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Regenüberlaufbecken für Nordhalben? - Der aktuelle Stand


Autor: Hendrik Steffens

Nordhalben, Mittwoch, 01. Juli 2015

Bis 31. Juli muss Nordhalben eine Planung für die Neuerteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis vorlegen. Der Bau eines Regenüberlaufbeckens scheint vielen sinnvoll, aber nicht dem Bürgermeister. Deshalb sprach er mit Ulrike Scharf.
Das alte Regenüberlaufbecken in Nordhalben genügt nicht aktuellen Vorschriften. Ersatz muss her - oder eine gute Alternative.  Foto: Archiv


Der Reporter weist auf die Frist hin. 31. Juli. Bis dahin, so heißt es vom Landratsamt, soll Nordhalben eine Planung für die Neuerteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis vorlegen. Bürgermeister Michael Pöhnlein (FW) lacht laut. "Wir hatten ein sehr gutes Gespräch mit der bayerischen Umweltministerin Ulrike Scharf", sagt er, als wäre das eine Antwort auf die Fristfrage. Ergebnis des Gesprächs vom 18. Juni ist laut Pöhnlein: Nordhalben solle zeitnah Alternativmaßnahmen zu einem Regenüberlaufbecken (RÜB) in einem Stufenplan vorlegen. Er klingt überaus positiv gestimmt.

Zum Hintergrund: Weil es bei Starkregen an verschiedenen Punkten in der Gemeinde zu Überlastungen im Kanalsystem und letztlich zu unkontrolliertem Abfluss in die Rodach kommt, steht in Nordhalben seit einigen Jahren der Bau eines RÜB in der Diskussion. Mit diesem könnte der Abfluss des Regenwassers wohl reguliert werden. Allerdings würden die Kosten von mehreren 100 000 Euro auf die Bürger umgelegt werden.

Aktuell versuche man primär, Lösungen zur Fremdwasserbeseitigung zu finden, so Pöhnlein. Bis zu 80 Prozent Fremdwasser, das hätten Untersuchungen ergeben, seien bislang durch Nordhalbens Kanalisation geflossen. "Also Wasser, das da nicht rein gehört, aber den Platz für das Schmutzwasser wegnimmt." Sein Anliegen, das zu ändern, hätte das Ministerium begrüßt - und einen Plan zur stufenweisen Umsetzung verlangt. Diesen, so Pöhnlein, wolle man in 14 Tagen bis drei Wochen (Stand 30. Juni) vorlegen.

Keine Eile beim Bau

Bei dem Gespräch in München sei er darauf hingewiesen worden, dass es nicht sinnvoll sei, jetzt größere Baumaßnahmen - wie eine umfassende Kanalsanierung - zu beginnen, so Pöhnlein. Bald werde wohl ein neues Förderprogramm aufgelegt, das für Nordhalben und seine Abwasser-Problematik vielversprechend sein könne.
Aber zurück zum Anfang: Wird Nordhalben die Frist des Landratsamtes, den 31. Juli, einhalten? "Kömmer schon machen", meint Pöhnlein. Wichtiger als reine Fristfragen sei momentan aber die Behebung der Probleme. In Fragen der Beseitigung des Fremdwassers habe man schon sehr gute Fortschritte erzielt. Man sei außerdem dabei, Versickerung und Flächenentsiegelung voranzubringen. "Weil Regenwasser in den Boden gehört und nicht in die Kläranlage."

Bei der praktischen Planung des Vorgehens in Abwasserfragen gab es einen Wechsel des Ingenieurbüros. Zuerst war das Büro SRP zuständig. Seit einer Weile hat "Stadt-Land-Fluss Ingenieurdienste" mit Sitz in Stein (Kreis Fürth) übernommen. Unklar blieb gestern, inwiefern sich der Gemeinderat damit befasst hat. Während sich Michael Wunder (CSU) nicht daran erinnern konnte, meinte Ludwig Pötzinger (FW), es habe einen Gemeinderatsbeschluss zum Wechsel gegeben. Der Bürgermeister fand bis Redaktionsschluss keine Zeit, sich zu den Umständen und Gründen für den Bürowechsel zu äußern. Ebenso sein Stellvertreter.

Planungsstand? Kein Kommentar

Das Wasserwirtschaftsamt - zuständig für die Prüfung der technischen Fragen bei der Neuerteilung eines wasserrechtlichen Erlaubnis - will zum aktuellen Prüfstand keine Angaben machen. Unterlagen des von Nordhalben beauftragten Ingenieurbüros seien eingegangen. Man bearbeite die Vorschläge nun aus sachtechnischer Sicht, sagte Abteilungsleiter Matthias Schrepfermann. Für weitere Informationen verwies Schrepfermann an das Landratsamt, die zuständige Behörde in Fragen des Wasserrechts im Kreis Kronach.

Auch das Landratsamt äußerte sich am 30. Juni nicht im Detail zum aktuellen Sachstand. Eigentlich wäre dieser Tag das Fristende gewesen. Die Behörde verlegte den Termin für die Planvorlage zuletzt auf den 31. Juli 2015. Die Verschiebung um einen Monat war "ein Zugeständnis, das gemacht wurde, weil sich die Terminierung des vom Markt Nordhalben bei Landrat Oswald Marr (SPD) beantragten Besprechungstermins wegen der Abstimmung mit allen Behördenvertretern, die teilnehmen sollten, verzögert hatte", hieß es vom Landratsamt. Und was passiert, wenn die Frist vom 31. Juli nicht eingehalten wird? "Dies kann erst nach Ablauf der Frist beurteilt werden, weil auch der dann vorliegende Sachstand zu berücksichtigen ist."

Zahlen Bürger ohnehin schon?

Umgangssprachlich könnte man wohl sagen, Michael Pöhnlein wehrt sich mit Händen und Füßen gegen den Bau des RÜB. Das hatte er bereits im Wahlkampf 2014 klar gemacht. Einige Beobachter sind gar der Meinung, dass er seinen Wahlsieg vor allem dieser Position zu verdanken gehabt habe und Wahlversprechen brechen würde, sollte er einknicken.

Sein Vorgänger, Josef Daum (CSU), sah und sieht keine Alternative zum RÜB. Zumal der Neubau nicht unbezahlbar sei: "Dass da manchmal von einem Millionen-Projekt geredet wird, ist falsch. Angedacht sind 720 000 Euro", so Daum. Ohnehin bezahlten die Bürger bereits seit zwei Jahren für die Baumaßnahme. Damals wurde die Kanalnutzungsgebühr neu berechnet - und die Kosten für ein neues RÜB wurden einbezogen.

Pöhnlein lässt das so nicht stehen. Zum einen könne man das Geld aus der Erhöhung der Kanalgebühren auch für die Kanalsanierung verwenden. Zum anderen sei die Aussage, das Becken koste um 700 000 Euro, eine "Milchmädchenrechnung": Der reine Betonkörper koste 700 000 Euro. Man müsse aber auch das alte Becken abreißen. Und bis das geschehen und das neue RÜB mit allen Anschlüssen betriebsbereit sei, würde die Million sicher geknackt. Hinzu kämen Zinsen, die wohl in die Hunderttausende gingen. "Es wäre Irrsinn", so Pöhnlein. Zumal die Bevölkerung weiter abnehme und die Kosten so auf immer weniger Menschen verteilt wären.

Springen Nachbarn ein?

Hilfe in der angespannten Situation bot Nordhalbens Nachbargemeinde Geroldsgrün an. In einem Entwurf zu einer Nutzungsvereinbarung (von November 2014) zur Mischwasserbehandlung hieß es, Nordhalben könne überschüssiges Speichervolumen nutzen, solange kein Eigenbedarf bestehe. Das Wasserwirtschaftsamt habe allerdings Bedenken geäußert, so Daniel Hohberger, Geschäftsleiter im Rathaus Geroldsgrün. Er davon aus, dass die Vereinbarung nicht zum Tragen kommt.

Zum Hintergrund

Das Mischwasser des Marktes Nordhalben wird in einer Kläranlage gereinigt und der Rodach als Vorfluter zugeführt. Für die Einleitung von behandeltem Mischwasser in ein Oberflächengewässer ist eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich - in diesem Fall des Landratsamtes Kronach. Die bestehende Einleitungserlaubnis ist am 31. Dezember 2014 ausgelaufen. Aktuell liegt eine Duldung vor - mit Frist 31. Juli. Bis dahin muss ein neues, prüffähiges Konzept vorliegen.

So bewerten die Fraktionen die Situation

Das Thema Abwasser oder Neuerteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis steht nicht auf der Tagesordnung der Marktgemeinderatssitzung am nächsten Dienstag, der letzten vor dem 31. Juli. Zumindest nicht für den öffentlichen Teil der Sitzung. Aber was meinen die Fraktionschefs zum Thema?

Michael Wunder (CSU)

Den aktuellen Stand und die Fristverlängerung auf den 31. Juli hat Michael Wunder, Fraktionsvorsitzender der CSU, aus der Zeitung entnommen. "Das war im Marktgemeinderat länger kein Thema mehr." Einen Grund, beim Bürgermeister nachzuhaken, sehe er nicht. "Vielleicht sollte er es mal wieder auf die Tagesordnung setzen."
Die CSU-Fraktion hat sich für den Fall, dass bei Fristüberschreitung Strafzahlungen auf die Marktgemeinde zukämen, so gut es geht abgesichert. Vertreter der Nordhalbener Christsozialen wie auch der SPD wandten sich im vergangenen Jahr mit einem Schreiben ans Landratsamt. Darin beteuerten sie, dass sie für die zeitliche Verzögerung der Thematik keine Verantwortung übernähmen.

Michael Franz (SPD)

Der SPD-Fraktionsvorsitzende, Michael Franz, fügte hinzu, das Schreiben habe für seine Fraktion allein den Zweck der Absicherung gehabt: "Dass wir im Falle einer Fristüberschreitung nicht wegen grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Handlungen wider das Recht belangt werden." Das solle nicht als Abneigung gegen Pöhnlein verstanden werden. Man arbeite mit dem Bürgermeister wie den Fraktionen im Gemeinderat weitgehend gut zusammen. Auch die SPD hat laut Franz seit mehreren Monaten keine Neuigkeiten im Stand der Abwasser-Planung bekommen. Aber: "Der Bürgermeister wird schon wissen, was er tut."

Ludwig Pötzinger (FW)

"Wer sagt denn das?", antwortet Ludwig Pötzinger auf die Aussage des Reporters, am 31. Juli laufe die aktuelle Frist aus. Nach seinem Kenntnisstand (Stand 29. Juni) sei das Datum hinfällig. Er verwies auf das Gespräch Pöhnleins mit der Umweltministerin Ulrike Scharf. Das sei, so habe er mitbekommen, aus Sicht der Freien Wähler "mehr als erfreulich" gewesen.