Druckartikel: Stadt Kronach kaufte Festung vor 130 Jahren

Stadt Kronach kaufte Festung vor 130 Jahren


Autor: Marco Meißner

Kronach, Freitag, 11. Mai 2018

Die Festung Rosenberg ist das Wahrzeichen der Kreisstadt. Allerdings gehört sie den Kronachern erst seit 130 Jahren. Wir blicken zurück.
Die Festung Rosenberg. Foto: Marian Hamacher


Drei Zeilen nur umfasste die Meldung auf Seite eins des Kronacher Tagblatts. Als diese für die Ausgabe des 15. Mai 1888 in Druck ging, hätten die Zeitungsmacher vermutlich nicht erwartet, dass diese drei Zeilen auch 130 Jahre später interessierte Leser finden würden. Der Text lautete: "Mit dem Gestrigen ging die ehemalige Veste Rosenberg laut notarieller Beurkundung in den Besitz der Stadt Kronach über."


Kaufvertrag am 14. Mai 1888 unterzeichnet

Der Kaufvertrag für das Kronacher Bollwerk wurde am 14. Mai 1888 besiegelt, wie auch der Fehn-Chronik zu entnehmen ist. Notar Friedrich Ludwig Pollmann beurkundete den Besitzerwechsel des heutigen Wahrzeichens, das damals an die so genannte Stadtgemeinde Kronach ging. Dies geschah im Beisein des Königlichen Regierungs- und Fiskalrats Karl Wenz von Bayreuth sowie des Königlichen Advocaten und Bürgermeisters von Kronach, Johann Matthias Kaiser.

Heute ist das Festungsareal ein Anziehungspunkt für Touristen, ein Naherholungsgebiet für Einheimische und das historische Herzstück der Stadt. Dass dort heute noch das Ambiente längst vergangener Tage pocht, zeichnete sich zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht unbedingt ab. Bis in diese Zeit hatte die Festung in ihren verschiedenen Ausbaustufen den Kronachern und ihren Landesherren stets treue Dienste geleistet. Doch mit dem Jahr 1867 wurde die Festungseigenschaft aufgehoben. Das Königlich bayerische Kriegsministerium hielt die Bauweise des Bollwerks im Zeitalter moderner Waffen einfach nicht mehr für zeitgemäß.


Ungewisse Zukunft

In den folgenden Jahrzehnten drohte der allmähliche Verlust des gigantischen Bauwerks. Eine Versteigerung auf den Abbruch des Wartturms wurde verhindert. Andere Gebäude sind hingegen verschwunden. Unter anderem Zimmerhütten, Schmiede- und Wagnerwerkstatt wurden abgebrochen. Immer mehr leerten sich die Räume auf der Festung, wie der frühere Stadtkämmerer Helmut Goller 1988 im Fränkischen Tag schrieb. Das schlug sich auch in finanziellen Einbußen der Stadt nieder.

1884 begannen schließlich Verhandlungen mit der Stadt über einen Kauf des Bollwerks. Diese blieben zunächst ergebnislos, "weil die Stadtgemeinde nur den als zu gering empfundenen Kaufpreis von 30.000 M vergüten wollte", wie der Fehn-Chronik zu entnehmen ist. Geschätzt waren die gesamten Anlagen hingegen auf einen Wert von 111.340 Mark.


32 000 Mark bezahlt

Vier Jahre später fanden die Beteiligten dann doch noch vor dem Notar zusammen. Für 32.000 Mark ging die Festungsanlage letztlich in Kronacher Besitz über. "Dieser Kaufschilling muss noch heute beim hiesigen königlichen Rentamte baar erlegt werden und wird deßhalb weder verzinst noch hypothekarisch gesichert", ist im Kaufvertrag nachzulesen.

Weiter wurde darin festgeschrieben, dass "die Gebäude der Festung auf der Stadt zugekehrten Frontseite, dann der Hauptturm und die im sogenannten Kommandantenbau Plannummer 2253 eingebaute katholische Kapelle" nicht abgebrochen, sondern vielmehr erhalten werden müssen. Wie Helmut Goller schrieb, hatte der Stadtmagistrat aber durchaus Pläne, an den übrigen Anlagen Abbrucharbeiten vorzunehmen. "Hohe Ministerialbeamte ermahnten nämlich noch 1888 den Stadtmagistrat, dass er die Entfernung von Mauerwerk sofort zu unterlassen habe." Nur aus denkmalpflegerischen Gründen hatte der Stadtmagistrat die Festung also sicher nicht gekauft, schließt Goller aus diesen Geschehnissen.


Die Festung im 20. Jahrhundert

Was folgte waren 13 wechselhafte Jahrzehnte für das Kronacher Wahrzeichen. "Was soll nun aus der Festung werden, nachdem sie in den Besitz der Stadt übergegangen ist?", fragte das Kronacher Tagblatt schon wenige Tage nach dem Kauf. So recht wusste das damals wohl keiner. Laut der Fehn-Chronik war zunächst die Einrichtung einer "Anstalt für verwaiste und verwahrloste Kinder" angedacht. Daraus wurde jedoch nichts. 1890 entstand eine Gastwirtschaft auf der Bastion Marie. 1905 folgte ein historisches Museum im Zeughaus. Im folgenden Jahrzehnt wurden Wohnungen eingerichtet. "Bis 1915 waren deren 14 geschaffen worden", ist in der Chronik zu lesen.

Im Ersten Weltkrieg wurden dann auch gefangene Offiziere in der Festung untergebracht. Von Franzosen, Russen und Engländern ist die Rede. Im November 1918 wurde das Gefangenenlager aufgelöst. Dann wurden in der Festung bis zu 30 Familien einquartiert und Räume für eine Jugendherberge bereitgestellt. In den 1920er Jahren fanden vorübergehend die Oblatenpriester ein Zuhause in den Räumen des Zeughauses. "Während des 2. Weltkrieges 1939-45 war die Festung mit Flüchtlingen überfüllt", wie der Fehn-Chronik weiter zu entnehmen ist. "Die Einheimischen hatten ihre Wohnungen räumen müssen."

Erst Jahre später verwandelte sich die Festung Rosenberg in das Juwel, das sie heute für die Kreisstadt darstellt. Dass ihr Erhalt alles andere als billig ist, steht außer Zweifel. Doch alleine die vergangenen 130 Jahre zeigen, wie viel Kronacher Geschichte und Identität in diesen Mauern stecken. Da gibt es sicher schlechtere Investitionen für den Freistaat und die Stadt als diesen steinernen Zeitzeugen, der seit Jahrhunderten Ehrfurcht gebietend über den Dächern Kronachs thront.