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Große Erfolge, große Aufmerksamkeit?


Autor: Dominic Buckreus

Reuth, Mittwoch, 16. Januar 2019

Randsportarten haben es schwer, mit Zuschauermagneten wie Fußball zu konkurrieren. Für sie ist es oft schwerer, Sponsoren und Nachwuchs zu finden, selbst wenn sie große Erfolge feiern.
Die 4er-Einradmannschaft von"Solit" Reuth bei der Deutschen Meisterschaft 2018 Foto: Thomas Bittruf


Im Amateursport steht vor allem der Spaß an erster Stelle. Schließlich hält sich die finanzielle Ausbeute außerhalb des Profibereichs in Grenzen. Doch es zählen natürlich auch Erfolge. Im Landkreis Kronach steht der Fußball über allem, was das Interesse der Zuschauer und die damit einhergehende Berichterstattung betrifft. Große Titel sucht man in der jüngeren Historie aber vergebens, auch wenn einige Vereine auch außerhalb der Landkreisgrenzen durchaus auf sich aufmerksam gemacht haben.

Bei Randsportarten ist das meist genau umgekehrt. Selbst große Erfolge führen nicht zu vollen Hallen oder Sportplätzen. Ein Beispiel dafür findet sich im Südosten des Landkreises. Der Radsportverein "Solidarität" Reuth ist seit langem erfolgreich in seiner Sportart unterwegs und hat das wohl beste Jahr der Vereinsgeschichte hinter sich mit dem Gewinn der bayerischen Meisterschaft und einem überraschenden dritten Platz bei der deutschen Meisterschaft im 6er-Einrad.

Dennoch hält sich das Interesse in Grenzen. 120 Mitglieder zählt der Verein, darunter 25 aktive Sportler. Mit dem Vorsitzenden Thomas Bittruf sprechen wir über das Themen Aufmerksamkeit und wie sich dies auf den Verein auswirkt.

Gleichzeitig kommt auch Alexander Graf zu Wort. Er ist der Vorsitzende des derzeit höchstklassigen Fußballvereins aus dem Landkreis. Der SV Friesen spielt als einziges Kronacher Team in der Landesliga Nordost und kann zu seinen Heimspielen im Schnitt etwa 250 Zuschauer begrüßen. Der Verein hat derzeit 440 Mitglieder, dazu 140 Jugendspieler, die sich auf zehn Mannschaften (A- bis D-Junioren) aufteilen.

Thomas Bittruf (Vorsitzender Radsportverein "Solidarität" Reuth)

Herr Bittruf, wie wird Ihr Verein und Ihr Sport aus Ihrer Sicht wahrgenommen?

Thomas Bittruf: In Weißenbrunn sind wir mittlerweile einigermaßen angekommen. Es ist aber immer wieder erstaunlich, dass wir im Landkreis Kronach teilweise total unbekannt sind. Das ist mir oft ein Rätsel. Wir sind die Einzigen, die diesen Sport im Landkreis betreiben und dabei gar nicht so schlecht und deshalb öfters in der Zeitung. Da ist insgesamt wenig Interesse da.

Wie ist das Zuschauerinteresse bei den Wettkämpfen?

Die Zuschauer beschränken sich auf die Mitgereisten der anderen Vereine. Im Schnitt kommen zwischen 40 und 50 Zuschauer in die Halle. Aus unserer Gemeinde kommen da wenige, höchstens mal die Eltern unserer Sportler. Das Interesse steigt erst, wenn es überregional wird, also bei bayerischen oder deutschen Meisterschaften.

Wie erklären Sie es sich, dass trotz der jüngsten Erfolge das Interesse nicht steigt?

Wir kommen aus einem kleinen Dorf und unser Name "Soli Reuth" hat auch keinen großen Klang. Weißenbrunn hat sehr viele Vereine und die Bürger können nicht überall sein, das verstehe ich ja. Ich habe aber auch den Eindruck, dass die Leute den Wert und die hohe Trainingsleistung nicht sehen, die bei uns dahintersteckt. Das bringt die Sportart einfach mit sich.

Was bedeutet das für die Nachwuchsarbeit? Wie schwierig ist es, junge Leute für den Sport zu begeistern?

Es ist schwer, Nachwuchs zu finden, ganz klar. Wir sind ein rühriger Verein und setzen alles daran, Nachwuchs zu finden - und das haben wir in den vergangenen 90 Jahren immer geschafft. Wir versuchen das über Mundpropaganda, über öffentliche Auftritte und über Schnuppertrainings. Was zum Beispiel sehr erfolgreich war, war eine Projektwoche zusammen mit der Schule. Wir haben nachmittags mit den Schülern trainiert. Da sind alleine von der Weißenbrunner Schule einige zu uns gekommen.

Wie versuchen Sie mehr Bekanntheit zu erlangen?

Wir versuchen die Medien zu nutzen. Wir kreieren momentan eine neue Webseite und sind natürlich auch auf Facebook aktiv. In der Gemeinde können wir nur über das Mitteilungsblatt gehen, weil uns das nichts kostet. Wir haben ein enges Budget, also müssen wir versuchen, möglichst kostengünstig auf uns aufmerksam zu machen. Das funktioniert zum Beispiel, wenn wir bei Veranstaltungen mitmachen. Sei es bei einem Festzug - wir sind schon seit über 40 Jahren beim Kronacher Schützenumzug dabei - oder bei Schulveranstaltungen. Dazu machen wir vom Kinderfasching bis zum Zeltlager viele Veranstaltungen selbst für den Nachwuchs.

Wie schwierig ist es, Sponsoren zu finden?

Wir haben so gut wie keine Sponsoren. Es ist äußerst schwer, dass uns jemand beispielsweise mal 1000 Euro für neue Trikots gibt. Wir haben bei mehreren größeren Firmen angefragt, aber kein Interesse. Hin und wieder haben wir kleinere Unterstützer, das waren aber nie Riesenbeträge. Was wir mit unseren Kindern machen, kostet ihnen kein Geld. Wenn wir auf Wettkämpfe fahren, dann müssen wir dafür zwischen 1000 und 1500 Euro ausgeben für Fahrt, Essen, Unterkunft. Das sponsert alles der Verein.

Wie sehr ist der Verein von Zuschauereinnahmen oder Mitgliedsbeiträgen abhängig?

Die Zuschauer zahlen bei Wettkämpfen keinen Eintritt. Da profitieren wir nur von der Verköstigung. Wir machen jedes Jahr verschiedene Veranstaltungen wie etwa Kinderfasching, Grillfest, eine große Weihnachtsfeier mit Tombola. Dazu versuchen wir über den BLSV oder den Kreisjungendring an Zuschüsse zu kommen oder bei Aktionen mitzumachen. Wir veranstalten seit sechs Jahren auch einen Comedyabend im Thonberger Bürgerhaus.

Fühlen Sie sich benachteiligt?

Mit Sicherheit. Wenn man sieht, dass zum Beispiel Fußballvereine jedes Jahr locker ihre Trikots bekommen und wir kämpfen müssen, um alle vier Jahre mal neue zu bekommen. Als Randsportart ist man einfach benachteiligt, da haben andere aber auch mit zu kämpfen.

Alexander Graf (Vorsitzender SV Friesen)

Herr Graf, wie wird Ihr Verein aus Ihrer Sicht wahrgenommen?

Alexander Graf: Was die Zuschauer anbelangt, erhofft man sich natürlich immer mehr. Wir haben im Schnitt etwa 250 Zuschauer bei einem Heimspiel, das ist nicht unbedingt super für die Landesliga. Nichtsdestotrotz kommen aus dem ganzen Landkreis Kronach Zuschauer zu uns. Wenn etwa ein Spitzenspiel ansteht, wird das im Vorfeld von den Leuten schon wahrgenommen.

Das hat natürlich auch immer etwas mit der Tabellensituation zu tun. Stehen wir weit vorne, kommen mehr, als wenn wir im hinteren Feld sind. Man kann schon sagen, dass diejenigen, die sich für Fußball interessieren, unseren Verein beobachten und viel über uns lesen. Entsprechend kommen dann auch mehr Zuschauer aus dem Landkreis zu uns. Die Aufmerksamkeit ist also, vorsichtig gesagt, schon da bei uns.

Das Zuschauerinteresse ist ja auch bei Auswärtsspielen sehr hoch.

Wir haben schon einen festen Stamm von rund 40 bis 50 Mann, die bei Auswärtsspielen mitfahren. Das ist schon nicht schlecht, dass sie diese weiten Strecken, teilweise bis ins Nürnberger Land, auf sich nehmen. Das wird natürlich auch vom Heimverein wahrgenommen.

Inwiefern würde dem Verein mehr Aufmerksamkeit helfen?

Ich glaube nicht, dass das sich groß auswirken würde. Wenn ich zum Beispiel an das Portal sporttotal.tv denke, (ein Internetportal, das Amateurfußball live über eine fest installierte Kamera am Sportplatz überträgt, Anm. d. Red.), soll das ja auch etwas Medienwirksames sein. Es verleitetet aber mehr Leute dazu, das Spiel von zu Hause aus zu schauen, gerade bei schlechtem Wetter. Also bringt mir das als Verein als Einnahmequelle nichts. Im Gegenteil.

Wie versuchen Sie mehr Bekanntheit zu erlangen?

Eine klassische Mitgliederwerbung machen wir nicht. Wir versuchen das durch das Umfeld des Vereins, indem wir etwa das Sportheim und unsere Sportstätten pflegen. Aber vor allem indem wir Ansprechpartner für den Nachwuchs sind, der dann auch irgendwann mal in den Fokus der ersten Mannschaft rücken soll. Wir laufen etwa mit unserer Jugend immer beim Kinderfestumzug mit und haben auch eine Schulkooperation mit dem Kaspar-Zeuß-Gymnasium. Dort treten wir mit der JFG GW Frankenwald als Trainer auf. Letztendlich holt man sich über die Jugend die zukünftigen Mitglieder und Spieler.

Die meisten Vereine haben Probleme, genügend Nachwuchs zu finden. Fällt das einem Verein wie dem SV Friesen vergleichsweise leichter?

Ja, in der Tat, weil wir an verschiedenen Stellschrauben gedreht haben. Wir spielen bereits mit der D-Jugend als einziger Verein aus dem Landkreis in der Bezirksoberliga. Dazu haben wir in dieser Altersklasse unsere Schulkooperation, durch die wir auch viele Jugendliche kennenlernen. Letztendlich macht auch der DFB-Stützpunkt in Friesen viel aus. Bei uns wird in der Jugendarbeit viel Engagement von den Trainern und Betreuern geleistet.

Wie schwierig ist es, Sponsoren zu finden?

Beim SV Friesen haben wir mit Joseph Geiger ganz klar unseren Hauptsponsor, der viel Herzblut reinlegt. Dazu haben wir viele ortsansässige Firmen, die uns unterstützen. Sponsoren von Außerhalb haben wir keine.

Wie sehr ist der Verein von Zuschauereinnahmen oder Mitgliedsbeiträgen abhängig?

Die Mitgliedsbeiträge und Eintrittsgelder decken fast nicht den kompletten Spielbetrieb. Daher sind wir logischerweise angewiesen auf Sponsoren. Man muss ehrlich sagen, wenn wir die Sponsoren in diesem Maß nicht hätte, dann könnten wir auch nicht Landesliga spielen. Das ist aber überall so. Die Gespräche führte Dominic Buckreus