Reanimation: "Einziger Fehler ist, nichts zu tun"

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Sebastian Blasczyk ist Lehrrettungsassistent und hat schon ein Dutzend Menschen wieder zurück ins Leben geführt. Aber auch Laien könnten viel bewirken. Sie müssten sich nur trauen. Fotos: Andreas Schmitt
Sebastian Blasczyk ist Lehrrettungsassistent und hat schon ein Dutzend Menschen wieder zurück ins Leben geführt. Aber auch Laien könnten viel bewirken. Sie müssten sich nur trauen.  Fotos: Andreas Schmitt
Mit Hilfe eines PC-Programms hilft Stefan Trommer von der Integrierten Leitstelle in Ebersdorf bei Coburg aus telefonisch bei der Reanimation.
Mit Hilfe eines PC-Programms hilft Stefan Trommer von der Integrierten Leitstelle in Ebersdorf bei Coburg aus telefonisch bei der Reanimation.
 
Wenn ein Defi in der Nähe ist, sollten ihn Ersthelfer zügig einsetzen.
Wenn ein Defi in der Nähe ist, sollten ihn Ersthelfer zügig einsetzen.
 

Auch Laien können durch eine schnelle Reanimation und mit Hilfe von Defi und Telefon viele Leben retten.

"Weg vom Tisch", hallt es durch den Raum. Ein Elektroschock, der Körper des Patienten springt in die Luft. Die Nulllinie auf dem Bildschirm verschwindet und das Herz schlägt wieder.

Aus Film und Fernsehen kennt sie jeder, diese dramatischen Szenen, in denen der Patient dem Tod gerade noch von der Schippe springt. Was aber persönlich zu tun ist, wenn das Herz eines Mitmenschen aussetzt, das wissen weit weniger.


Das Vorgehen im Ernstfall

"Der einzige Fehler ist, nichts zu tun", sagt Sebastian Blasczyk. Der Kronacher arbeitet seit vier Jahren als Rettungsassistent beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und hat schon ein Dutzend Menschen erfolgreich reanimiert. "Man kann nichts falsch machen", ermuntert der 29-Jährige. "Der Patient ist klinisch tot. Wenn schnell gehandelt wird, kann man ihn aber vielleicht zurückholen."

Spielen wir den Ernstfall einmal durch: Zuerst immer "112" wählen. Dann meldet sich europaweit eine Notrufzentrale - im Bereich Coburg, Kronach und Lichtenfels die sogenannten Integrierte Leitstelle (ILS) in Ebersdorf bei Coburg. Übrigens auch, wenn das Handy kein Netz oder Guthaben hat.


Herzdruckmassage nie falsch

Ist der Rettungswagen alarmiert, folgt die Herzdruckmassage. Voraussetzung: Der Patient ist bewusstlos und hat keine Atmung. "Um das zu überprüfen, das Ohr knapp über Mund und Nase halten. Spüre ich nichts, folgt die Reanimation", sagt Sebastian Blasczyk.

Der Brustkorb wird dabei zweimal pro Sekunde mit beiden Händen fest und schnell heruntergedrückt. Insgesamt 30-mal. Danach folgen im Idealfall zwei Mund-zu-Mund-Beatmungen. Wer sich das aber nicht zutraut, der drückt trotzdem. Zügig gestartete Herzdruckmassagen steigern die Überlebenschancen und verringern das Risiko eines durch Sauerstoffmangel bedingten Hirnschadens.

Deshalb sollte reanimiert werden, bis der Notarzt eintrifft oder der Patient ein Lebenszeichen gibt. Falls mehrere Helfer vor Ort sind, ruhig alle zwei Minuten wechseln. "Es kann nichts passieren", wiederholt Blasczyk. "Selbst wenn eine Rippe bricht, ist das immer noch besser, als nichts zu tun."


Defi erkennt Kammerflimmern

"Herzdruckmassage ist bei Patienten ohne Atmung nie falsch", sagt Blasczyk. Auch wenn sie nur bei komplettem Herzstillstand hilft. Kammerflimmern hingegen behandelt am besten ein Elektroschock.

Feststellen, um was es sich handelt, kann man mit Hilfe von Defibrillatoren, die immer öfter im öffentlichen Raum hängen. Behörden, Vereine oder Hilfsorganisationen kaufen sie - Ersthelfer sollten sie zügig einsetzen.

Pro Minute sinkt die Chance einer erfolgreichen Defibrillation um zehn Prozent. Die Rettungswachen liegen in Coburg, Kronach und Lichtenfels zwar so, dass professionelle Hilfe in zwölf Minuten vor Ort sein soll. Wenn bis dahin nichts getan wird, ist das aber oft zu spät.

Der Schock lässt den Körper des Patienten zwar nicht wie im Film aufspringen. Er unterbricht Erregungen, beruhigt das Herz und gibt ihm die Chance, wieder geordnet zu schlagen.

Das Gute am Defi: Er "spricht" mit den Ersthelfern, erklärt wie die Elektroden anzulegen sind oder, dass der Patient während des Schocks nicht berührt werden darf. Blasczyk: "Falls man eine Helfergruppe ist, reanimieren einer oder besser zwei den Patienten. Die anderen suchen nach einem Defi."


Stimme gegen die Aufregung

So weit die Theorie. Wer sich das in einer Notsituation vor Aufregung nicht alles merken kann, dem hilft die Integrierte Leiststelle. "Wir bleiben am Apparat, bis professionelle Hilfe da ist", sagt Stefan Trommer. Der 53-Jährige aus Ahorn im Landkreis Coburg ist seit 25 Jahren Leitstellendisponent, kennt sich mit Notrufen bestens aus.

Bei der telefonunterstützten Reanimation, die die ILS seit 2014 anbietet, hält er sich aber streng an Vorgaben eines PC-Systems, dessen Nutzen für Ersthelfer getestet wurde. "Bewegen sich Brust oder Bauch?", liest er ab oder spielt zur Herzdruckmassage einen Taktgeber auf. Die Erfahrungen der Leitstelle sind gut. Viele Ersthelfer ließen sich mit telefonischer Hilfe zur Reanimation bewegen.

Und das findet natürlich auch Sebastian Blasczyk gut. Immerhin gebe es im Landkreis Kronach mindestens einmal pro Woche einen Notruf, bei dem reanimiert werden muss.