Romeo und Julia auf der Kronacher Festung Rosenberg
Autor: Rudolf Görtler
Kronach, Donnerstag, 03. Juli 2014
Heidemarie Wellmanns Kronacher Version von Shakespeares "Romeo und Julia" auf der Kronacher Festung Rosenberg ist über weite Strecken gelungen. Dennoch mindert überflüssiger Ballast das Vergnügen an der Freilicht-Inszenierung.
Die Kulisse ist ja traumhaft und eine der schönsten, die Freilichttheater in Franken zu bieten hat. Warum sie nicht bespielen?, dachte sich Daniel Leistner und dachte sich gleich noch das Konzept aus, Klassiker der Dramenliteratur herunterzubrechen auf leicht konsumierbare Unterhaltungsknaller. 20 Jahre ist das her; die Faust-Festspiele auf der Festung Rosenberg haben sich etabliert. Puristen mögen die Nase rümpfen, aber Open-Air-Theater will nicht mit dem Hamburger Schauspielhaus konkurrieren.
Was nicht heißt, dass jeder Anspruch aufgegeben werden soll und muss. Heidemarie Wellmann, Schauspielerin und Tänzerin, gehört mittlerweile federführend zum Team, was den Inszenierungen gutgetan hat. Dieses Jahr also die Tragödie "Romeo und Julia". Was schön zum 450. Geburtstag William Shakespeares passt. Ein Drama, von dessen Inhalt auch der verknöchertste Theaterverächter zumindest eine nebulöse Vorstellung hat.
Die viel gelobten Übersetzungen Frank Günthers kommen dem Sprachduktus des Klassikers sehr nahe, aber wie das inszenieren? Regisseurin Wellmann hat sich für eine eigene Übertragung und Bearbeitung entschieden. Ihr ist eine gut spielbare Version gelungen, die die Ambivalenzen des Originals nicht verschweigt, auf die Versöhnung der beiden Familien-Patriarchen über den Leichen der toten Kinder jedoch verzichtet. Da kultiviert Gerald Fischer als Bote schon mal den Kronacher Dialekt, und das Derbe im Text wird mit Hüft' und Hand eindeutig gezeigt.
Die junge Kronacherin Ida Engelhardt spielt die Julia, durchaus achtbar. Klar kann man von ihr nicht verlangen, die Wandlung vom verträumten Naivchen zu einer entschlossenen jungen Frau textlich und darstellerisch ausgereift hinzubekommen. Halil Yavuz gibt den Romeo - wie man den Romeo halt spielt. Das minimalistische Bühnenbild von Martina Wiedl, Elke Daum-Heinisch und Otto Heinisch, mal Balkon, mal Garten, mal Gruft, ist originell gebaut, und die Regisseurin selbst spielt klein, aber oho Bruder Laurenz und den Fürsten Escalus. Das könnte zusammen mit den historischen Kostümen zu solider Freilichtkost verrührt werden, wenn, ja wenn Daniel Leistner das Gebräu nicht verdürbe. Welcher Mephisto hat den Mann eigentlich geritten, sein komisches Talent immer und überall ausspielen zu wollen? Wollte er als Mercutio eine Fecht- und Sterbeszene so spielen, als würde sie im Schullandheim parodiert? Das ist nicht parodistisch, das ist peinlich.
Überdreht agiert auch die Amme Oda Gräbner, zumal ihr schrilles Organ durch die elektronische Verstärkung arg in den Ohren gellt. Und braucht's denn immer und immer wieder und jedes Jahr gleich aufgepfropfte Musik- und Tanzeinlagen? Wir wissen schon, dass die Lautsprecheranlage funktioniert. Oder sind das retardierende Momente, wenn die Statisterie die Arme wiegt und die Lightshow glitzert? Das braucht's nicht. Diesen Festspielen würde neues Personal mit neuem Konzept guttun. Immerhin, an einem schönen Sommerabend ist die Aussicht von der Burg gigantisch.