätten

Auch weil Fahrradwege mehr seien als Straßen für das Zweirad: "Man sieht das sehr gut auf dem Weg zwischen Lahm, Effelter und Tschirn." Über den besuchten sich die Dorfgemeinden bei Festen, Kinder führen Rollschuh und Mütter mit Kinderwagen kämen ins Gespräch.

Eindringlich warnt der Fahrrad-Enthusiast davor, Kinder vom Radfahren abzuhalten. "Wir sollten sie nicht in Watte packen", mit Verkehrstraining sei der Schulweg locker machbar. Für fitte Kinder mit gesunder Motorik und ohne Bäuchlein.

Der Fahrradhändler

Kurz vor dem Feiertag hat Fahrradfachmann Martin Renz viel zu tun. Hier vermittelt er eine Probefahrt mit dem E-Bike, dort muss noch ein Abholtermin ausgemacht werden. Es macht den Eindruck, als seien Fahrräder im Kronacher Land gefragt. 450 Räder hält Renz' Geschäft "Radsport Dressel" im Laden vor, 3000 auf Lager.
"In Kronach haben wir unseren Kernmarkt. Aber wir vertreiben auch weit darüber hinaus", sagt Renz. Dass Abnehmer aus Bamberg oder Hof kämen, sei häufig.

Eine große Rolle beim Umsatz spielen E-Bikes. Mehrere Dutzend in allen gängigen Varianten hält er im Laden vor. "Ich schätze, diese Sparte macht 30 Prozent des Umsatzes aus, den wir mit Fahrrädern machen", sagt Renz.
Ebenfalls beliebt seien Mountainbikes - insbesondere im Kronacher Land. Der Geschäftsführer fährt auch selbst: Im Bereich der Festung Rosenberg, Friesen, im Rodachtal. Zum Stressausgleich sei das ideal und die Strecken schnell erreichbar.

Das Kopfsteinpflaster der Kreisstadt sei manchmal tückisch. Bei Regen könne es sehr glatt werden. Auch steigere es den Verschleiß von Fahrrädern - bei Billig-Modellen freilich mehr als bei wertigem Material.

Und wie fahrradfreundlich ist der Landkreis? "Wenn ich am Sonntag raus fahr, muss ich immer wieder Hauptverkehrsstraßen queren. Das ist schade."

Die Facebook-Community

Wir haben auf Facebook nachgefragt: "Wie gut oder schlecht lebt es sich als Radfahrer im Kreis Kronach?"

"Wenn es einen Radweg von Roßlach nach Friesen geben würde, könnte man öfters mit dem Fahrrad fahren, vor allem auch mit Kindern, aber so geht das auf der Strecke nicht so gut, weil der Verkehr sehr zugenommen hat und die Strecke nicht sehr übersichtlich ist."

"Radfahren von Gehülz in die Stadt ist fast ein Himmelfahrtskommando am Breitenloher Berg - oder nur mit viel Umweg möglich. Würde gerne viel mehr radeln."

"Wenn ich nach Fischbach fahren will, muss ich in Vogtendorf durch die Enge Ortsdurchfahrt fahren. Bei der Grundmühle muss ich wieder auf die Straße. Sehr gefährlich bis Fischbach und durch die Ortschaft durch!"
"Mit Mountain-Bike im nördlichen Landkreis top, aber wenn man Rennrad fahren will, muss man immer auf die Straße und selbst dort tut man dem Rad oft keinen Gefallen."

"Sperre vom Schwarzen Steg in KC jetzt fast 1 Jahr wegen Mängel bzw. Reparatur. Langsam ein Witz! Wichtige Verbindung für Radfahrer!"

"Weißenbrunn Richtung Kulmbach wär' ma' toll."

"Der Schwarze Steg sollte endlich geöffnet werden... gefährlich zu befahren ist auch immer die Nordbrücke... Da benutze ich dann lieber den Gehsteig. ;-)".