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Sehnsucht nach der Ferne im Kronacher vhs-Musikring


Autor: Nicole Julien-Mann

Kronach, Sonntag, 24. März 2019

Die Mezzosopranistin Eva Schuster und die Pianistin Vita Gajevska beschwörten im letzten Konzert des vhs-Musikrings die Sehnsucht in vielen Facetten.
Vita Gajevska und Eva Schuster spielen und sangen über "Fern.Weh". Foto: Nicole Julien-Mann


"Fern.Weh" hieß die thematische Klammer, die Eva Schuster und Vita Gajevska über das Programm ihres Liederabends stellten. In die Jahreszeit passte das allemal, in der sich viele Menschen nach den Wintermonaten auf ihre Urlaubsreisen freuen und der eine oder andere genüsslich Rat hält, welches Land er einmal besuchen könnte.

Einen entscheidenden Impuls setzte Vita Gajevska. Sie erwies sich als exzellente Botschafterin für ihre Heimat Lettland. Wenn Land und Leute dort genauso inspirierend, vielgestaltig, originell und, trotz nordischer Kühle, warmherzig sind wie die Musik, die das Abendprogramm mehr als bereicherte, dann sollte man sich schleunigst aufmachen ins Baltikum.

Leidenschaftliche Emotionen

Die vier Präludien von Lucija Garuta erzählen eine tragische Geschichte, verriet Gajevska. Allerdings habe die Komponistin ihre Motive nie preisgegeben. Traumatische Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg hatte sie 1943 in der Kantate "Gott, dein Land brennt!" verarbeitet und damit ein Stück geschaffen, das nun zum "Lettischen Kulturkanon" gehört. Leidenschaftliche Emotionen am Klavier, wie in den Variationen e-moll von Janis Ivanovs, erfordern gleichermaßen Einfühlungsvermögen und Virtuosität. In Gajevskas Spiel fügte sich beides großartig zusammen.

Weil das Konzert unter dem Titel eines Liederabends stand hatte sie für ihre Mezzosopranistin zwei von Peteris Plakidis vertonte Gedichte mitgebracht. In vier weiteren Sprachen (deutsch, englisch, französisch und spanisch) bewies Eva Schuster, neben präziser Artikulation, multilinguale Fähigkeiten. Die Mezzosopranistin stammt aus Kronach, erhielt an der Berufsfachschule den ersten Gesangsunterricht, an der sie heute einen Lehrauftrag innehat. Als Mezzosopran ist sie in einer Stimmlage zu Hause, die warme Tiefen und strahlende Höhen umfasst und eine vielfarbige klangliche Ausgestaltung der Lieder erlaubt.

Der Sehnsuchtsbogen wurde weitgespannt im Programm. Melancholisch und schwermütig war der Charakter des ersten Teils mit dem "Wanderlied" und der "Sehnsucht nach Waldgegend" von Robert Schumann. Tieftraurig schwelgt Franz Schuberts Musik "In der Ferne", und Gustav Mahler empfindet im Rückert-Gedicht "Ich bin der Welt abhanden gekommen" der Stille nach, die jeder nur in sich selbst findet.

Faszination Asiens

"Asie" von Maurice Ravel dagegen beschreibt die Faszination des großen Kontinents Asien mit seinen Farben, Gerüchen, Menschen, Bauwerken und den Schrecken, wenn der Reisende erlebt, dass auch an Traumorten Gräuel zur Lebenswirklichkeit gehören. Einen besonderen Gastauftritt bescherte die "Flûte enchanteé" den Zuhörern. Vhs-Musikring-Organisatorin Ulrike Hünefeld, die sonst die Bühne für andere bereitet, ließ einmal selbst ihre Zauberflöte erklingen.

Die "Songs of Travel" von Ralph Vaughan Williams nach Gedichten von Robert Louis Stevenson erzählen vom Vagabunden, von trauter Zweisamkeit am Feuer, von Jugend und Liebe. Als Lieder erhalten diese gesungenen Geschichten weitere Dimensionen, wie sie nur die Musik auszudrücken vermag.

Den temperamentvollen Abschluss machten die "Canciones Clàsicas españolas" von Fernando Obradors, bevor Eva Schuster und Vita Gajevska das Publikum mit Richard Strauß in "die Nacht" entließen.