Richter spricht Bewährungsstrafe nur mit großen Bedenken aus
Autor: Mariell Dörrschmidt
Kronach, Donnerstag, 26. März 2015
Vor dem Amtsgericht Kronach wurde ein 36-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er eine Frau geschlagen und getreten hat.
Beleidigungen, gefährliche Körperverletzung und Nötigung sind das Ergebnis einer Auseinandersetzung in Pressig. Waren die beiden Betroffenen früher wie Bruder und Schwester, trafen sie sich gestern als Gegner vor Gericht.
Der bereits vorbestrafte Mann aus dem nördlichen Landkreis Kronach soll der Frau in den Rücken und ins Genick geschlagen, sie gewürgt und mehrfach auf sie eingetreten haben. Die Geschädigte erlitt hierdurch mehrfache Prellungen, Schmerzen in Rücken, Kopf, Schultern und Bauch sowie ein Hämatom auf der Stirn und war für drei Wochen krank geschrieben.
Bewährungsstrafe
Nach zahlreichen Zeugenbefragungen konnten die Anklagepunkte nur teilweise bestätigt werden. Richter Gerold Seifert sprach den Angeklagten demnach "nur" wegen vorsätzlicher Körperverletzung schuldig. Das Urteil über ein Jahr und acht Monate setzte er mit "Bedenken und Bauchschmerzen" zur Bewährung auf vier Jahre aus.
Von Beleidigungen wollte der Angeklagte nichts wissen. In einem Pub soll er eine Frau mit anzüglichen und frauenfeindlichen Bemerkungen beleidigt haben. Seine ehemals beste Freundin, die ihn auf die Beleidigungen aufmerksam gemacht hatte, habe er daraufhin ebenfalls in primitiver Ausdrucksweise beschimpft.
Das wollte der Angeklagte so aber nicht stehen lassen und beteuerte seine Unschuld: "Ich habe den Spielautomaten beschimpft, weil er nicht funktionierte", erklärte der Mann. Auch wenn ungeklärt blieb, wem die Beschimpfungen tatsächlich galten, stand eine Körperverletzung in Verbindung mit einer vorgefallenen Rangelei außer Frage.
Die Betroffene sowie Zeugen bestätigten die vorgefallene Schlägerei vor dem Pub. Die ehemalige Freundin, die seit längerer Zeit mit dem Angeklagten zerstritten gewesen sei, verließ nach dem verbalen Gefecht die Kneipe. Der Angeklagte, der sich schon den ganzen Abend lang von seiner "Freundin" durch unangenehme Blicke provoziert gefühlt hatte, folgte ihr auf dem Weg nach draußen. Daraufhin nahm die Auseinandersetzung ihren Lauf.
Außenstehender hilft
Laut Aussagen des Opfers habe er sie von hinten angesprungen: "Ich bin zu Boden gegangen. Ich drückte ihm meine Finger in die Augen, um mich zu wehren", erinnerte sich die Frau und rechtfertigte ihre Notwehr. Im weiteren Verlauf habe der 36-Jährige der Frau laut Zeugenaussagen noch einen weiteren Tritt mit dem Fuß verpasst. Ein Außenstehender griff daraufhin ein und hielt den impulsiven Angreifer zurück.
Der Wirt, der die Polizei verständigte, wurde vom 36-Jährigen im Pub aufgesucht und mit folgenden Worten bedroht: "Leg' auf, sonst kriegst du die nächste auf die Fresse." Diese Drohungen wollte der Wirt allerdings vor Gericht nicht überbewerten: "Die Drohung stimmt, ist aber nicht weiter ernst zu nehmen."
Urteil
Auf Grund vieler Ungenauigkeiten in den Aussagen konnten letztendlich nur ein Schlag und ein Tritt bestätigt werden, da sich die Betroffenen an den Vorfall, der etwa eineinhalb Jahre zurückliegt, nur schwer erinnern konnten.
Unter Berücksichtigung einer alten Strafe, die dem Angeklagten noch anhaftete, entschied sich Seifert entgegen des Antrags des Staatsanwaltes Timm Hain, die Strafe auf Bewährung auszusetzen.