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Rennen auf der Kronacher Industriestraße?


Autor: Marco Meißner

Kronach, Montag, 14. November 2016

Nach einem schweren Unfall in Kronach sprechen Beobachter von nächtlichen Bleifuß-Fahrten.
Breit, schnurgerade, nachts kaum Fußgänger und wenig befahren: Verlockt die Industriestraße nur einzelne Raser zum Tritt aufs Gaspedal, oder wird sie gar als Rennstrecke missbraucht? Foto: Marco Meißner


Mit schweren Verletzungen wurde ein 22-Jähriger in der Nacht zum Freitag in die Helios-Frankenwaldklinik eingeliefert. Seine Autofahrt fand an einem Findling in der Industriestraße ein jähes Ende. Zeugen äußern den Verdacht, dass der junge Mann zu schnell unterwegs gewesen sein dürfte - viel zu schnell. Ein Einzelfall?

"Mit etwa 120 Sachen", glaubt ein Zeuge, sei der Unfallfahrer wohl durchs Industriegebiet gedüst. Erwiesen ist das nicht. Noch wird ermittelt, was genau zum Unfall geführt hat. Allerdings geht auch Matthias Stöcker von der Polizeiinspektion Kronach davon aus, dass der Fahrer anscheinend zu schnell unterwegs war.

"Konkrete Verdachtsmomente gibt es nicht", erklärt er auf Nachfrage, ob sich möglicherweise eine Raserszene in der Kreisstadt austobt. Andere Vorfälle aus der Industriestraße seien ihm nicht bekannt, weshalb er von Einzelfällen ausgehe.

Die Treffen von Autofans beim nahe gelegenen dm-Parkplatz gebe es noch immer. Doch die hingen mehr mit Verschmutzungen als mit einer Rennszene zusammen. "So ein Phänomen ist uns nicht bekannt, sonst wären wir schon eingeschritten." Ähnlich äußert sich auch Albert Büttner von der Ludwigsstädter Polizei, angesprochen auf einen tödlichen Unfall in Tettau, bei dem sich im Oktober innerorts ein Wagen überschlagen hatte.

Im Gespräch mit einigen Anwohnern beziehungsweise Berufstätigen aus dem Kronacher Industriegebiet zeichnet sich allerdings ab, dass es sich dort doch um mehr als nur ein paar Unvernünftige drehen könnte, die ab und an mal einen Zwischenspurt hinlegen. "Da wurden schon Rennen gefahren", stellt ein Beobachter fest. Er habe schon beobachtet, wie nebeneinander losgerauscht wird.


Plötzlich ist der Spuk vorbei

Das passiere momentan allerdings seltener. Witterungsbedingt, meint eine Frau, die auch schon solche Fahrer im Temporausch beobachtet hat. In der warmen Jahreszeit drehten die Straßenrowdys immer wieder mal nach Mitternacht ihre Runden. Drei-, viermal gehe es die Industriestraße entlang, dann sei der Spuk vorbei. In der Nacht und bei der Geschwindigkeit, "da erkennt man kein Kennzeichen", ergänzt die Frau. Ihre Anrufe bei der Polizei hätten daher nichts gebracht. Und bis eine Streife ankomme, seien die Raser schon wieder weg. Einer unserer Gesprächspartner fügt an, dass dies auch der seiner Ansicht nach dünnen Besetzung der Polizei, gerade in der Nacht, geschuldet sei. "Die Polizisten können sich ja nicht zerteilen", sagt er.


Mit Motorrad durch Schulgarten

"Die fahren Rennen", stellt ein weiterer im Industriegebiet Berufstätiger fest. Aus Mostrach sei ihm zudem zu Ohren gekommen, dass dort mit Motorrädern die Post abgeht. Gleiches bemerkte unser Reporter am Schulzentrum, wo eine Motocross-Maschine mitten in der Nacht mehrfach mit hohem Tempo über den Schotterweg des Schulgartens gebrettert ist.

"Und wenn erst ein paar Zentimeter Schnee liegen, dann geht es auf den leeren Firmenparkplätzen wieder los", erklärt ein Mann. Dort werde das Driften geübt. Doch das sei das kleinere Übel, weil schlimmstenfalls mal eine Leuchte etwas abbekomme, aber wenigstens nicht das Leben anderer Menschen aufs Spiel gesetzt werde. Matthias Stöcker wird bei diesen Schilderungen hellhörig. Ärger mit Motorradfahrern habe es früher schon in Zeyern gegeben.

Das Problem: Die Zweiradfahrer seien im Gelände von einer Polizeistreife schwer zu stellen. Dennoch werde die Polizei den Hinweisen nachgehen. Und was die Raser in der Industriestraße betrifft, sollten die sich in Zukunft nicht zu sicher fühlen. Denn Stöcker will auch diesem Bereich ein noch größeres Augenmerk widmen.