Streit unter Brüdern eskalierte
Autor: Heike Schülein
Kronach, Freitag, 25. April 2014
Zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilte am Freitag Jugendrichter Jürgen Fehn einen 20-Jährigen aus dem Landkreis Kronach. Der Mann hatte seinen Bruder geschlagen und dessen Lebensgefährtin beleidigt.
Nicht gerade zimperlich, weder in der Wahl seiner Worte, noch seiner "Mittel", verhielt sich im Januar dieses Jahres der junge Mann aus dem Landkreis Kronach. Sein Zorn richtete sich gegen seinen Bruder und dessen Lebensgefährtin, die den mittlerweile im Obdachlosenheim untergebrachten Angeklagten in ihrer Wohnung in einem Kronacher Stadtteil nicht mehr aufnehmen wollten. Der Vorfall ereignete sich einen Tag nach seiner letzten Verhandlung, bei dem der Beschuldigte eine Bewährungsstrafe erhalten hatte.
Vor Beginn der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht war erst einmal Warten angesagt, da der Angeklagte mit gut 45-minütiger Verspätung erschien. Die Vorführung war mittlerweile bereits angeordnet worden, er war aber bereits auf den Weg ins Gericht.
Der ihm von Staatsanwältin Michaela Heublein zur Last gelegte Sachverhalt wurde von ihm, seinem Bruder und dessen Lebensgefährtin, die als Zeugen geladen waren, bestätigt. Demzufolge soll der 20-Jährige seinen Bruder einen Schlag in die linke Gesichtshälfte verpasst haben, wobei dieser Schwellungen des linken Jochbeins davontrug. Die Lebensgefährtin bedachte er mit unflätigen Ausdrücken.
Unterschlupf gesucht
Der Angeklagte wollte in der Wohnung seines Bruders unterkommen, wo er bereits im Dezember für einige Zeit gewohnt hatte. Da er sich aber damals nicht, wie versprochen, um eine Arbeit gekümmert und nur auf der faulen Haut gelegen habe, wollte man ihn nicht mehr aufnehmen. Sein Bruder wies ihn mit der Aussage ab, dass man kein Asylantenheim sei. Zudem beschuldigte er ihn, einen Tag vorher die Glastür des Hauses eingeschlagen zu haben.
Der Angeklagte wurde daraufhin wütend, stellte seinen Fuß in die Balkontür und versuchte so, in die Wohnung zu kommen. Sein Bruder hinderte ihn daran und drückte gegen die Tür. Es kam zu den Beleidigungen und durch den Türspalt schlug der Mann schließlich zu. Bis dahin war der Sachverhalt unstrittig.
Verschiedene Aussagen gab es lediglich über den Wortlaut der Beleidigungen sowie darüber, ob es sich um einen Faustschlag oder um eine Schelle handelte. "Das war definitiv ein Faustschlag", beharrte der Bruder. Lediglich von einem Schlag mit der flachen Hand sprachen der Angeklagte und auch die Lebensgefährtin.
Laut dem zuständigen Polizeibeamten habe der Mann, der vor Ort auf die Polizei gewartet hatte, sich ruhig und besonnen verhalten. Der 20-Jährige habe zum Tatzeitpunkt nicht unter Alkohol oder Drogen gestanden.
Der Angeklagte war bereits viermal vorbestraft, darunter auch einschlägig und wegen der Einführung von Betäubungsmitteln. Der Mann beteuerte, mittlerweile kein Crystal mehr zu nehmen. Eine Therapie stehe demnächst bevor. Er habe einige Male die Suchtberatung aufgesucht und auch beim Bewährungshelfer sei er gewesen.
Im Bewährungshelferbericht war von einer hochgradigen Drogenabhängigkeit die Rede. Eine stationäre Langzeittherapie sei alternativlos, da sonst die Gefahr weiterer Straftaten bestehe. Ein Aggressionspotenzial bestehe.
"Das ist die letzte Chance"
Laut der Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe sei er trotz Aufforderung nicht zu seinen Terminen erschienen. "Er muss sofort auf Drogenentzug", meinte sie. Sie sah keine positive Sozialprognose, wenn jetzt nicht sofort irgendetwas passiere.
Wie sich im Verlauf der Verhandlung herausstellte, war er nur einmal bei der Suchtberatung. Zwei Termine hatte er platzen lassen. "Wie soll es weitergehen?", fragte der Jugendrichter, der auch die schwere Kindheit des Angeklagten mit einer sehr problematischen Familiensituation ansprach. Für ihn sei es die allerletzte Chance, auf die Beine zu kommen. Wenn er im Sommer 21 Jahre alt werde, könne kein Jugendstrafrecht mehr angewendet werden.
Staatsanwältin Heublein forderte in ihrem Plädoyer eine Bewährungsstrafe nach Jugendstrafrecht von elf Monaten. Der Mann stelle sein unbehandeltes Drogenproblem verharmlosend dar. Er müsse weiterhin einem Bewährungshelfer unterstellt werden. Zudem müsse er als Vorbereitung auf eine stationäre Langzeittherapie regelmäßig zur Suchtberatung gehen und sich noch vor Therapieantritt einer Entgiftung unterziehen.
Fehn schloss sich dem im Wesentlichen an, er blieb jedoch zwei Monate unter der Forderung. "Entweder sie kapieren es oder sie kapieren es nicht", redete er ihm ins Gewissen. Eine weitere Chance gebe es nicht. Das Urteil ist rechtskräftig.