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RTL deckt Mängel bei Helios-Kliniken auf: Bessere Zustände in Kronach?


Autor: Marian Hamacher

Kronach, Mittwoch, 13. Januar 2016

Die Kronacher Frankenwaldklinik gehört ebenso zur Helios-Gruppe wie zwei Krankenhäuser, in denen eine RTL-Dokumentation schwere Mängel aufdeckte. Dass Patienten nun auf ähnliche Zustände schließen, glauben die Verantwortlichen nicht - und erklären, was sie anders machen.
Belastender Name: In drei Helios-Kliniken deckte eine RTL-Dokumentation Missstände in den Bereichen Pflege, Hygiene und Reinigung auf. In Kronach herrschen allerdings deutlich bessere Zustände, erklärt die Frankenwaldklinik. Foto: Archiv/Marco Meißner


Die Vorwürfe sind heftig: zu wenig Personal, zu viele Überstunden, dadurch vernachlässigte Patienten und immense Hygienemängel. Was sich liest wie der Albtraum eines jeden Krankenhausbesuchers, ist das Fazit der Dokumentation "Profit statt Gesundheit", die der Privatsender RTL am Montagabend ausstrahlte.

In drei Kliniken schleuste sich Pia Osterhaus, Reporterin für das "Team Wallraff", als Pflege-Praktikantin ein. Was sie zu sehen bekam, ließ manchen Zuschauer vor dem Fernseher wohl gleich mehrmals erschrocken zusammenzucken. Sowohl im städtischen Klinikum Harlaching (gehört der "Städtisches Klinikum München GmbH"), den Horst-Schmidt-Kliniken (HSK/Wiesbaden) als auch im Helios-Klinikum in Berlin-Buch arbeiten die Mitarbeiter - laut den Recherchen des vom Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff geleiteten Teams - an der Belastungsgrenze.


Eine Gemeinsamkeit

Was die Wiesbadener und Berliner Einrichtung außer den genannten Mängeln verbindet? Beide gehören zur "Helios Kliniken GmbH". 110 Krankenhäuser zählen zu der Gruppe, die damit einer der größten Anbieter stationärer und ambulanter Patientenversorgung Deutschlands ist. Seit dem 28. Februar 2014 gehört dazu auch die Frankenwaldklinik in Kronach. Sie war eine von 38 Kliniken, die damals von der Rhön AG übernommen wurden. Dass die Erkenntnisse der Dokumentation auch für die Frankenwaldklinik negative Folgen hat, bezweifeln die Kronacher Verantwortlichen. Bisher habe es von den Patienten keine negativen Äußerungen gegeben. "Einen Imageschaden befürchten wir nicht, da wir als ,Helios Frankenwaldklinik Kronach' hier in der Region einen guten Ruf haben und die Patienten unsere Arbeit und unser medizinisches Angebot schätzen", teilt Stephan Zeidler, Pressesprecher der Frankenwaldklinik, mit.

Auch Manfred Burdich hofft, dass die Patienten zwischen den verschiedenen Kliniken der Helios-Gruppe einen Unterschied machen und durch die Sendung nicht abgeschreckt werden. "Man darf nicht alles über einen Kamm scheren", sagt der Personalrat. "Ich gehe davon aus, dass es hier eher regional gesehen wird. Man muss ja nur mal bei uns reingehen. Da ist alles sauber."


Indirekt bestätigt

In den für die Dokumentation begutachteten Krankenhäusern sah dies offenbar anders aus - was das Gesamtunternehmen Helios indirekt bestätigte. Zu dem Zeitpunkt der RTL-Recherchen im Mai des vergangenen Jahres sollen sich die HSK-Kliniken mitten in einem Integrationsprozess befunden haben, erklärte Helios einen Tag nach der Ausstrahlung schriftlich.

Seitdem sei in der hessischen Landeshauptstadt Vieles in eine gute Richtung angestoßen worden, der Prozess aber noch nicht abgeschlossen. "Wir laufen auf einen Kollaps zu, wir sind am Ende", sagte eine Mitarbeiterin der Wiesbadener Klinik in der Dokumentation angesichts des großen Stellenabbaus. Auf 300 Arbeitsplätze wurde laut des RTL-Reporterteams seit der Übernahme durch Helios im Mai 2014 verzichtet.

Betroffen war nicht nur das Pflege-, sondern auch das Reinigungspersonal. Verdreckte Gänge oder blutige Arbeitsmaterialien, die auf dem Boden liegen, seien die Folge gewesen. "Das von Wiesbaden gezeigte Filmmaterial der Notaufnahme zeigt tatsächlich Probleme auf, die auch für uns nach der Übernahme erkennbar waren", heißt es in der Helios-Stellungnahme weiter. Im zweiten Halbjahr 2015 sei mit den notwendigen Veränderungen allerdings begonnen worden.

"Bei uns gab es keinen Stellenabbau. Das hatte ja alles schon die Rhön AG übernommen", sagt Burdich mit einem Hauch schwarzen Humors. Denn bevor die Frankenwaldklinik verkauft wurde, verzichtete der Vorbesitzer auf gleich mehrere Stellen. Inzwischen gibt es einen umgekehrten Trend: Ende 2015 habe die Kronacher Klinik über mehr Mitarbeiter verfügt, als noch zum Jahresanfang, teilt Zeidler mit.


Wenn die Zeit fehlt

Während im Klinikum Harlaching in der Frühschicht zwei Pfleger für 30 Patienten zuständig sind, steht in Kronach einer mehr zur Verfügung. "Das ist bei uns Standard", erklärt Burdich. Die hygienischen Mängel und einen rauen Umgangston führt das "Team Wallraff" auf die personellen Probleme zurück. Um sich an die Vorschriften zu halten, fehle häufig schlichtweg die Zeit.

Vier Minuten stünden im Schnitt pro Patient zur Verfügung. Ob dies nun viel oder wenig ist, mag Stephan Zeidler nicht beurteilen. Da die Pflege eines Patienten immer individuell an die jeweilige Erkrankung angepasst werden muss, könne dazu keine generelle Aussage getroffen werden. "Entsprechend steht unseren Pflegekräften ausreichend Zeit zur Verfügung", so der Sprecher der Frankenwaldklinik. "Wie viel Pflegebedarf wirklich besteht, entscheidet sich nach der Schwere der Erkrankung und nicht nach einem festgelegten Minutenschlüssel."


Jährliche Hygiene-Schulung

Die im TV gezeigten Bilder seien allerdings dazu geeignet, die Mitarbeiter noch einmal für das Thema Hygiene zu sensibilisieren. In dieser Hinsicht sieht er das Kronacher Krankenhaus aber gut aufgestellt. Mindestens einmal pro Jahr muss das Personal an einer entsprechenden Schulung teilnehmen. Auf dieser werden beispielsweise Hygiene- und Desinfektionspläne ebenso thematisiert wie die richtige Händedesinfektion.

Auch gebe es unangekündigte Kontrollen der eigenen Hygienefachkräfte, um mögliche Unregelmäßigkeiten frühzeitig aufzudecken. Über die korrekten Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen werde zudem regelmäßig das Reinigungspersonal unterrichtet. Denn solch heftigen Vorwürfen wie die Kollegen, möchte sich in Kronach niemand aussetzen müssen.