Steinbacherin in Brüssel: Wenn der Terror ganz nah ist
Autor: Veronika Schadeck
Kronach, Donnerstag, 24. März 2016
Seit Juli des vergangenen Jahres wohnt die Steinbacherin Maren Weber mit ihrer Familie in Brüssel. Wie erlebt sie die Zeit des Terrors?
Die Steinbacherin Maren Weber und ihr aus Kronach stammender Ehemann Gerhard Weber leben zurzeit in Brüssel. Beide erlebten am Dienstag vor Ort den Terroranschlag. "Ich dachte nicht, dass die Anschläge so nah kommen", sagt Maren Weber am Mittwoch bei einem Telefongespräch mit dem Fränkischen Tag. Bestürzung und Entsetzen sind ihrer Stimme zu entnehmen. Es sind erst wenige Minuten vergangen, seitdem sie erfahren hat, dass eine Freundin noch vermisst wird.
Die Verletzten sind in die Krankenhäuser in Brüssel und Umgebung transportiert worden, berichtet die 49-Jährige. "Ich hoffe, dass meine Freundin noch lebt!"
Als Maren Weber am Dienstagmorgen mit ihrem Training auf dem Laufband in einem Fitness-Studio startete, ahnte sie nicht, dass dieser Tag ins kollektive Gedächtnis Belgiens eingehen wird. Das Programm auf dem Fernseher, der oberhalb des Laufbandes angebracht ist, wurde unterbrochen. Zuerst sei von einer Explosion am Flughafen die Rede gewesen. Schon nach wenigen Minuten sei ihr und auch den anderen Studiobesuchern klar gewesen, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Wenig später kamen die Meldungen von der Metro. "Wir waren alle geschockt", erzählt Weber. Ihr Training habe sie sofort abgebrochen und sie sei auf dem direkten Weg nach Hause gegangen. In den folgenden Stunden waren Fernseher, Radio sowie die modernen Kommunikationsmittel ihre ständigen Begleiter. Sie sei vom "Horror der Bilder" entsetzt gewesen. Zerstörte Hallen, Plätze, herumliegende Körperteile. "Und das alles ganz nah", sagt sie immer noch entsetzt.
Nachrichten bringen Erleichterung
Erleichtert sei sie gewesen, als sie über Facebook und per SMS die Nachricht erhielt, dass mit ihrem Sohn Leo und ihrem Mann alles in Ordnung ist. Die Stimmung beschreibt die Professorin als unbeschreiblich. Sie versucht es dennoch: Die sonst pulsierende Europastadt habe einer Geisterstadt geglichen. Wo sonst kilometerlange Staus das Stadtbild prägten, herrsche nun Leere. Die meisten Geschäfte seien geschlossen, die öffentlichen Verkehrsmittel stünden still. Zu sehen seien dagegen Militär, Polizei, Einsatzfahrzeuge. Akustisch untermalt von einem permanenten Sirenen-Sound. Ihr Sohn Leo war zum Zeitpunkt des Terrors in der Schule. Die Eltern erhielten eine E-Mail, dass ihre Kinder vorläufig im Schulgebäude bleiben müssen. Auch ihr Mann, der für die ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Nato in Brüssel tätig ist, durfte das Gebäude nicht verlassen. "Man wusste nicht, ob noch weitere Terroranschläge kommen würden", sagt die 49-Jährige.
Die Familie Weber wohnt seit Juli 2015 südlich des Brüsseler Stadtzentrums, im Stadtteil "Ixelles" (französisch) oder "Elsene" (flämisch). Nach den Anschlägen von Paris sei gerade erst wieder ein Stück Normalität gelebt worden, erzählt sie. Man habe sich wieder an den Promenaden getroffen, lernte wieder Menschen kennen.
Beeindruckende Anteilnahme
Die Webers sind in ihrem Leben schon oft innerhalb Europas und auch Amerikas umgezogen. Flughäfen gehören fast zu ihrem Alltag. Auch der Flughafen Brüssel-Zaventem ist ihnen gut vertraut - ebenso wie die Metro. Bisher, so Weber, habe sie sich vor einem Flug nie Gedanken gemacht. "Ich weiß nicht, welches Gefühl mich beschleichen wird, wenn ich das nächste Mal dort bin. Es kann einen eigentlich überall treffen." Beeindruckt ist sie von der Anteilnahme, die ihre Familie von Freunden, die nahezu auf der ganzen Welt verteilt sind, erfahren habe. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt sie.Weber hofft, dass die Menschen in Europa weiterhin ihre Werte leben können. Brüssel sei nicht nur eine "superschöne, internationale Stadt", sie habe auch französisches Flair und zeichne sich durch belgische Gelassenheit aus. Das solle auch so bleiben und so dem Terrorismus Einhalt geboten werden. Immer wieder wandern Webers Gedanken zu ihrer vermissten Freundin. Sie sei zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen: Am Flughafen - auf dem Weg in die USA. Weber hofft, dass ihre Freundin den Anschlag überlebt hat oder zumindest ihre Verletzungen ohne Folgen bleiben.