Druckartikel: Rentenberater der ersten Stunde

Rentenberater der ersten Stunde


Autor: Lisa Kieslinger

Kronach, Sonntag, 03. April 2016

Neben seinen Sprechstunden im KAB-Büro der Klosterkirche besucht Andreas Jakobseine Klienten auch zuhause.
Der 59-jährige Karl-Heinz Thümlein (links) sucht Rat bei Andreas Jakob. Schon lange sucht er verzweifelt nach einem Job. Foto: Lisa Kieslinger


Die Stühle vor dem Büro von Andreas Jakob sind alle besetzt. Nach einer halben Stunde geht die Tür auf. Eine Dame verabschiedet sich von Jakob. "Und nochmal vielen, vielen Dank. Sie haben mir wirklich sehr geholfen", sagt sie mit einem Strahlen in den Augen. Als nächster ist Karl-Heinz Thümlein an der Reihe. Der 59-Jährige ist seit vielen Jahren arbeitslos. 30 Jahre arbeitete er bei einer Polsterfirma, bis diese pleite ging. Auch drei Herzoperationen musste Thümlein bereits über sich ergehen lassen. "Ich finde einfach keinen Job. Mich will keiner mehr", erzählt er Andreas Jakob. Gemeinsam gehen die beiden nochmal alle Unterlagen durch und besprechen die nächsten Schritte.


Nicht immer der typische Rentner

Karl-Heinz Thümlein ist mit 59 Jahren nicht der typische Klient, an den man denkt, wenn man die Rentenberatung der Deutschen Rentenversicherung besucht. "Die meisten denken, dass nur Rentner zu mir kommen. Aber das ist nicht der Fall", erklärt Andreas Jakob. Er erzählt von einem Telefonat vor ein paar Tagen mit einem 50-jährigen Mann. "Er hat vor einiger Zeit seine Frau verloren und steht jetzt mit seinen beiden schulpflichtigen Kindern alleine da." Mit ihm hat Andreas Jakob einen Termin für die nächste Zeit ausgemacht. Schicksale, die auch den erfahrensten Rentenberater wie Andreas Jakob nicht kalt lassen.

Alle zwei Wochen hält er seine Sprechstunde in Kronach im Büro der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung (KAB) in der Klosterkirche ab. Und das macht der 84-Jährige bei unserem Besuch auf den Tag genau 40 Jahre. Alles begann am 1. April 1976. "Ich hatte schon immer Interesse am Sozialbereich", erzählt der Giftinger. Auf Vorschlag der KAB wurde er vor 40 Jahren zum Versichertenältesten aufgestellt, nachdem die Gemeinden nach der Gebietsreform diese Funktion nicht mehr übernahmen. Und prompt wurde er von der Vertreterversammlung der Landesversicherungsanstalt gewählt.

Die meisten erkundigen sich bei Andreas Jakob, welche Voraussetzungen sie für einen Rentenantrag erfüllen müssen. Oft füllt der 84-Jährige den Antrag auch mit den Leuten zusammen aus. Doch dafür reiche die Zeit in der Sprechstunde nicht aus. "Die kommen bei mir privat in Gifting vorbei. Für einen Antrag brauche ich schließlich eine Stunde, das kann ich hier nicht machen", sagt Jakob. Sonst müssten die anderen viel zu lange vor der Tür warten. Einfach so durch die Stadt gehen, dass sei für ihn fast unmöglich. "Die Leute kommen auf mich zu und bedanken sich. Auch wenn es schon zehn Jahre her ist, dass ich ihnen geholfen habe", sagt der Rentenberater. Und genau das, freut Andreas Jakob: Er will anderen helfen. Und das macht er alles ehrenamtlich.

Auf seinem Tisch im KAB-Büro ist neben ausgedruckten Formularen, Ordnern und einem Aktenkoffer nichts zu sehen. Auf die Suche nach einem Computer macht man sich vergebens. "Ich brauche keinen Flimmerkasten. Ich mache das alles handschriftlich."


Es ändert sich ständig etwas

In seinen 40 Jahren hat Jakob so einiges erlebt. Das Wichtigste war immer, dass er auf dem neuesten Stand bleibt. Einmal im Jahr gibt es dafür eine viertägige Fortbildung in Nürnberg, die der 84-Jährige die letzten Jahre immer besucht hat. Dieses Jahr wird Andreas Jakob den weiten Weg mit dem Auto nicht mehr auf sich nehmen. Doch die Unterlagen über die Neuerungen lässt er sich immer zuschicken. "Schließlich muss ich immer auf dem aktuellsten Stand sein." Die Rentenberatung halte ihn fit.

Im Jahr 2011 wurde Andreas Jakob für eine Wahlperiode als Versichertenältester gewählt. Diese dauert sechs Jahre - geht also nächstes Jahr zu Ende. "Dann mache ich Feierabend. Ich bin schließlich schon 84", ist sich Andreas Jakob sicher. "Schon jetzt sagen die Leute oft zu mir: Das kannst du doch nicht machen. Wir brauchen dich." Doch Andreas Jakob hat seine Entscheidung gefällt. Er wird nicht noch eine Wahlperiode als Rentenberater tätig sein. "Ich kann nur hoffen, dass sich wieder jemand findet, der mein Ehrenamt übernimmt."