Stadtrat sieht massiven Eingriff in Infrastruktur
Autor: Alexander Löffler
Kronach, Mittwoch, 15. Mai 2013
Der Kronacher Stadtrat fordert in einem Schreiben die Raiffeisen-Volksbank Kronach-Ludwigsstadt dazu auf, die geplanten Schließungen der Filialen in Friesen und Fischbach noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Jürgen Möhrle von der Bank nimmt dazu Stellung.
Wie bereits in der Stadtratssitzung am Montag angekündigt, hat sich nun das Kronacher Gremium in einem Schreiben an die Raiffeisen-Volksbank Kronach-Ludwigsstadt gewendet. Darin wird an die Bank appelliert, die Schließung der Geschäftsstellen in Fischbach und Friesen noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.
"Bei allem Verständnis für die vorgetragenen Beweggründe für die angekündigten Schließungen hält es der Stadtrat Kronach für bedauerlich, dass sich die Bank dabei offensichtlich fast ausschließlich hat von wirtschaftlichen Überlegungen leiten lassen", heißt es in dem Schreiben. Gerade die Raiffeisenbank als Genossenschaftsbank müsste doch aus ihrer Entstehungsgeschichte und aus den jüngsten Bankenkrisen die Erkenntnis gewonnen haben, wie wichtig das Geschäft nicht nur am, sondern mit dem Kunden ist.
Nach Ansicht des Kronacher Stadtrats stellen die vorgesehenen Schließungen einen massiven Eingriff in die (noch) vorhandene Infrastruktur der beiden Stadtteile und für die dort lebenden Bürger dar. Diese Entwicklung laufe sämtlichen Bemühungen der Politik im Kampf gegen die negative demografische Entwicklung im ländlichen Raum zuwider.
Nur eine funktionierende Infrastruktur, zu der auch die Möglichkeit gehöre, Bankgeschäfte vor Ort zu tätigen, garantiere der immer älter werdenden Bevölkerung im ländlichen Raum die Art von Lebensqualität, die auch für das Verbleiben oder den Zuzug von jungen Familien von entscheidender Bedeutung sei.
Zweifellos sei der Anteil der Bevölkerung gestiegen, der seine Bankgeschäfte inzwischen "online" regelt und nicht mehr unbedingt auf eine Filiale vor Ort angewiesen ist. Aber: "Es gibt immer noch sehr viele Kunden, die großen Wert auf eine persönliche Beratung und einen direkten Kontakt zu einem Bankmitarbeiter am Wohnort legen - besonders ältere Mitbürger, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind", schreibt der Bürgermeister im Namen seiner Gremiumsmitglieder.
Vorschläge
In dem Schreiben werden auch Vorschläge unterbreitet, wie man eventuell zumindest einen Teil der Leistung aufrecht erhalten könne: "Vielleicht wäre die Reduzierung von Öffnungszeiten eine Möglichkeit, eine Komplettschließung zu verhindern." Zumindest sollte den Bürgern jedoch eine SB-Zone (zum Beispiel mit wartungsarmen, so genannten Recycling-Geldautomaten, die heute üblicher Standard sind) erhalten bleiben, um am Automaten Bankgeschäfte abwickeln zu können. Auch der Einsatz von "rollenden Filialen", wie sie bereits in anderen Bundesländern erfolgreich installiert wurden, wurde ins Spiel gebracht.
Nach Ansicht des Stadtrats sollte die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Infrastruktur gerade in der vom demografischen Faktor besonders betroffenen Region Kronach allen Akteuren der heimischen Wirtschaft, zu denen insbesondere auch der Bankensektor gehört, am Herzen liegen.
"An der Entscheidung gibt es nichts mehr zu rütteln", erklärte Jürgen Möhrle, Vorstandsmitglied der Raiffeisen-Volksbank Kronach Ludwigsstadt. "Jeder darf sich sicher sein, dass wir alle Optionen bis ins kleinste Detail geprüft haben." Man habe die einzelnen Punkte aus den verschiedensten Gründen wieder verwerfen müssen. Auch wenn man eine SB-Zone erhalten würde, die Sachkosten wären weiterhin die gleichen. Und in Bezug auf die Öffnungszeiten betonte Möhrle: "Nochmal weniger als zwei Tage geht nicht mehr", spricht er bereits reduzierte Geschäftszeiten an. Trotz der Entscheidung verdeutlichte Möhrle noch einmal: "An der Beratung wird sich nichts ändern. Wir kommen auch gerne bei den Leuten vorbei", so Möhrle.
Die Bank will zum Ende Juni beziehungsweise Ende September die Geschäftsstellen in Friesen, Fischbach, Rothenkirchen, Seibelsdorf und Neufang schließen. Außerdem werden die SB-Zonen in Reichenbach und in der Kronacher Knochgasse abgeschafft.