Talente träumen in Friesen vom Profifußball
Autor: Dominic Buckreus
Friesen, Dienstag, 17. Juli 2018
Jeder Fußballer hat das Ziel, einmal in der Bundesliga zu spielen. Dieser Weg ist jedoch lang und steinig. Und er beginnt schon früh im Kindesalter, wenn die Stützpunkte des Deutschen Fußball Bundes zum Talentsichtungstag laden.
Auf dem Formular von Christian Karl stehen mehrere Nummern. In die freien Felder daneben trägt er Noten ein von eins bis vier.Der Trainer bewertet damit die Fußball-Talente, die vor ihm einen Technikparcour absolvieren. Sie alle wollen sich beim Talentsichtungstag am DFB-Stützpunkt in Friesen für die Endauswahl in knapp zwei Wochen qualifizieren. Über diese werden dann einige von ihnen in den Stützpunkt-Kader für die kommende Saison eingeladen.
"Talent ist eigentlich nicht messbar. Aber es gibt messbare Sachen", sagt Jürgen Schneider, DFB-Stützpunkttrainer in Friesen. Spielfähigkeit, Ballbehandlung, Schnelligkeit, Dribbeln oder Übersicht - all das müssen die 50 Kinder des Jahrgangs 2007 diesmal beweisen. Dafür stehen am heißen Vormittag auf dem Rasen im Frankenwaldstadion vier verschiedene Stationen mit Technik-Übungen bereit. Die Torhüter haben zusätzlich eine eigene Station. 18 Minuten bleiben den Kindern pro Station, um ihr Können zu beweisen. Dann wird gewechselt. Am Nachmittag werden abschließend Spielformen geübt.
Jeder kann kommen
Schneider weiß, zu welchem Spieler die Nummern gehören. Er wird am Ende des Tages die Noten auswerten. Christian Karl und seine neun Trainer-Kollegen aus dem Landkreis Kronach, die an den Stationen stehen, wissen dies nicht. Die Tests sind anonym, damit die Trainer nicht voreingenommen sind. Denn anmelden kann sich zum Talentsichtungstag jeder. Es gibt keine Vorauswahl. "Es kann schon sein, dass bei so einer Sichtung ein Talent durchrutscht", sagt Schneider. Deswegen sind er und seine drei Stützpunkt-Kollegen zusätzlich jede Woche auf den Sportplätzen im Landkreis unterwegs. Im Herbst beginnen sie mit der Sichtung des Jahrgangs 2008, sagt Schneider. Die Hallenturniere im Winter beobachten sie besonders genau, "denn da sind alle guten Spieler auf einem Haufen".
Und sollte sich einer von diesen talentierten Spielern nicht zum Talentsichtungstag anmelden, werden die Stützpunkttrainer selbst aktiv und laden ihn ins Team ein. Der Kader ist keineswegs ein festes Konstrukt. "Nichts ist in Stein gemeißelt", sagt Schneider. Von den 50 Teilnehmern werden es acht bis zwölf in den Kader schaffen. Aber auch dann besteht noch keine Stammplatzgarantie.
"Es ist ein ständiger Prozess. Wir beobachten die Trainings, um zu sehen, ob die Spieler auch ihre Leistung im Verein zeigen", erklärt Stützpunkttrainer Jochen Däumer. Aber auch charakterlich müsse es passen, ergänzt Schneider. Schlechtes Benehmen ist nicht gern gesehen.
"Wichtig ist, dass wir keine Konkurrenz zum Vereinstraining sind", betont Däumer. Beim wöchentlichen Stützpunkttraining gehe es vielmehr darum, technische und taktische Elemente zu trainieren. "Wir können uns dabei auch mal Zeit nehmen, um dem Spieler etwas ausführlich zu erklären. Diese Zeit hat man im Vereinstraining oft nicht", sagt Schneider.
Der lange Weg zum Profi
Die Fortschritte der einzelnen Spieler müssen die Trainer immer fein säuberlich für den DFB dokumentieren, erklärt Däumer. Und im Herbst präsentieren sie diese in den Stützpunktvergleichen der Auswahlteams in Nordbayern. Dort tummeln sich dann auch die ersten Scouts der großen Vereine. "Das ist für die ein großer Pool, wo sich alles trifft. Aber dafür sind wir ja da", sagt Schneider. Wer bei solchen Vergleichen und den Leistungen im Verein glänzt, darf für die Regionalauswahl antreten. Auf diese folgt dann die bayerische Auswahl und letztlich die Nationalmannschaft.Bis dahin ist es aber ein weiter Weg. Von den 600 A-Jugend-Spielern, die jedes Jahr in der Nachwuchs-Bundesliga spielen, würden es statistisch gesehen nur drei in die Profi-Bundesliga schaffen, sagt Schneider. Etwa 30 kämen in Liga 2 oder 3 unter. Diese Statistik präsentiert Schneider gerne beim Elternabend. Manche der Eltern müsse man eben noch einbremsen, was das Talent ihres Sprösslings betrifft. Er rät ihnen, dass ihre Kinder zweigleisig fahren sollten, also Fußball und Ausbildung. "Diesen Weg schaffen die wenigsten. Aber man muss es halt versuchen", sagt Jürgen Schneider.