Druckartikel: Rheinischer Frohsinn in Kronach

Rheinischer Frohsinn in Kronach


Autor: Friedwald Schedel

Kronach, Sonntag, 10. November 2013

Gerwin Reh war 1964 der erste Prinz der Kroniche Fousanaocht. Er erinnert sich an manch lustige Begebenheit.
Prinz Gerwin Reh mit Prinzessin Inge Kudnik beim Einmarsch ins Schützenhaus Kronach. Seine Tollität war nach Art des Kölner Karnevals gekleidet.


Wie ein rheinischer Prinz beim Kölner Karneval marschierte der damals 24-jährige Gerwin Reh beim ersten Prinzenball der Kroniche Fousanaocht im Jahr 1964 ins Schützenhaus ein. Kölner Karneval im Frankenwald? Wie geht denn das?

Gerwin Reh kann sich noch gut an die Anfänge der Narretei in Kronach erinnern. Den Anstoß dazu gab Helmut Arbeiter, eine rheinische Frohnatur, die das ausgelassene närrische Treiben in ihre Wahlheimat Kronach bringen wollte. Und wer Helmut Arbeiter kannte, der wusste, was der sich in den Kopf setzt, das zieht er auch durch. Und es hielt bislang 50 Jahre.

Engagierte Mitstreiter

"Da war Stil dahinter", schwärmt Gerwin Reh noch immer vom Spiritus Rector der Fousanaocht. "Der Rheinländer war zwar ein fröhlicher Mensch, aber er hatte eine gewisse Ernsthaftigkeit. Was er angepackt hat, das hatte Hand und Fuß", meint Gerwin Reh.

Arbeiter habe einmal gesagt: "Ihr könnt alles bestimmen, aber das letzte Wort hab ich!"

"Helmut Arbeiter fand im ehemaligen Sparkassendirektor Albert Hertel, in Apotheker Gerhard Spörl, dem Arzt Karlheinz Seidel, dem späteren Stadtkämmerer Helmut Goller sowie in Willi und Hans Schreiber engagierte Mitstreiter", erinnert sich der erste Faschingsprinz.

Kostüm aus dem Fundus

Der damalige Chef von Gerwin Reh, Sparkassendirektor Albert Hertel, nahm den 24-jährigen Lehrling zur Seite: "Herr Reh, ich habe ein Attentat auf Sie vor. Könnten Sie sich vorstellen, den Kronacher Faschingsprinzen zu machen?" Der Azubi erbat sich Bedenkzeit und sagte schließlich zu.
Beim Vorgespräch herrschte ihn Helmut Arbeiter an: "Wo ist denn Ihre Prinzessin?" Als Gerwin Reh kleinlaut einwarf, dass davon bisher nicht die Rede gewesen sei, polterte der Faschingsmacher aus dem Rheinland, das könne doch wohl nicht wahr sein. Reh sollte sich schleunigst eine Prinzessin suchen. Und die fand der Prinz in Inge Kudnik.

Dann ging's an die Kleiderordnung. Der Prinz kam nicht im edlen Zwirn daher wie heutzutage, denn Helmut Arbeiter wollte ja schließlich den Kölner Karneval importieren. Um wie ein echter Kölner Prinz auszusehen, fuhr Gerwin Reh nach Coburg und lieh sich aus dem Kostümfundus des Landestheaters ein Outfit. Schuhe und Strumpfhosen bezahlte er aus der eigenen Schatulle, doch auf das edle Gewand musste er während der Faschingszeit höllisch aufpassen, damit ihm keiner die wertvollen Textilien vollkleckerte oder sonst wie beschädigte.

Bei Rotwein und Lebkuchen

Er hat gut aufgepasst, denn er konnte das Prinzengewand unbeschadet wieder zurückgeben. Und das, obwohl er bei etlichen Faschingsveranstaltungen mit von der Partie war. Da gab es nicht nur Büttenabend und Rathaussturm. Schon damals begründeten die Fousanaochter die Tradition, Altenheime aufzusuchen. Und so machten sie zur großen Freude der Bewohner und Ordensfrauen einen Abstecher ins Bürgerspital. Auch an seine Auftritte beim Schachball und Turnerfasching kann sich Gerwin Reh noch gut erinnern.

Für jeden Termin hatte er eine eigens dafür zugeschnittene Rede parat. An der feilte er mit Heimatdichter Andreas Bauer stundenlang. "Wir haben schon im November angefangen, die Reden zu schreiben", weist Gerwin Reh auf die lange Vorbereitungszeit hin. Er und der Bauern Andres saßen bei Rotwein und Lebkuchen zusammen und überlegten, wie man denn die kleinen Eigenheiten der Prominenz karikieren könnte. "Wir hatten schon Spitzen drin, wollten aber keinem zu nahe treten", erläutert Gerwin Reh. Alles streng nach dem Wahlspruch der Kronacher Narren: "Allen zur Freud und niemand zum Leid."

Was wünscht der erste Faschingsprinz der Kroniche Fousanaocht? Sie solle ein fester Bestandteil im Jahreskreis bleiben, weil sie Freude und Frohsinn ausstrahle, meint er. Den Aktiven auf und hinter der Bühne, die sich teilweise schon seit Jahrzehnten engagieren, zollt Gerwin Reh größten Respekt: "Kein Außenstehender kann ermessen, wie viel Arbeit und Engagement dahinter steckt!"