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So erlebten Zeugen in Mitwitz die wilde Verfolgungsjagd durch Oberfranken


Autor: Marian Hamacher

Mitwitz, Dienstag, 18. Dezember 2018

Was am Dienstagmorgen als Verkehrskontrolle im Landkreis Coburg beginnt, entwickelt sich in den folgenden Stunden zu einer wilden Verfolgungsjagd, die bis nach Mitwitz führt. Dort dauert die Suche nach dem Flüchtigen weiter an.
Im Bereich der Sonneberger Straße und Neundorfer Straße in Mitwitz endete am Dienstagmorgen der erste Teil einer spektakulären Flucht. Zwar stellte der Fahrer seinen schwarzen Audi dort ab, setzte seine Flucht dann aber zu Fuß fort. Foto: Marian Hamacher


In der Filmwelt hat sich der Landkreis Kronach längst einen Namen gemacht. Nachdem im vergangenen Jahr Michael Bully Herbig in Nordhalben seinen Flucht-Thriller "Ballon" drehte, entdeckte heuer Disney das Schloss Oberlangenstadt für sich - und Hollywood die Festung Rosenberg sowie Kronachs Obere Stadt. Auch das Mitwitzer Wasserschloss hat schon so manches Filmteam beherbergt.

Wer beobachtete, was sich am Dienstagmorgen gleich neben dem Schloss abspielte, hätte daher schnell auf den Gedanken kommen können, dass gerade der der nächste Kinostreifen auf Film gebannt wird. Doch auf einem Drehplan stand der Bereich um die Sonneberger Straße und Neundorfer Straße nicht. Vielmehr wurde er zum Endpunkt des motorisierten Teils einer Verfolgungsjagd, die derzeit immer noch andauert. "Das war tatsächlich wie in einem Hollywoodfilm und ging blitzschnell", erzählt eine Zeugin.

Kurz nach 9 Uhr sei plötzlich ein schwarzer Audi "wie wild" auf einen nahegelegenen Hof gefahren. "Und schon sprangen ein Mann und zwei Frauen aus dem Auto", erinnert sie sich.

Beherzter Sprung zur Seite

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Würde es sich um einen Film handeln, wäre die erste Klappe in Horb bei Fürth am Berg (Kreis Coburg) gefallen. Gegen 8.20 Uhr bemerkten die Beamten der Polizeiinspektion Neustadt bei Coburg dort bei einer routinemäßigen Radarmessung den schwarzen Audi, als dieser mit überhöhter Geschwindigkeit in Richtung Neustadt raste. "Eine Überprüfung des Überführungskennzeichens hat dann ergeben, dass es nicht mehr gültig ist", erklärt Matthias Schuhbäck, der Leiter der Neustadter Polizeiinspektion (PI).

Zu der daraufhin geplanten Kontrolle am Heubischer Kreisel kam es allerdings nicht mehr. Denn beim Anblick der Streife drückte der Fahrer aufs Gaspedal und flüchtete zunächst auf der Bundesstraße 4 in Richtung Thüringen.

Wie die Polizei mitteilt, bog der Mann einige Hundert Meter später nach rechts in Richtung Heubisch ab - in einem Affenzahn. "Teilweise sind wir mit mehr als 100 Stundenkilometern über die Staats- und Landstraßen hinter ihm her", sagt Schuhbäck. Doch auch einem Großaufgebot an Streifenwagen gelang es nicht, den Flüchtigen zu stoppen. In Muppberg schaffte es eine Frau, die gerade in ihr Fahrzeug einsteigen wollte, gerade noch, sich mit einem beherzten Sprung zur Seite in Sicherheit zu bringen.

Zu dritt eingekesselt

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Über Fürth am Berg und Wörlsdorf ging die rasante Fahrt weiter in Richtung Mitwitz. Am Ortsausgang Wörlsdorf schleuderte der Audi plötzlich und landete zunächst in einer angrenzenden Wiese. Ganz zu Ende war die Fahrt hier aber noch nicht. Der Wagen schaffte es aus dem aufgeweichten Untergrund hinaus und fuhr nach Mitwitz weiter - von wo aus es zu Fuß weiterging.

Zumindest für den etwa 30 Jahre alten Mann. Die beiden Frauen konnte die Polizei nämlich wegen der Hilfe von drei Personen nehmen, die sich dort gerade zufällig aufhielten. "Die Damen haben sich zugerufen, dass sie weglaufen müssen. Zu dritt haben wir die Drei dann eingekesselt", erzählt eine der Beteiligten im Gespräch mit inFranken.de. "Ihn konnten wir aber leider nicht festhalten. Er ist quer durch die Prärie und war weg." Der Flüchtige sei noch kurz durch einen angrenzenden Fluss gelaufen, ehe er verschwand. Nasse Füße, die bei den derzeit herrschenden Temperaturen wohl ein schnelles Ende der Flucht bedeutet hätten, bekam der Mann allerdings nicht. "Dafür führt der Fluss derzeit zu wenig Wasser", sagt ein weiterer Zeuge.

Lange fünf Minuten

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Lange mussten die drei Helfer die beiden Frauen nicht in Schach halten. Etwa fünf Minuten nach dem Anruf bei der Polizei seien die Beamten schon vor Ort gewesen.

Fünf Minuten, die sich allerdings deutlich länger angefühlt haben dürften. "Die Frauen haben sich ziemlich echauffiert", erzählt die Zeugin, die wie auch die anderen beteiligten namentlich nicht genannt werden will. "Die eine hat uns zugerufen, dass wir sie nicht anfassen sollen, weil sie unter Atemnot leide, die andere wollte, dass wir sie davonlaufen lassen, weil sie ein Kind hat." Ohnehin hätten sie mit der Sache nichts zu tun gehabt, da sie nur getrampt seien, erinnert sich die Zeugin.

Ob die Frauen tatsächlich nur zufällig als Anhalterinnen in die spektakuläre Flucht geraten sind, steht noch nicht fest. "Die Ermittlungen müssen nun erst zeigen, inwieweit sie involviert sind", sagt Schuhbäck. Nach einer ersten Befragung seien sie wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Weitere Vernehmungen sollen aber folgen.

Diese sind Teil der sogenannten Tischermittlung, auf die die Polizei nun setzt. Gegen Vormittag und Mittag hatten sich neben Streifen aus der Region noch ein Hubschrauber sowie Personensuchhunde aus Unterfranken auf die Fährte des Flüchtigen gesetzt. Vergeblich. "Ich denke, der wird warten, bis alles ruhig ist, und sich dann über sonstige Kanäle jemanden suchen, der ihn dort wieder abholt", vermutet Schuhbäck.

Nun gezielt den umliegenden Wald zu durchsuchen, hält er nicht für notwendig. "Wir haben das Blitzbild und die Aussagen der Frauen, die mit ihm im Auto waren. Es wird zwar noch etwas dauern, aber ich denke, der wird zu ermitteln sein!", gibt sich der Leiter der Neustadter PI optimistisch. Die Streifen in Mitzwitz und der näheren Umgebung seien aber sensibilisiert und werden ihre Augen offen halten.

Polizei sucht nach Geschädigten

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Da noch nicht feststeht, um welche Person es sich handelt, ist auch noch unklar, was der Grund dafür ist, dass der Flüchtige beim Anblick der Polizei lieber das Weite suchte, anstatt sich kontrollieren zu lassen.

Eine Täterbeschreibung, mit der die Bevölkerung um Hilfe gebeten werden kann, gibt es laut Polizei übrigens nicht. Wer Beobachtungen gemacht hat, wird dennoch gebeten, sich bei der PI Neustadt unter der Telefonnummer 09568/94310 zu melden. Dazu gehören auch all jene, die bei der rasanten Flucht entweder geschädigt oder gefährdet wurden.