Protest gegen Windräder im Küpser Rathaus
Autor: Friedwald Schedel
Küps, Mittwoch, 28. Mai 2014
Das Küpser Gremium vertagte eine Entscheidung über den Bau der Windräder bis zur nächsten Sitzung. Die Räte können Einblick in die umfangreichen Planungsunterlagen der Stadtwerke Mannheim Einblick nehmen.
So voll war der Sitzungssaal im Rathaus von Küps wohl noch nie. Nicht nur alle nur möglichen Sitzgelegenheiten in zweiter und dritter Reihe hinter dem Ratsgremium waren belegt, die Bürger standen auch noch bis in den Gang hinaus. Die meisten wollten ihr Missfallen über die Planungen zur Errichtung von fünf Windrädern zum Ausdruck bringen. Obwohl die Einspruchsfristen abgelaufen sind, will man noch die Chance nutzen, die Windräder doch noch zu verhindern. Zwei Vertreter des Anlagenbetreibers nahmen an der Sitzung teil und beantworteten die vielen Fragen der Marktgemeinderäte.
Der Marktgemeinderat vertagte die Entscheidung bis zur nächsten Sitzung am 24. Juni.
Auch die Unterschriftenlisten würden ans Landratsamt als Genehmigungsbehörde weitergeleitet, sagte Bürgermeister Herbert Schneider (parteilos).
Die Bürger melden sich zu Wort
Helmut Schiffner bat in der Bürgerfragestunde darum, dass keine Windkrafträder bei Hain gebaut werden. Er sagte, Deutschland verschenke Windstrom ans Ausland und importiere Atomstrom aus schlechten Kraftwerken. Windkraftwerke würden in Oberfranken in bewohntes Gebiet gebaut, ohne dass die Abstandsregeln der Weltgesundheitsorganisation eingehalten würden. "Die Dinger" stünden 340 Meter hoch über Hain und Weides. Er fragte den Bürgermeister, wie er es zulassen könne, dass Werte in Millionenhöhe vernichtet würden, während die Erträge woanders hingingen. "Wer soll in Eure Schulen gehen?", fragte Schiffner. Man gebe ohne Not das wichtigste Gut, die Kinder, auf. Unter diesen gigantischen Türmen würden sich die Menschen nicht mehr wohl fühlen. "Wir werden unter allen Umständen diese Zeile da oben verhindern. Wir erwarten, dass Sie diese Monster am Reinberg verhindern."
Die Betreiber seien am Desaster selber schuld. Sie hätten das ihrer Geheimniskrämerei zu verdanken. Das alles hätte man sich sparen können, wenn die Bürger rechtzeitig informiert worden wären. Dann hätte der Bürgermeister gleich erfahren, dass die Bürger die Windräder nicht wollten. "Das ist keine Geschichte vom Schiffner. Das ist der Wille von ganz vielen Bürgern", verdeutlichte Helmut Schiffner. Wenn er das gewusst hätte, wäre er schon vorher auf die Barrikaden gegangen.
In Hain seien rund 600 Unterschriften gesammelt worden. Auch über 50 Prozent der Wildenberger seien gegen die Windräder, informierte Schiffner. Die Windenergie stehe inzwischen im Feuer wie keine Energieform seit der Atomkraft.
Geltendes Recht
Bei diesem Projekt gebe es ein öffentlich verbürgtes Verfahrensrecht, informierte Bürgermeister Herbert Schneider (parteilos). Im Sinne dieses geltenden Rechts seien Verwaltungsvorgänge seit 2012 auf den Weg gebracht worden. Schneider widersprach, dass die Bevölkerung nicht informiert worden sei. Das sei grundlegend falsch. Vor zwei Jahren habe es eine öffentliche Auflegung des Projekts gegeben. Da hätten Bürger ihre Bedenken erklären können, damit man das an die Genehmigungsbehörde hätte weiterleiten können. "Nichts haben wir gehört. Wir sind unserer Verantwortung, die Öffentlichkeit zu informieren, nachgekommen. Wir haben alles gemacht", beteuerte der Bürgermeister. Der Gemeinderat sei eingehend über die Ausweisung eines Vorranggebiets für Windenergie informiert worden. "Es hat schlichtweg niemanden interessiert", sagte Schneider. Er habe großes Verständnis, dass jemand an seinem Reinberg hänge. Auch der Gesetzgeber habe das geprüft. Man sei seit 2012 dabei, das zu ordnen, im Sinne des geltenden Rechts.
Vor zwei Jahren seien mehrere Aktenordner und Karten zur Einsicht im Rathaus und im Internet gewesen. Da hätte man Einsicht nehmen können. Es seien keine Hinweise oder Einwendungen eingegangen. Auch der Marktgemeinderat habe einstimmig weder Hinweise noch Einwendungen vorgebracht. Erst nach der Einspruchsfrist sei ein Roter Milan, der geschützt sei, gesichtet worden. Auch dies habe man weitergegeben. Auch 2013 sei die Öffentlichkeit bei einer erneuten Auslegung beteiligt worden. Es seien keine Einwendungen erfolgt. Daraufhin habe der Gemeinderat beschlossen, keine Anmerkungen vorzubringen.
Am 29. April 2014 sei der Antrag von MVV zur Errichtung von fünf Windkraftanlagen eingegangen. Die Anträge sollten bei der ersten Arbeitssitzung von den Gemeinderatsgremien Küps und Weißenbrunn behandelt werden. Man habe alles getan, was nach dem geltenden Recht notwendig sei. Während der Verfahrensfrist hätte eine Veranstaltung wie am vergangenen Freitag im Schlosshof Hain erfolgen sollen, sagte der Bürgermeister. Die Genehmigungsbehörde werde über die Bedenken der Bürger entscheiden müssen.
Von konkretem Projekt nichts gewusst
Ursula Eberle-Berlips (CSU) bezeichnete sich als Befürworterin der Windkraft. Sie habe die Beschlüsse zur Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergie mitgetragen. Sie habe aber nichts von einem konkreten Projekt gewusst. Dazu habe sie keinerlei Informationen erhalten. Der offene Dialog sei nicht geführt worden. Dazu sagte Bürgermeister Schneider, dass sie sich nicht wundern dürfe, wenn gebaut werde, nachdem ein Baugebiet ausgewiesen worden sei. Seit 2012 habe sie gewusst, dass Module mit einer Nabenhöhe von 138 Metern Höhe und 700 Metern Abstand zu Wohnhäusern errichtet werden könnten, hielt der Bürgermeister der CSU-Rätin vor. Sie hätte sich seit 2012 informieren können. Und jetzt sei ein Bauantrag gekommen. Den habe er auf die Tagesordnung gesetzt.
Keine öffentlichen Einladungen
Artur Häusinger sagte, die vielen Bürger seien in den Sitzungssaal gekommen, "damit der Bürgermeister das in Ordnung" bringe. Manfred Eichmann aus Hain sagte, die Einladungen zur Information über den Windpark seien nicht öffentlich erfolgt, nur an die direkt betroffenen Grundstücksbesitzer. Rudolf Renner fragte den Bürgermeister, ob er im Waldgebiet Reinberg gewesen sei, das durch die Straße zerschnitten werde.
Bürgermeister Herbert Schneider sagte zum Antrag der MVV-Energie, dass die geplanten Anlagen im Bereich des Vorranggebiets "Hain-Ost" lägen und der Marktgemeinderat keine Einwände vorgebracht habe.
Andrés Marx von MVV-Energie stellte das Projekt Windkraftanlagen vor, die etwa 20 Millionen Euro kosten sollen. Damit leisteten die Gemeinden Küps und Weißenbrunn einen Beitrag zur Energiewende. Wenn sich Bürger beteiligen wollten, solle man auf sein Unternehmen zukommen. MVV zahle pro Anlage jährlich 2500 Euro für Projekte in den Orten Küps und Weißenbrunn. Der geringste Abstand zu einem Windrad betrage 870 Meter. Alle anderen Windräder seien deutlich weiter entfernt, meistens über einen Kilometer. Die Grundstückseigentümer hätten sich zusammengeschlossen und sich für MVV als Partner entschlossen.
Klaus Siegelin aus Tiefenklein informierte als Sprecher der Grundstückseigentümer, wie es zu deren Zusammenschluss gekommen sei. Als Partner habe nur ein potentes Stadtwerk zur Diskussion gestanden. So sei man mit MVV in Kontakt gekommen. Es habe in den vergangenen zwei Jahren eine ganze Reihe von Zusammenkünften gegeben.
Alle Gutachten eingeholt
Alle erforderlichen Gutachten seien eingeholt worden, sagte Andrés Marx. Deshalb habe man heuer im Februar mit der Projektierung begonnen. Marx zeigte die Standorte der Windräder auf und unterrichtete auch, wie die Teile der Windräder über den Bereich Kirchleus zum Windpark gefahren werden. Im Frühjahr 2015 wolle man mit den Fundamenten beginnen, dann die Windräder aufbauen. Ab August 2015 wolle man Strom ins öffentliche Netz einspeisen. Der Strom werde über eine unterirdische Trasse zum Umspannwerk Neuses geleitet. Die Windhöffigkeit sei untersucht worden. Man werde etwa 10 000 Haushalte mit Strom versorgen können.
MVV-Techniker Ingo Ewald rechnete mit der Anfahrt von 200 Betonlastern pro Fundament. 5,3 Hektar Wald müssten für den Bau der Trasse gerodet werden. In Absprache mit der Naturschutzbehörde werde ein Teil dieser Fläche wieder aufgeforstet. Die Anlagen würden einschließlich der Fundamente später wieder zurückgebaut. Dafür gebe es Bürgschaften. Jeder Meter Höhe der Windräder sei wertvoll. Bei einer Verdopplung der Windgeschwindigkeit verachtfache sich der Stromertrag. Inzwischen würden kaum noch niedrigere Anlagen als mit 140 Metern Nabenhöhe gebaut. An keinem der Ortsränder würden die Grenzwerte bei der Geräuschentwicklung erreicht. Die neuen Windanlagen seien für Schwachwindstandorte entwickelt.
Wer wusste von den Versammlungen?
Bernd Rebhan (CSU) wunderte sich, dass so viele Versammlungen stattgefunden hätten - und so viele aus der Bürgerschaft bis vor Kurzem nichts vom Bau von Windrädern gewusst hätten. Helga Mück (FW) sagte, dass man nun gesehen habe, dass die Bürger aus Hain, Weides und Tiefenklein berührt seien. Eigentlich gehe es alle Bürger der Gemeinde an, weil es große Auswirkungen gebe. Da hätte sie sich eine Bürgerversammlung gewünscht. Auch von Seiten von weiteren Marktgemeinderäten wurde bestätigt, dass man von konkreten Planungen nichts gewusst habe. Schon vor der Grundsatzentscheidung des Marktgemeinderats vom vergangenen Oktober habe es konkrete Verhandlungen und Verträge zwischen Grundstückseigentümern und MVV gegeben.
Bürgermeister Schneider sagte, sämtliche Antragsgegenstände seien im Rathaus. Die Räte sollten sich eingehend informieren, damit man bei der nächsten Sitzung am 24. Juni endgültig darüber beschließen könne.
Ein Zug namens Küps
Der Bürgermeister informierte, dass die Bahn eine Zugtaufkampagne plane. Zehn Züge an den 38 Haltepunkten der Linie sollten Namen erhalten. Die Bürger könnten per Postkarte abstimmen. Die Karten würden gesammelt an DB Regio weitergeleitet. Je mehr Karten eingingen, desto größer sei die Chance, dass ein Zug mit dem Wappen und Namen des Marktes Küps fahre.
Die Sparkassenstiftung gibt einen Zuschuss von 2000 Euro zur Erneuerung der Fenster in der Alten Schule in Oberlangenstadt.
Markus Albrecht vom Büro IVS stellte den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße Hain-Wildenberg-Weißenbrunn vor. Die Straße soll fünfeinhalb Meter breit sein. Auf Küpser Gebiet ist eine Verwirklichung spätestens für 2017 vorgesehen. Für heuer wurde ein Ausbau abgelehnt. Die Kosten betragen mehr als 800 000 Euro.
Gehweg wird teuer
Die Verlängerung des Gehwegs Kellergasse in Theisenort bis zur Staatsstraße kostet über 150 000 Euro. Dies vor allem wegen des Errichtens von Stützwänden und der Böschungssicherung am 150 Meter langen Gehweg. Die Teilnehmergemeinschaft der Dorferneuerung beteiligt sich.
Zwei Bebauungsgebiete, "nördlich der Bahnhofsstraße" und "Melm II" am Ortsausgang von Küps Richtung Burkersdorf, wurden nach der öffentlichen Auslegung auf den Weg gebracht. Es liegen schon über zwei Dutzend Bauanfragen vor. Für Herbst 2015 ist mit dem Beginn der Errichtung von Häusern zu rechnen.
Gerhard Sesselmann (FW) wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschusses gewählt.
Jugendbeauftragte ist Christina Härtlein (CSU), Wolfgang Neumann (SPD) wurde nun zum Seniorenbeauftragten des Marktes bestellt.