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Streit um Pizza-Automaten in Kronach


Autor: Marco Meißner

Kronach, Donnerstag, 03. Januar 2013

In der Kaulangerstraße beschweren sich Anwohner über einen geplanten Imbiss. Sie befürchten, dass dessen Kundschaft für ruhelose Nächte sorgt. Betreiber Harald Beetz spricht von Blockaden - auch durch die Frauenliste.
Harald Beetz in dem neu eingerichteten Automatenimbiss, der für Streit mit einigen Anwohnern und der Frauenliste sorgt. Im Hintergrund ist auf einem Bildschirm zu sehen, dass der Laden videoüberwacht wird. Foto: Corinna Igler


"Wir haben viel toleriert: den Geruch, die Geräuschkulisse - aber man muss noch schlafen können", sagt Karin Reißenweber, Anwohnerin in der Kaulangerstraße. Und Harald Beetz, Betreiber des Kronacher Pizzaservice erklärt kopfschüttelnd: "Wir versuchen den Lärm einzudämmen und kriegen dadurch nur noch mehr Schwierigkeiten."

Aber von Anfang an: Seit Mai steht vor dem Kronacher Pizzaservice in der Kaulangerstraße ein Automat, aus dem man sich zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Pizza ziehen kann. Schlagende Autotüren, johlende Autoradios, Lachen und Gröhlen - das beklagen Anwohner wie Karin Reißenweber seitdem. "Im August sind der Bürgermeister und Vertreter der Stadtverwaltung auf mich zugekommen und haben mich gebeten, nach einer Lösung wegen der Lärmbeschwerden zu suchen", erinnert sich Beetz und ergänzt: "Die haben wir auch gefunden." Er habe seinen Mieter im benachbarten Haus gebeten, auszuziehen, um den Pizza- sowie weitere Automaten ins Innere zu verlagern.

Die Anwohner haben gelitten

Wohin diese Ausdehnung zum Automatenimbiss nebenan führen wird, mag sich Karin Reißenweber gar nicht ausmalen. Diese Situation rief die Frauenliste (FL) auf den Plan, die sich in einer Sitzung solidarisch mit Karin Reißenweber und den anderen Betroffenen erklärte. "Es ist unglaublich, was die Anwohner gelitten haben", unterstreicht FL-Kreisrätin Ingrid Steinhäußer. "Wer bis in die Morgenstunden durch Gelächter und Geschrei, durch das Schlagen von Autotüren und laute Musik am Schlaf gehindert wird, der erlebt eine Folter." Alles Bitten um Verständnis, das Sammeln von Unterschriften sowie deren Vorlage beim Ordnungsamt hätten den Unternehmer ungerührt gelassen, führt Steinhäußer aus. Karin Reißenweber ist froh über die Unterstützung durch die Frauenliste, fühlt sich ansonsten aber von Stadt und Politik im Stich gelassen.

Der Bauausschuss der Stadt Kronach hat den Bauantrag von Harald Beetz schließlich einstimmig beschlossen. "Daraufhin habe ich den Raum ausgebaut und einen hohen fünfstelligen Betrag investiert", sagt Harald Beetz. Fast acht Wochen ist die Entscheidung des Stadtrats nun her, seitdem wartet Beetz - und zwar auf eine Entscheidung des Landratsamts, denn das muss noch grünes Licht geben.

Der Betreiber schüttelt den Kopf. "Da finden wir eine Lösung und werden dann trotzdem von der Nachbarschaft und der Frauenliste blockiert. Das kann doch nicht sein." Die Alternative sei, die Automaten auf dem Freigelände zu platzieren, für zwei bis drei Automaten brauche er dafür nämlich keine Genehmigung. "Dann kommen wir von einer Lärmeindämmung zu einer Lärmerhöhung." Das könne ja auch nicht im Sinne der Anwohner sein.

Bereitschaft zu einem Kompromiss

Diese haben bei einer Messung nachts gegen 3.40 Uhr eine Lautstärke von bis zu 75 Dezibel im Umfeld des Pizza-Automaten gemessen - "viel zu viel". Der meist schubweise auftretende Betrieb gehe bis in die Morgenstunden. "Wir sind nicht gegen alles", zeigt Karin Reißenweber Bereitschaft zu einem Kompromiss. "Nur man muss wieder schlafen können. Zwischen 23 und 6 Uhr soll Ruhe herrschen."

Dass Harald Beetz darauf eingehen wird, ist ihrer Meinung nach jedoch nicht zu erwarten. "Ich habe schon versucht, mit ihm auf nachbarschaftlicher Basis zu reden, aber da bekam ich nur zu hören, mein Haus stehe an der falschen Stelle." Und weitere Vorstöße der Nachbarschaft seien damit beantwortet worden, dass die Auto-Flotte des Lieferdienstes wochenendweise die öffentlichen Parkplätze in der Kaulangerstraße dicht gemacht habe.

Dazu legt Karin Reißenweber eine Reihe von Bildern vor, die Eckhard Bayer mit einem Kopfschütteln betrachtet. Er ist Eigentümer mehrerer Gebäude im Umfeld des Pizzaservice und ebenfalls genervt von der Situation. "Jeder, der einmal nachts nicht schlafen konnte, weiß, wie man sich am nächsten Tag fühlt. Hier ist es aber jede Nacht so. Und dass Lärm krank macht, ist wohl jedem bekannt." Inzwischen sei die Grenze der Belastbarkeit für die Anwohner einfach erreicht.

Die Automaten machen keinen Lärm, aber die Kunden

Dass durch die geplante Verlegung des Automatenbetriebs in das Nachbargebäude eine dramatische Verbesserung eintreten wird, hält Bayer für illusorisch. "Es sind ja nicht die Automaten, die Lärm machen", betont er. "Die Kunden sind es, die die Autotüren zuschlagen, sie sind es, die ihre Notdurft am Gartenzaun verrichten, nicht irgendein Automat."

Harald Beetz sagt dazu, dass er selbst keine Vandalen und Randalierer haben will. Deshalb will er für die ersten vier Wochen, in denen der Automatenimbiss in Betrieb ist, einen Sicherheitsdienst einsetzen. "Außerdem wird zusätzlich mindestens für drei Monate eine Person, jeweils von 23 bis 5 Uhr, für die Betreuung der Automaten vor Ort sein und eventuell auftretenden Nachtlärm eindämmen", so Beetz. Zwischen 5 und 6 Uhr werden die Türen dann geschlossen, um zu putzen. "Das müssten wir nicht, für Automaten gibt es nämlich keine Sperrstunde", betont Beetz. Und bis 23 Uhr sei sowieso immer jemand beim Pizzaservice, so dass man bis dahin auch ein Auge auf die Automaten habe. Zudem ist der Raum mit den Automaten videoüberwacht und eine Hausordnung mit 13 Punkten weist unter anderem darauf hin, dass es inner- und außerhalb des Gebäudes verboten ist, sich lautstark oder schreiend zu verhalten. Es wird gebeten, die Nachtruhe der umliegenden Nachbarn zu wahren. Und wer erheblich gegen die Hausordnung verstößt, erhält Hausverbot.

Was Eckhard Bayer jedoch ins Grübeln bringt, ist das Lob von Seiten mancher Kommunalpolitiker für das Verhalten des Unternehmers und der seiner Ansicht nach ausgestellte Freifahrtschein für die permanente Erweiterung des Geschäftsbetriebs in dem Gewerbemischgebiet. Bei dieser Bezeichnung zuckt Bayer zusammen, da seiner Schätzung nach 80 Prozent der Gebäude in diesem Bereich als Wohnungen genutzt werden. Die weiteren Gewerbetreibenden schlössen um 18 Uhr ihre Betriebe, so dass dann eigentlich Ruhe herrsche.

Man findet keinen Schlaf mehr

Johannes und Christine Ruppert erleben die Situation in der Kaulangerstraße ähnlich. Sie haben dort eine Ferienwohnung, die sie regelmäßig nutzen. "In unserer Kronacher Wohnung findet man keinen Schlaf mehr", teilen sie per E-Mail mit. "In unserer Wohnung mitten in der Innenstadt von Düsseldorf ist es trotz dreier Gaststätten und eines dort typischen Kiosks mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr um ein Vielfaches ruhiger als in der Kaulangerstraße. Wir wünschen uns in Kronach ein entschiedenes Handeln der zuständigen Behörden zum Schutz der Nachtruhe und der Anwohner."

Ins gleiche Horn stößt auch Ingrid Steinhäußer, wenn sie fordert: "Wenn kleine Kinder mehrmals in der Nacht aufschrecken, wenn Arbeitnehmer sich wie gerädert am Morgen zur Arbeit schleppen müssen, dann ist die Fürsorgepflicht der Behörden gefordert!" Es sei nun Sache des Landratsamts, eine endgültige Beurteilung vorzunehmen. " Ich hoffe sehr", so Ingrid Steinhäußer, "dass auf oberster Ebene des Landrats nicht zum wiederholten Mal eine Gefälligkeitsentscheidung getroffen wird, wie es die Frauenliste schon erleben musste."
Harald Beetz kommentiert dies so: "Wenn es nach der Frauenliste ginge, würden wir aus Kronach ein Museum machen und die Stadt ab 20 Uhr zusperren."

Wenn er die Genehmigung nicht bekommt, müsse er seinen Raum zurückbauen, die Automaten einstweilen wieder im Freien aufstellen und über eine Aussiedlung seines Betriebs nachdenken.

Der Ablauf des Verfahrens

Eine Entscheidung soll in der dritten Kalenderwoche fallen. Der Bauausschuss hat sich am 15. November einstimmig für den Automatenimbiss ausgesprochen. Das Landratsamt erteilt das Baurecht. In der Regel folgt man der Entscheidung des Bauausschusses.

Stefan Schneider, Sprecher des Landratsamts Kronach, erklärt, dass es sich um ein laufendes Verfahren handle. Man befinde sich derzeit noch in der Prüfungsphase bauschutz- und emissionsrechtlicher Faktoren. In der kommenden Woche werde man diese Prüfungen abschließen und voraussichtlich in der dritten Kalenderwoche eine Entscheidung bekannt geben, ob der Automatenimbiss denn nun betrieben werden darf oder nicht. "Wir sind der Auffassung, es handelt sich dort um ein Mischgebiet - es gibt ja auch eine Hauptverkehrsstraße - und da gelten andere Voraussetzungen als in einem reinen Wohngebiet", sagt Schneider. "Natürlich gibt es den einen oder anderen Nachbarn, der dadurch die Wohnqualität gemindert sieht und im Falle einer positiven Entscheidung für den Automatenimbiss diese beklagen will", beschreibt Schneider die Situation.

von Marco Meißner und Corinna Igler