Problem Elterntaxi: Mit dem Auto bis vor die Schultür
Autor: Franziska Rieger
Kronach, Freitag, 06. Oktober 2017
Autos, die im Halteverbot parken oder Einbahnstraßen blockieren: Vor vielen Kronacher Schulen spielen sich zu Stoßzeiten chaotische Szenen ab.
Klar, ein Chauffeur ist ziemlich praktisch. Vor allem, wenn es die eigenen Eltern sind, die einen früh morgens gegen kurz vor acht Uhr, an der Schultür abliefern. Im Umfeld von Schulen geht es deshalb oftmals chaotisch zu: Zugeparkte Straßen und Verkehrsstaus vor den Schulen sind die Folgen. An den Schulen in Kronach kennt man solche Elterntaxis auch. Eskaliert ist die Lage bis jetzt aber noch an keiner Schule.
"Wir stellen schon fest, dass manche Eltern, wenn es möglich ist, direkt ins Haus fahren", sagt Polizeihauptkommissar Matthias Stöcker, Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizeiinspektion Kronach. Im Rahmen der Aktion "Überwachung des Schulwegs", ist die Polizei in den ersten Wochen nach Schulbeginn vermehrt Streife an den Schulen gefahren. Auch während des Schuljahres ist die Polizei an den Schulen präsent, das Problem der Elterntaxis ist bekannt.
Fast alle Schulen hätten damit zu kämpfen, besonders schlimme Fälle gibt es laut Stöcker aber nicht. "Das ist reine Bequemlichkeit der Leute", sagt Stöcker. Was die Gründe für die Elterntaxis sind, kann der Polizeihauptkommissar nur vermuten: "Vielleicht trauen die Eltern ihren Kindern zu wenig zu", sagt er.
Laut Stöcker bekommen Falschparker während der Aktion erst eine mündliche Verwarnung, die meisten Eltern reagieren einsichtig. Werden Falschparker öfter erwischt, müssen diese dafür in den Geldbeutel greifen: 15 Euro Strafe gibt es für Halten im Halteverbot und 35 für Halten in einer Feuerwehranfahrts-Zone.
Halteverbotsschilder stehen vor der Realschule I (RS I) in Kronach viele. Die scheinen aber keinen der Autofahrer zu stören. Sogar die Feuerwehranfahrts-Zone ist an einem Mittag kurz vor Schulende zugestellt. Nach Unterrichtsschluss geht an der Kreuzung von Maximilian-von-Welsch-Straße und Gabelsbergerstraße so gut wie gar nichts mehr, die Autos stehen Stoßstange an Stoßstange.
Treffpunkt ausmachen
"Es ist die Unvernunft mancher Autofahrer, dass sie direkt vor der Tür parken", sagt Christa Bänisch, die Rektorin der RS I. Sie rät, dass die Eltern zum Abholen mit ihrem Kind einen Treffpunkt ausmachen sollten, der nicht direkt vor der Schule liegt. Besonders nachmittags würden sich Schüler oft abholen lassen.Es erleichtere die Situation vor Ort, dass keine Busse direkt an die Schule fahren.In diesem Zusammenhang kann die Rektorin eine gute Nachricht verkünden: Seit der Landkreis die neuen Buslinien für den Schülerverkehr eingeführt hat, gehe es an der Schule um einiges ruhiger zu.
Die schwierige Situation in der Gabelsbergerstraße beobachtet Sandy Heidenreich jeden Tag. Ihr Friseursalon befindet sich gegenüber der Realschule. Vor ihrem Salon steht auch eines der Halteverbotsschilder. "Da hält sich niemand dran", sagt Heidenreich. Oft sei der Gehsteig zugeparkt, in der ohnehin schon engen Kurve wird es dann noch enger.
Eigentlich gibt es vor dem Laden Parkplätze, die nur für das Geschäft gedacht sind. Auch die werden oftmals zugeparkt, berichtet Heidenreich. Besonders schlimm sei es zu Ferienbeginn und Schulanfang. "Vor allem Krankenwagen oder Feuerwehrautos würden dann gar nicht mehr durch kommen", gibt Heidenreich zu Bedenken.
An der Lucas-Cranach-Grundschule in Kronach geht es eigentlich relativ ruhig zu. Die Einbahnstraße vor der Grundschule ist ein verkehrsberuhigter Bereich, nur zu Stoßzeiten wird es hier eng. Die Einbahnstraße verstopft, wenn dort Eltern anhalten, um ihre Kinder einzusammeln. "Toi-toi-toi, bis jetzt ist bei uns noch nichts passiert", sagt Rektorin Anita Neder.
Nicht alle sind verständnisvoll
Neder sei bei den Eltern schon öfter auf Unverständnis gestoßen. "Ich musste mir schon anhören, dass das nicht mein Bier ist", sagt Neder.Damit die Kinder auf unübersichtliche Situationen vorbereitet sind, gibt es in jeder Jahrgangsstufe Verkehrserziehung.Am Schulzentrum in Kronach ballt sich der Verkehr zu Schulbeginn und Schulende natürlich besonders. Der Schulleiter des Frankenwald-Gymnasiums, Harald Weichert, weiß, was den Eltern wichtig ist: Nach dem Einsammeln der Kinder wieder möglichst schnell wegfahren. "Die Eltern fahren in den Parkplatz rein und bleiben dann möglichst nah an der Ausfahrt stehen", berichtet Weichert. So komme es auf dem Parkplatz, der als Einbahnstraßen-System geregelt ist, zu Staus.
Anita Dauer, Rektorin der Kronacher Mittelschule, kennt sich mit den Staus am Schulzentrum ebenfalls gut aus. "Die Eltern halten da an, wo sie gerade sind", sagt Dauer. Manche Autofahrer würden mitten in der Einbahnstraße anhalten, obwohl noch Parkplätze frei wären. Dauer findet, dass das Problem mit den Elterntaxis in den vergangenen Jahren zugenommen hat. "Vielleicht möchten die Eltern ihren Kindern nicht mehr so viel zumuten", sagt die Rektorin.
Diese Tipps gibt die Polizeiinspektion Kronach:
Sicherer Schulweg: Vor allem für ABC-Schützen ist der neue Schulweg oft noch unbekanntes Territorium. Dann sollten die Eltern die ersten paar Male den Fußweg mit ihrem Kind ablaufen und auf mögliche Gefahrenquellen hinweisen.Parkplatz: Wollen Eltern ihr Kind doch zur Schule bringen, dann sollten diese rechtzeitig von Zuhause losfahren. So bleibt vor der Schule genug Zeit, um einen Parkplatz zu finden.
Reflektoren: Generell sollten Kindern immer so gekleidet sein, dass ein Kontrast zur Umgebung entsteht. Reflektoren an Kleidung oder Büchertasche sind dafür gut geeignet.
Kommentar von Franziska Rieger : Im Familienvan zur Party
Eltern wollen für ihre Kinder immer nur das Beste. Logisch, dass eine Fahrt zur Schule im schicken Familien-SUV da auch dazugehört. Ganz zu schweigen davon, dass es schädlich für die Umwelt ist, wenn jedes Kind einzeln zur Schule gebracht wird, hat der Schulweg für Schüler auch Vorteile.Eltern dürfen ihren Sprösslingen ruhig ein bisschen Verantwortung zutrauen. Denn der Schulweg ist für Kinder immens wichtig. Sie lernen dabei, wie sie sich als Fußgänger im Straßenverkehr verhalten müssen, welche Gefahrenquellen es zu beachten gibt und wer der Stärkere im Straßenverkehr ist: der mit dem dicken Auto.Ein gemeinsamer Schulweg fördert außerdem das Sozialverhalten. Früh, gleich an der Bushaltestelle, wird über die anstehende Klassenarbeit gequatscht. Während der Busfahrt werden dann die ersten Liebesbriefe zugesteckt. Übrigens: Die ganze Thematik wird sich grundlegend ändern, sobald die Sprösslinge ins Jugendalter kommen. Leidgeplagte Eltern pubertierender Monster kennen das bereits. Uncool ist dann derjenige, der von Mutti direkt bis zur Party gefahren wird.